Ausgetrunken

Wenn Gefühle, Empfindungen und Ahnungen, die ich noch nicht vernünftig erklären kann, hochkommen, wechsle ich gerne von der Prosa zur Lyrik – wie hier:
Ausgetrunken sind die Gläser; klebrige Resten in ihrem Innern.
Zerfall in unheimlicher Stille.
Staub.
Wer ist da verletzt?
Haarausfall.
Das Internet in allen Stuben und Studios.
Umarmungen, wenn niemand es sieht.
Zoom.
Ich sehe die zerbrochenen Krüge, Gläser, Herzen.
Und doch: ringsum pochendes Leben. Kommendes.
Es ist nicht mehr zu unterdrücken.
Ich bin eine Spielwiese des Wandels.
Ich kann nicht anders, als es geschehen zu lassen.
Was geschieht mit mir eigentlich?
Ich höre Musik von Olivier Messiaen.
Das Quartett spielt zum “ Ende der Zeit“, komponiert und ur-aufgeführt
im Konzentrationslager, in dem er gefangen war.
Die Scherben werden zu Sand, erinnern sich an ihren Ursprung.
Wüsten bilden sich neu im geschlagenen Holz der Urwälder.
Ein Spriessen im Unsichtbaren.
Unter der Haut.
Geben wir uns also die Hände.
Ich bin kein Pessimist.
Ich glaube, dass ich ein Wahrnehmender bin, der aufgibt, selbst zu wollen,
der sich aber nach warmen Händen sehnt und offenen Mündern,
aus denen tropfenweise Speichel fliesst.
Aus reinem Nackt-sein geht das Neue hervor.
Blumen quellen aus offenen Mündern.
In der Musik von Messiaen erscheint ein Engel.
Nach der Ur-Aufführung langes Schweigen

Die Zeit der Kosmetik ist vorbei.

Rinder wollen auf die Weiden.
Das Herbstlaub raschelt.
Der Wandel hat sich vorbereitet, bricht über die Ufer, überschwemmt.
Wellen-Gekräusel.
Blasen bilden Sauerstoff. Atemglück.

Was geschieht mit mir?
Was geschieht mit uns?
Was geschieht nun?
Traumleben. Wandeln zwischen Abgründen und den unergründlichen Himmeln, die sich hernieder neigen, um uns zu küssen.
Die uns steuern wollen sind Irrläufer, die in Stürme geraten.
Das Neue spriesst, lässt sich nicht steuern.
Die sich herunter neigenden Himmel, die bis unter unsere Bettdecken reichen.
Ja, bis unter unsere Bettdecken.

Ein Gedanke zu „Ausgetrunken“

  1. Ja, lieber Werner.

    So ist es gerade.
    Bizarr, grotesk, absurd.
    Dann wieder etwas Hoffnung und Licht.
    Mitunter wie im falschen Film.
    Ich weiß es nicht.

    Ich bleibe bei mir und in der LIEBE.
    Dankbar für die göttliche Gnade.
    Das fühlt sich nach einer guten Verankerung an.
    Vielleicht die Einzige, die bleibt.

    Herzensgrüße, Mona

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