DIE LIEBE FREI LASSEN

Da sich die Mächte der Angst zu dieser Zeit machtvoll inszenieren, scheint es mir nun vordringlich zu sein, dass ich/wir uns vermehrt auf die LIEBE ausrichten.

«Gott ist die Liebe» wird gesagt» – und ich stimme dem zu. Fast.
Keine Aussage über Gott, wie auch über die LIEBE wird dem, was wir als Gott und als LIEBE bezeichnen, ganz gerecht. Vielleicht spüren wir Gott, aber wie könnten wir dieses Mysterium ganz ergründen und erst recht mit einer kognitiven Sprache? Könnten wir es, wäre es kein Mysterium mehr. Dasselbe gilt für die göttliche LIEBE. Sie ist ein grosses Gefühl, ein Bewusstseins-Zustand, eine kosmische Kraft, sie ist Ursprung und die Kraft aller Vereinigung – ja, und alle diese Begriffe sind zutreffend, reichen aber nicht aus, sie vollständig ins Erleben und ins Verstehen zu bringen. So wie Gott, ist auch seine ausstrahlende, grenzenlose LIEBE geheimnisvoll, nie ganz fassbar, greifbar; sie übersteigt unser Fassungsvermögen, unseren Verstand erst recht, der nicht einmal im Ansatz fähig ist, die LIEBE in der Tiefe zu empfangen und zu erfahren.

Ich lebe für die LIEBE – sie ist mir alles. Sie bringt mich um den Verstand, zum Verschwinden und schafft mich neu. Sie ist vollkommen unberechenbar, schon gar nicht steuerbar und gerade deshalb verehre ich sie. Ja, und gleichzeitig ist sie das Treuste, was ich kenne. Sie ist das ewige Ja, das ICH BIN DA.

Manchmal spüre ich zu ihr eine unendliche Leidenschaft und Hingabe-Bereitschaft, die mich an den Rand der Auflösung bringt. Ich spreche nun von ihr, als ob sie eine Person wäre und wer weiss: vielleicht ist sie es auch, in einer Weise, die ich manchmal erahne.

Ich schreibe das Wort LIEBE gross, um es von der kleinen ego-behangenen Liebe abzugrenzen, welche an zahlreiche Bedingungen geknüpft ist.

Die LIEBE erinnert mich an ein Menschenwesen, das seine Arme ganz offenhält, um die Liebessucherin ganz an ihr Herz zu nehmen, sie zu schützen, so dass sie sich völlig aufgehoben und akzeptiert fühlt und sie gleichzeitig frei lässt. Vollkommen. Arme, die also ausdrücken: Wann immer Du es brauchst: fühle Dich willkommen und ganz angenommen und frei jederzeit zu gehen, um deinen eigenen Weg zu suchen und zu finden.

Und, so sagen die liebenden Arme: Wenn du auch gehst, so bleibst Du in meinem Herzen, wo auch immer du hingehst.

Und dies gleichzeitig: Der Liebende hält und lässt frei; er umarmt und gibt allen Raum, den wir benötigen. Die gleichen Arme umarmen und geben allen Wesen Seins-Raum.

LIEBE befreit, dehnt aus und erweitert den Bewusstseins-Raum, immer, während Angst einengt und bindet (vergl. meinen letzten Blog: Das Virus der Angst).

Kein Anflug von Zwang, von Müssen ist in der LIEBE zu erkennen. Da werden keine Auflagen gemacht, keine Bedingungen gestellt, da sind keine unausgesprochenen Erwartungen versteckt wirksam. Die LIEBE ist vollkommen rein – wie klares Wasser.

Manchmal spüre ich die Tendenz in mir, mit der LIEBE etwas zu machen, sie an ein Konzept von mir anzubinden.

Aber ich spüre die feste Absicht, sie frei zu setzen, frei zu lassen, wie sie mich frei lässt. Ich fühle die Absicht, ihr allen Raum in mir zu geben, damit sie geschehen kann, wie der Wille:

Dein Wille geschehe. So auch die LIEBE. Diesem Geschehen möchte ich Raum geben.

Das bedeutet Kontroll-Verlust. Und den will ich einüben, weil ich weiss (aber ich weiss es noch nicht vollständig), dass ich mit dem Anspruch nach Kontrolle, der letzten Ausbreitung und Verwirklichung meines Lebens entgegenhalte. Und dieses Entgegenhalten soll ein Ende finden. Ich weiss ja, die LIEBE bedeutet immer auch Sterben. Sterben des Widerstandes, des Anspruchs und der Kontrolle.

Ich fange an, die LIEBE frei zu lassen.

 

2 Gedanken zu „DIE LIEBE FREI LASSEN“

  1. Lieber Werner

    Dein Text klingt beinahe wie neues „Hohelied“! Es ist gut, dieses Thema zu wählen in Zeiten sozialer Kälte und gerade jetzt, in dieser Zeit. Danke für den schönen und bereichernden Text!

    Ich gestatte mir, noch einen anderen Blick auf das Thema „Liebe“ werfen.

    Du schreibst:
    „LIEBE befreit, dehnt aus und erweitert den Bewusstseins-Raum, immer, während Angst einengt und bindet (vergl. meinen letzten Blog: Das Virus der Angst). Kein Anflug von Zwang, von Müssen ist in der LIEBE zu erkennen.“

    Beim Thema Liebe kommen viele schnell in ein Fahrwasser eines Gefühlsrausches und weil Gefühle oft abgelehnt werden, wird dieses Thema auf Sex reduziert. Ich glaube, dass sich Liebe am vollendetsten in konkreten Tun im Sozialen ausdrückt. Sie ist bodenständig und in der Schwere der Welt, indem sie diese in eine Leichte überführt. Tun hat mit Willen zu tun (daher: „Dein Wille geschehe): Nicht Gott sondern ICH tue Menschen konkret etwas Gutes, bedingungslos -ohne Zwang- so, dass ich an Rückforderungen nicht einmal denke. Ich lasse dafür etwas los, was mir lieb ist, so wie der Schöpfergott seinen einzigen Sohn hingab…Das wäre dann eine Liebestat in reinster Form. Dann würde sein Wille durch uns geschehen. Tatsächlich ist so etwas aber sehr schwer. In dem Moment, wo es jedoch gelingt (was durchaus vorkommt), bin ich ganz bei meinem Gegenüber, habe mich selbst verlassen und bin mit seinem Schicksal verbunden. Die Tat kann sich dabei auf etwas Kleines aber auch etwas Grosses beziehen.

    R. Steiner sagt über diese kosmische Kraft, deren Einpflanzung in die Menschheit der wirkliche Hintergrund des Erdenzyklus (mit dem sich der kosmische Christus verbunden hat) ist. Folgendes Zitat:

    „Die Bedeutung der Liebe im Wirken der Welt wollen wir uns so vor die Seele führen: Liebe ist dasjenige, was uns immer auf Lebensschulden der Vergangenheit verweist, und weil wir vom Bezahlen der Schulden für die Zukunft nichts haben, darum haben wir selbst nichts von unseren Liebestaten. Wir müssen unsere Liebestaten zurücklassen in der Welt, da aber sind sie eingeschrieben in das geistige Weltgeschehen. Wir vervollkommnen uns nicht durch unsere Liebestaten, nur durch die anderen Taten, aber die Welt wird reicher durch unsere Liebestaten. Denn Liebe ist das Schöpferische in der Welt“.

    Ich habe mich lange mit der Idee, die in diesem Satz lebt, schwergetan, auch deswegen, weil ich Liebe als grosses göttliches Ereignis, als passive Wohltat sah (was natürlich auch ist). Mittelweile aber, nach langem Nachdenken, kann ich ihn allmählich verstehen. Liebe erhielt für mich plötzlich so etwas erdiges greifbares, etwas, was nur auf Erden bei Menschen, die zusammen wirtschaften, leben usw. wirklich Sinn macht.

    Es geht dabei nicht um „Schuld“ oder „schuldig/sündig zu sein“ (im katholisch-evangelischen Sinne), sondern ganz banal um „Schulden“. Und in Zusammenhang damit steht auch das Gefühl der Dankbarkeit.

    Dankbarkeit ist ein Geschenk gelungener Erziehung und Pädagogik. Dankbarkeit lässt uns den Blick vom Mangeldenken zum Erkennen der Fülle wenden, die Wohltaten geschwisterlicher Zuwendungen von Menschen aus unserem Umkreis wertschätzen, besonders auch das Wirtschaftsleben mit seinen kausalen Ketten zur Produktion der lebensnotwendigen Güter im weltweiten, arbeitsteiligen Wirtschaftsprozess durchschauen. Dankbarkeit ist für ein tieferes Verständnis des sozialen Lebens im dreigliedrigen politisch-gesellschaftlichen Bereich, dem sozialen Organismus, der menschlichen Gemeinschaft als organisches Kollektiv, bestehend aus Individuen, die nach Freiheit streben, unabdingbar. Dankbarkeitsgefühle, wenn sie auf Demut und Vertrauen beruhen, bewirken eine Öffnung des seelischen Raumes der Öffentlichkeit, so dass zum Beispiel Geld dorthin fliessen kann, wo es gebraucht wird. Umgekehrt bewirkt die heute in der Welt grassierende Undankbarkeit und die sich immer mehr ausbreitende Forderungsmentalität, angereichert durch Misstrauen und Angst, dass sich erforderliche Gelder nicht dort einfinden, wo sie wirklich gebraucht werden.

    Schon wenn wir geboren werden stehen wir in der Schuld der Mutter und des Vaters und des Umkreises, der die Zeit der Schwangerschaft ermöglicht hat. Und so geht es immer weiter… Wenn wir unser Leben rückblickend betrachten kommt evtl. heraus, dass dieses Leben nur so verlaufen konnte, weil wir von unzähligen Menschen geführt, genährt, erzogen, beschenkt usw. wurden.

    Sind wir diesen Menschen aber auch wirklich dankbar? Was gebe ich diesen Menschen zurück um es auszugleichen? Kann und soll ich das alles überhaupt ausgleichen?
    Um an diese Fragen herankommen zu können, muss man menschheitlich denken und Schicksalsfügungen in Betracht ziehen. Ich stehe ja durchaus in der Schuld meines Umkreises, der in der Schuld eines noch weiteren Umkreises. Der gesamte soziale Organismus, alle Menschen stehen von daher gesehen in einem karmischen Schuldverhältnis zueinander, das nur ausgeglichen werden kann, wenn wir die Taten Anderer, die uns zu Gute kamen, als solche erkennen, schätzen und dankbar sind dafür. – Woher kommen die Schuhe an meine Füssen? Wer hat dass Bett produziert, in dem ich liegen darf? Woher all die Nahrungsmittel die mich nähren? Die Trams und Busse und Bahne, mit denen ich immer so selbstverständlich fahre?…

    Gleichwohl arbeiten viele Menschen nur für sich. Dieses Schuldverhältnis müsste uns aber dazu bringen, dass wir für andere arbeiten, so wie sie für uns. Es wäre eine Haltungs-Umkehrung, die zugleich den Kapitalismus beendet. Dann entstünde im Sozialen ein Ausgleich. Es wären Liebestaten. Kapitalismus beruht auf Egoismus und Angst, K. spannt einen gigantischen Angstraum auf, der Nächsten-Liebe ausgrenzt und Selbstverliebtheit aufbläht.

    So lautet denn auch das soziale Hauptgesetz, das R. Steiner formuliert hat: «Das Heil einer Gesamtheit von zusammenarbeitenden Menschen ist um so größer, je weniger der einzelne die Erträgnisse seiner Leistungen für sich beansprucht, das heißt, je mehr er von diesen Erträgnissen an seine Mitarbeiter abgibt, und je mehr seine eigenen Bedürfnisse nicht aus seinen Leistungen, sondern aus den Leistungen der anderen befriedigt werden.»

    Im vergangenen Jahr schrieb ich einen Artikel über Dankbarkeit. Dort sind mir diese Zusammenhänge klar geworden. Ich bin dabei auf die japanische Praxis des „Naikan“ gestossen.

    Mit Naikan prüft man Dankbarkeit mit einer Methode der Selbstreflexion und Innenschau unseres eigenen Lebens. Drei Fragen stehen im Zentrum:
    1. Was habe ich von…bekommen?
    2. Was habe ich…gegeben?
    3. Welche Probleme und Schwierigkeiten habe ich…bereitet?
    Es sind furchtbar praktische Fragen. Dies wird im Buch von Gregg Krech „die Kraft der Dankbarkeit“ ausgeführt, ein Buch, das mir übrigens Anne Amgwerd vor Jahren geschenkt hat – aus Liebe, wie ich jetzt weiss!

    Nach eingehender Prüfung der Fragen 1 und 2 musste ich feststellen, dass ich stets viel mehr erhalten als gegeben habe, egal auf welchen Lebensabschnitt ich zurückblicke und mit Gregg Krech gefragt „wie viele Geschenke wir unter den Weihnachtsbäumen unserer Vergangenheit liegen gelassen (haben)? Wie viele unausgepackt geblieben (sind), weil wir sie nicht einmal wahrgenommen haben?“
    Wir werden darüber hinaus noch eine zweite Feststellung machen können: Wir können nicht einfach ohne Bezug auf eine Gabenquelle dankbar sein. Dieses oder jenes kommt uns immer von Wesen oder Dingen (mit wesenhaftem zu Grund) aus dem Umkreis zu, denen wir deshalb etwas schulden. Dankbarkeit verweist darauf, dass wir in einem Netz der Verbundenheit mit der ganzen Welt, ja dem gesamten Kosmos leben. Es ist erhellend, wenn wir die Fragen in Bezug auf unser Leben in konzentrischen Kreisen nach aussen gehend behandeln: Der Familienkreis, die Verwandtschafts- und Freundeskreise, Gemeinde und Land, in denen wir leben, den globalen und den kosmischen Zusammenhang mit den Geistern der Welt, die alles Seiende schufen. Auf diesen Stufen erkennen wir jene Gabenquellen, denen gegenüber wir dankbar sein dürfen. So schreibt auch Gregg Krech: „Die Unterstützung, die wir von anderen erfahren, gehört zu den Tatsachen unseres Lebens. […] Im Westen hingegen glauben wir lieber, dass es „mein“ Erfolg war, allein meine Leistung.

    Liebe ist erdig! Liebe hat mit der Erde zu tun und ist Zukunft! Die Erde kann ein Liebestrabant werden, wenn wir es TUN, indem wir unsere Gegegenüber (alle Wesen, wie Ober beschrieben) erfühlen!

    Herzlich
    Joachim

  2. Lieber Werner, mein Kommentar ist bescheiden, kurz. Du bist DIE gelebte Liebe! Sie hat dich voll und ganz ergriffen, wie wunderbar. Dies saugt meine Seele freudig auf. Das Wesentliche erfahre ich dazu zwischen, über deinen Worten. Dankbar Maja.

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