Un ange qui passe

«Un ange qui passe», ist eine Redewendung, die französisch Sprechende oft dann verwendet, wenn in einer Gruppe von Menschen ein plötzlicher Stimmungswechsel geschieht, welcher oft verbunden ist mit einem allgemeinen kurzen oder längeren Schweigen. Es ist, dies meine Deutung, ein Einbruch eines anderen, meist höheren Bewusstseins, welches die Bedeutung des gegenwärtigen Momentes betont. 


Neulich sass ich im Sessel meines Zimmers, lass, das Fenster offen, mit Sicht auf den blauen Himmel. Mitten im Lesen wurde ich seitlich gestreift, als ob da etwas rasch an mir vorüberzöge, an einen kleinen, weissen Wind erinnernd. Es war eine Art von Bewusstsein, welches ich empfing oder besser vielleicht ein Bote, welcher mir eine wichtige Nachricht übermittelte: «un ange, qui passe», also ein vorbeiziehender Engel.

Das Ganze war so fein, so rasch, dass es ein Leichts gewesen wäre, diesen Moment zu übergehen.

Ich hielt inne und vergegenwärtigte mir diesen Moment. Ich sprach dann zu mir selbst:

«Lass dir das, was Dir entgegenkommt frei. Besetze, beraube es nicht.»

Ich lass vor wenigen Tagen irgendwo den Ausdruck: «white time»; vielleicht war es ein Musik-Titel. Weisse Zeit, Zeit in der Zeit? Ich glaube, dass es eine «höhere Zeit» gibt, ein Raum zwischen Zeit und Zeitlosigkeit.

Dieser Engel, der an mir seitlich vorbei ging, fühlte sich als ein Weisses an. Ein weisser Bote, ein höheres Bewusstsein repräsentierend.

Weiter hörte ich folgende Einsichten:

«Wenn die Weisheit zu dir kommt, verschwindet sie, wenn du konfrontativ und besitzergreifend und zugriffig auf sie zugehst.
Nicke ihr zu, lächle ihr zu, doch packe nicht zu, denn zart und subtil ist das Wirken der Weisheit – und sie braucht deine stille Zustimmung.»

Ich glaube, dass das intuitive Zuhören von den Schläfen, bzw. vom Augeneck, ausgeht und von einem Punkt einige Zentimeter von den physischen Ohren entfernt.

Manchmal kommt eine Eingebung/Einsicht als eine Gegenüber auf uns zu, oft aber gleitet es seitlich an uns vorbei oder auf uns zu und es lohnt sich, darauf zu achten, ob es von links oder von rechts kommt. Oftmals können wir ein Ereignis eher verstehen und erfassen, wenn wir daran vorbei gehen, als wenn wir in sein Zentrum gelangen. So heisst es ja auch, dass wir den heiligen Berg Kailash (Tibet) umrunden, nicht aber besteigen sollen.

Ich finde, dass der westliche Mensch zu stark nach vorne ausgerichtet ist oder im Zwang gefangen, stets zupacken zu müssen. Es gibt eine Art von Wachheit, die etwas Angestrengtes und Überspanntes an sich hat.

Die Wachheit, die ich meine, hat vordergründiges etwas Schläfriges an sich, ist aber in Wirklichkeit ein entspanntes Da-Sein. Hier ist die Energie etwas zurückgenommen, nicht nur in den Sinnesorganen konzentriert, sondern eher im ganzen Körper, insbesondere in der Haut, aber auch in der Aura, ausgebreitet.

Ich habe hier eine Art von lauschender, achtsamer Wahrnehmung beschrieben, ein Weg der Erkenntnis, der in dieser Zeit, wo das menschliche Energiefeld von vielen Halbwahrheiten und Lügen verunreinigt ist, wohl mehr als eine Nebensache ist.

Beitragsbild: Ausschnitt aus einer Farbstift-Zeichnung von WB

 

 

Ein Gedanke zu „Un ange qui passe“

  1. Lieber Werner,

    „un ange qui passe“, das schwingt so schön und auch deine kleine Zeichnung lässt diese höhere Bewusstsein so lichtvoll spüren.
    Mir hat sich vor einigen Jahren dieses himmlische Bewusstsein unerwartet geöffnet. Es ist so wundervoll wie schwierig damit irdisch zu leben. Es brauchte viel Mut und Läuterungs- und Integrationsarbeit für diesen mir vorbestimmten Weg. Und doch spüre ich, dass der Weg der Menschheit in diese Richtung gehen wird, wenn es überhaupt eine menschliche Zukunft gibt.

    Danke fürs Anklingenlassen dieser feinen Saiten. Von Herzen, Mona

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