Christus-Wirklichkeit Teil 7

17 Die Offenbarung des Christus-Wesens

Ebenso entdecken wir immer deutlicher unseren Wesenskern, wenn wir unserer Seele näher kommen, die mit einem Netzwerk aus feinsten, zartesten lichten Fasern zu vergleichen ist, welche die Informationen enthält, die wir für unsere Entwicklung benötigen, die aber auch Empfängerin der Seligkeit Gottes ist. Durch den Einblick in unsere Seele wird uns unser Wesen schrittweise offenbart und damit auch unsere Aufgabe, die wir in diesem Leben zu erkennen und zu erfüllen haben. Die Qualität des Lichtes und das Gefühl für unseren inneren Klang sind es vor allem, die uns auf die Spur unseres Wesensgehaltes führen. Um uns zu finden, haben wir auf eine Art zu sterben, uns also hinzugeben und alle Prägungen und Gewohnheiten loszulassen, bis nichts mehr bleibt als das wahre, göttliche Leben, das wir sind. Manchmal ist es Zeit (und damit die innere Notwendigkeit), dass in uns alle Identifikationen gelöscht werden, um leer und offen zu sein (und zu werden) für das Christus-Wesen, das sich in uns entfalten möchte und unser beschränktes, abgesondertes Ich ablöst. Das Christus-Wesen oder das Christus-Selbst ist unvergleichlich viel weiter, sanfter, strahlender als das Ich und immun gegen Selbstzweifel, Selbstzerstörung und Selbstausbeutung. Das Christus-Wesen ist unsere höhere Dimension, an ein kosmisches Mandala, an eine universelle Blume erinnernd, welches supra-mental ist, also den mentalen Bewusstseinsstand überschritten hat.

Je mehr es dem Menschen möglich ist, sich der Quelle zu nähern und in das Einheits-Bewusstsein einzutauchen, desto eher wird er sich der Vielgestaltigkeit und Mehrdimensionalität der Schöpfung bewusst, insbesondere der drei hauptsächlichen Ebenen: der zeit-räumlichen Welt (Körper), der seelischen (himmlische) Sphäre (Seele) und der Welt der letztendlichen, ursprünglichen Wirklichkeit (Geist). Der Mensch besteht aus einem Zusammenwirken dieser drei Ebenen.

In der Christus-Wirklichkeit öffnet sich uns die Welt, in ihr dehnt sie sich aus. Die alte, uns einengende Wirklichkeit transformiert sich im Vertrauen (Glauben), dehnt sich aus, verfeinert sich, wird heiter, glänzend, festlich.

Hingabe ist der Schlüssel zur Wandlung und zur Entfaltung. Geben wir den Widerstand zur Entfaltung auf, geschieht sie wie von selbst.

Im Alltagsbewusstsein nehmen wir nur einzelne Ausschnitte der Wirklichkeit wahr. Die Kraft der Wiederherstellung und Vervollkommnung, die von Christus ausstrahlt, führt uns allmählich dazu, uns nicht mehr stückweise, sondern vollständig, von Angesicht zu Angesicht zu erkennen.

18 Die Erlösung der materiellen, leiblichen Welt

Nach seinem Tode auferstand Jesu auch leiblich.

Während der materiell ausgerichtete Mensch auf die materielle Ebene des Menschseins fixiert ist, diese aber nicht ehrt, sondern benützt und ausbeutet, erfuhr die Menschheit in der (auch physischen) Auferstehung des Jesus Christus, sowohl eine Aufwertung wie auch Vergeistigung seines Körpers, des Mütterlichen und der materiellen Welt schlechthin. Diese Tatsache ist gerade heute von überragender, aufregender Bedeutung und kann gar nicht genug beachtet werden.

19 Beten

Alles ist eins in Vielfalt. Die unzähligen Gestalten sind im Gespräch mit dem sie Einenden, mit ihrem gemeinsamen Mittelpunkt, mit dem Ursprung, aus dem sie hervorgehen. Es handelt sich um einen non-dualen Dialog. Nennen wir ihn Gebet. Es ist ein singender und jubelnder Austausch von Klang und Licht.

Das Gebet erhält die Welt. Sie fusst auf ihm. Ohne es, würde sie auseinanderbrechen.

20 Ich bin der Weg

Christus ist der Weg zu uns selbst, zu unserer Mitte, zu unseren Wurzeln, zu unserem göttlichen Erbe. Wir sind unterwegs zu unserem Ursprung, wenn wir die Dynamik und die Wandlungskraft in uns erwecken.

Der Weg führt uns zu unserm Wesen, zu unserem wahren, höheren Selbst. Bevor wir den Weg gehen, sind wir blass, eingleisig, unerfüllt. Auf dem Weg werden wir allmählich ganz, vollständig, erfüllt durch den Geist. Wir werden Mensch, wir werden menschlich – und damit göttlich.

Es ist ein fundamentaler Unterschied, ob wir mit (zum Teil) unerlösten Vorstellungen von Christus in Kontakt kommen, oder mit der Christus-Wirklichkeit. Erst, wenn wir in Beziehung kommen zum lebendigen Christus, wir anfangen sein Wesen in uns zu erfahren, zu erleben, erst dann werden wir spüren, was es heisst, mit dem Geist Gottes erfüllt zu werden. Aus dem Spüren der Christus-Wirklichkeit wird Wissen.

Erst dann können wir zu Recht von seiner spirituellen, christlichen Kirche sprechen, wenn sie sich tiefer vergeistigt und damit WEG wird für die Christus-Sucher-innen.
Die Mystiker-innen haben sich dem Weg der Wandlung hingegeben. Die meisten derer, die sich der Kirche zugehörig gefühlt haben, liessen sich zurückreissen auf die Ebene, die Christus im Wurzelbereich überwunden hatte: auf die Ebene der bürgerlichen und militärischen Moral, der Schwaz-Weiss-Urteile, der Vorurteile, mit anderen Worten: sie fielen zurück in eine angstbesetzte Lebensführung, die sie oft widerwillig ausüben in der Meinung, diese Lebensart sei gottgewollt.

Wo eigentlich der Geist wehen sollte, finden wir oft erstarrte Formen, Vorstellungen und Konzepte, statt den lebendigen Christus.

Kirche müsste vielerorts wieder auferstehen. Ins Leben hinein.

Christus bedeutet uns den Herzens-Weg. ICH BIN DER WEG. Auf diesem Weg verlebendigen wir uns. Wir nehmen in uns warme Bewegungen wahr, oft spiralförmig, oder fliessende, strömende Bewegungen, die uns an Licht-Wasser erinnern. Die Qualität dieser wärmenden und ausweitenden Bewegungen sind zart, fein, sanft und gleichzeitig befreiend und kräftigend.

Es ist auch eine Befreiungserfahrung, wenn wir Christus in uns wirken lassen. Wir können sehr deutlich fühlen und erkennen, dass uns Christus aus der moralisierenden, wertenden Lebensweise in ein Leben aus Liebe, also in ein Liebesleben hebt, welches eben nicht mehr von Normen und Konventionen gesteuert ist, sondern von der vereinigenden, verbindenden Kraft der Liebe. Dies erleben wir als Fülle.

In der Christusliebe atmend, werden wir auf unseren je eigenen – individuellen Weg – geführt, der mit unserem Wesen übereinstimmt. Situationen werden uns geschenkt, die uns helfen unsere Wesensaufgabe wahrzunehmen und zu erfüllen.

Ebenso wird der Menschheitskörper in eine zunehmend bewusste Evolution geführt. Die Menschheit wird auf den Menschheits-Weg gebracht, welcher in eine göttliche Gemeinschaft mündet. In Christus vergöttlicht sich nicht nur der einzelne Mensch, sondern auch die Menschheit als Ganzes.

Auf dem Weg werden wir also gewandelt: von einem blassen Dasein in ein erfülltes, warmes, von Liebe erstrahltes Dasein.

Auf dem WEG entwickelt sich unser Lichtwesen, das mehr und mehr zu leuchten beginnt – von innen her, solar also, nicht einfach von aussen bestrahlt.

Dieses göttliche Licht verfeinert uns, es macht uns leicht, durchlässig, sensibel und zart.

Bild: Werner Binder – Retraite 1997 – Herzensfrau

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Christus-Wirklichkeit – Teil 6

14 Christus, die Quelle – Der gegenwärtige Moment

Es ist ein bedeutender Unterschied, ob wir Menschen uns primär im Bewusstsein der Seelenwanderung (Inkarnation) verstehen oder als Kinder Gottes, deren Gebärmutter der gegenwärtige Moment ist.

Der Christusmensch empfängt sich ständig aus dem heiligen Moment, aus der Präsenz, neu; er wird geleitet und geführt (erzogen) aus der jetzt wirkenden Liebeskraft Gottes, die sich stets als bewusstes Leben verwirklichen/manifestieren will.

Der gegenwärtige Moment ist die Matrix, die Gebärmutter und die Nahrungsquelle des Menschen, der aus Gottes Geist geboren worden ist, der aus der Gegenwart lebt. Dies wird uns zur Realität und Gewissheit, wenn diese Tatsache in unser Erleben kommt, wenn wir mit allen unseren Sinnen und übersinnlich dies erfahren dürfen. Das Zeitliche, das Geschichtliche, das uns Entwicklung ermöglicht, ist fühlbar zentraler Teil der relativen Welt, nicht der primären, absoluten Wirklichkeit in Gott. Diese ist nun unser Stoff, aus dem wir leben: erfüllte und erfüllende Wirklichkeit im Hier und Jetzt.

Der Christusmensch meint den geheilten, verwirklichten Menschen, nach seiner zweiten Geburt im Geiste. Jesus eröffnet/e diesen Weg in göttlicher Vollmacht. Die Botschaft von Jesus hat sich verewigt, sie war in der Zeit eingesetzt und entfaltet sich in der Zeitlosigkeit. Sie wirkt im Lichte des Bewusstseins und im Licht der Liebe. Es ist uns gegeben, in diese gefühlte und erlebte Erfahrung jederzeit einzutauchen, uns darin zu erfrischen und zu stärken. Es ist uns ausserdem gegeben, uns hier zu verwurzeln.

15 Christus ist die Kraft der Menschwerdung – Co-Kreation.

Christus verkörpert die Menschwerdung. Er ist ihr Impulsgeber.

Der Prozess der Menschwerdung ist ein zärtlicher Prozess. In diesem Prozess werden wir Menschen beseelt, anders gesagt: die Seelen der Menschen und die Menschheitsseele als Ganzes geraten in eine weit höhere Vibration, ihr Lichtkörper entfaltet sich. Die Schöpfung wird zunehmend transparent, durchlässig. Das Geschaffene beginnt zu erklingen. Das vorher taube Ohr, beginnt den inneren Klang in den Dingen und Phänomenen wieder wahrzunehmen, das vorher erblindete innere Auge des Herzens öffnet sich wieder, das Wunder der Liebe erkennend, das Licht Gottes erschauend. Was dumpf war, glänzt wieder, was nur knapp als dunkles Geräusch wahrnehmbar, singt wieder hell und klar. Materie ist nicht mehr Abgewandtes, sondern Zugewandtes, Resonanzkörper und Spiegel des göttlichen Klanges, der göttlichen Ausstrahlung. Das ist erwachte Beziehung: wenn das Geschaffene dem Schöpfer antwortet – jubelnd.

In Jubel verwirklicht sich die höchste göttliche Absicht.

Der erweckte Christusmensch erträumt den Menschheitsleib. In ihm verlebendigt er sich, wird er sich seiner bewusst. Der Beziehungsraum, also der Raum zwischen Gott und seinen Geschöpfen, wo der Heilige Geist wirkt, erstrahlt im Bewusstsein der Zusammengehörigkeit und Einheit zunehmend. In diesem Raum, der eine kosmische Gebärmutter darstellt, wächst und erstrahlt allmählich der bewusste, mystische Menschheitsleib, der an lebendiges Brot erinnert. Der mystische Leib ist die reifende Quell-Gemeinschaft, die mehr und mehr durchdrungen und durchschienen ist von der leuchtenden Gegenwart Gottes. Der mystische Leib ist leuchtender Gemeinschaftskörper, Liebes-Gemeinschaft der Erwachenden und Erwachten. In Hingabe entwickelt er sich zum mystischen Leib, der aus einer Fusion von Geist und Materie besteht.

Wir sprechen von Co-Schöpfung oder Co-Kreation. Der Mensch nimmt aktiv teil an seiner eigenen Mensch- und Menschheits-Werdung. Erst dadurch wird er ganz Mensch, erfüllt sich sein eigenes Menschsein. Nun fängt er an seine Lichtgestalt, die er ist, vollständig freizusetzen. Er wird zum Strahlenden.

Es ist eine der zentralen Aufgaben der bewussten, erleuchteten Menschen, die Menschheit im Bewusstsein ihrer Ganzheit und Zusammengehörigkeit durch den Prozess ihrer Geburt zu begleiten und an ihr teilzunehmen.

Wir sind Gebärende, Frauen wie Männer.

16 Die Christus-Wirklichkeit im Erblühen

„Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt worden bin.“ (1. Kor. 13,12)

Die Wirklichkeit erkennen wir, wenn sich uns ihre zahlreichen Dimensionen offenbaren. Wir sehen dann nicht mehr nur stückweise, sondern nehmen das Ganze wahr.

Wir fangen an die seelische und geistige Wirklichkeit in und hinter der geformten materiellen Welt zu erkennen. Diese fängt an mit uns zu sprechen, weil wir nun die Wesen in den Dingen erkennen. Wir fühlen nun (dies als Beispiel) die Qualität einer Farbe, eines Lichtes, einer Stimmung. Wir erkennen, dass die Farbe auch Trägerin einer Botschaft ist, einer Qualität, die in uns Gefühle, Gedanken, Empfindungen, Wahrheiten weckt.

Ebenso wird uns bewusst, dass eine bestimmte Erscheinung, die wir nun vollständiger wahrnehmen können, mit allen anderen Erscheinungen verbunden ist. Die Blume ist verbunden mit der Wiese, diese mit der ganzen Landschaft, mit der Sonne, dem Regen, den Insekten, usw.

Wir können die Hilfe oder den Hinweis erkennen, wenn uns eine Erscheinung erreicht und berührt. Das kann eine Blume sein, ein Tier, ein Stern. Wir fangen an den Hintergrund einer Erscheinung, also die Hintergrundwirklichkeit eines Lebewesens zu erspüren, und wie unsere Seele auf sie reagiert oder welche Antwort sie geben möchte. Wir erkennen die Kräfte, die etwa bewegen, verändern, wandeln. Zum Beispiel sehen wir nun nicht nur die sich bewegenden Wolken, sondern fühlen auch die Kräfte, die sie bewegen und die sich verändernden Strukturen der Wetterlage und vielleicht erahnen wir auch den Sinn des momentanen Spiels der Bewegungsabläufe.

Wir erspüren die subtilen Körper des Menschen (Ätherleib, Astralleib, Ich), aber auch die Schöpferkraft, die stets tätig ist und Neues hervorbringt und Wachstum in Gang bringt. Immer neue Stimmen fügen sich in den universellen Chor ein, wenn unser Herz aufgeht.

In dieser verfeinerten und erweiterten Wahrnehmung enthüllt sich uns die Schönheit in ihrer wundervollen Ausbreitung. Wir erleben, wie die Teile miteinander kommunizieren und übergeordnete Einheiten (Holons) bilden. Wir erkennen und fühlen die in allem wirkende Liebe. Dies ist vielleicht das Wichtigste, dass wir die Wechselwirkungen der Erscheinungen als Spiel und als Tanz der Liebe erleben und uns darüber erfreuen.

Es geht einfach darum, das Wachstum und die Entfaltung in Schönheit in unserem Erlebnisraum zuzulassen und zu erkennen und zu fühlen wie das Einzelne in Verbindung mit der Gesamtheit des Erschaffenen steht.

Werden wir wie die Kinder, welche die Welt nicht intellektuell, aber mit Staunen betrachten!

Christus-Wirklichkeit – alle Teile im Überblick

Bild: Werner Binder: Retraite 97 – Strömen aus dem Zentrum

Christus-Wirklichkeit – Teil 5

10 Der Begegnungsraum weitet sich – Christus-Wirklichkeit als Begegnung.

Gott schafft Himmel und Erde und den Menschen, weil er erkannt werden möchte. So wie die Mutter sich freut, wenn ihr kleines Kind sie zum ersten Mal anlächelt, so freut sich Gott, wenn wir ihn wahrnehmen, ihn als den Geber allen Lebens erkennen. Wenn der Mensch dankbar zurücklächelt entsteht ein Kreis, eine wechselseitige Beziehung.

Der non-duale Begegnungs- und Beziehungsraum zwischen Gott und Mensch, weitet sich, dehnt sich aus, sobald er entstanden ist. Es ist ein heiliger, festlicher, lichttrunkener Raum voller Seligkeit und Liebe. Der Raum der Liebenden.

Jetzt erst kann die Entfaltung des Menschen und der Schöpfung ungebremst ihren Fortgang nehmen. Im Raum der Liebenden. Die Evolution atmet auf, was gewartet hat, kann sich jetzt erfüllen.

Jedes Lebewesen wartet darauf, von einem einfühlenden Du erkannt zu werden. Im heiligen Begegnungsraum findet das Erkennen statt wie in jeder wahrhaftigen, innigen Liebesbeziehung, wo jede-r in seiner Eigenart, genau so, wie er/sie ist, erkannt und geschätzt wird.

Der Christusraum, oder der Kosmische Christus, ist jetzt erfüllt von wunderbarsten Schwingungen der Liebe und der Anteilnahme. Der Aufstieg der Menschheit hat begonnen. Der Mensch verwirklicht es nun, Mikrokosmos im Kosmos zu sein. Die kosmische Dimension des Menschen verlebendigt sich, wenn er Gott geschaut hat. Der Träger des göttlichen Lichtes, Christus, hat den Gottes-Samen in den Menschen eingebracht. Dieser geht nun auf: Der Mensch beginnt seine Göttlichkeit zu erleben wie auch seine All-Verbundenheit. Das göttliche Licht wird nun in den Erscheinungen gesehen – das Sein im Erscheinen, die Stille in der Bewegung, in der Geschichte des Menschen. Die vermeintliche Trennung zwischen Geist und Materie beginnt sich nun aufzuheben. Alles wird erkannt als durchwirkt und durchdrungen vom Geistlicht und von der unbeschränkten Liebe.

Der Christusraum ist erfüllt von Zärtlichkeit, Intimität und feiner Bewegtheit. Es ist deshalb zutreffend, Christus auch als den Zärtlichen, den Tänzer und den Bewegten (und Bewegenden) zu verstehen, der uns aus unserer Starre löst und zart bewegt.

11 Christus-Zellen

Im Raum der Begegnung bilden sich manchmal eine Art von heilenden „Licht-Zellen“. Ich nenne sie auch Christuszellen oder Christus-Energie-Felder. Sie entstehen in Momenten sehr dichten Austausches von Liebesgefühlen, begleitet von wesenhaftem Erkennen. Es sind gesegnete Augenblicke.

Diese Christuszellen – Teile des mystischen Christus-Leibes – bewirken Heilung und Erneuerung und neue Begegnungen; sie können aber auch physische Erscheinungen hervorbringen. Sie entfalten dann ihre Wirkung, wenn eine innere Notwendigkeit besteht. Vielleicht erst in ferner Zukunft – eben dann, wenn die Zeit und die gegebene Situation, Kairos, gekommen sind.

12 Die Vier

Es gibt die Eins: Das ist Vater-Mutter, der Schöpfer, die Schöpferin. Es gibt die Zwei: den Empfänger, das Geschöpf: Sohn/Tochter. Es gibt die Drei: Der Begegnungs- der Beziehungsraum zwischen Vater und Sohn, zwischen Mutter und Tochter. Hier ist die Liebe. Hier wirkt Dankbarkeit. Hier wirkt der Heilige und heilende Geist

Es gibt die Vier: Es ist das die drei Ebenen Umfassende. Das dynamische Beziehungsgeschehen (der Liebende, die Geliebten und die dazwischen wirkende Liebe) ist in der grossen Stille aufgehoben. Drei in Einheit.

Jesus, als Menschen- und Gottessohn wirkt vor allem in und durch die Begegnung und Verbindung. Er verkörpert Nähe und Intimität zwischen Vater/Mutter und Sohn/Tochter und damit auch zwischen Geist und der materiellen Welt.

Der zweite Teil der Evolution besteht in der Entfaltung und Ausgestaltung dieses Liebes-Raumes: der göttliche Bereich, das Reich Gottes. Es erscheint und es entfaltet sich in der Liebesbeziehung.

Der zweite Teil der Evolution geschieht in einem weit bewussteren Raum, als der erste Teil.

13 Christus als Jesus – Gottes Wirklichkeit als personales Erscheinen.

Das göttliche Wesen trat als Jesus in unsere Erden-Sphäre ein und durchdrang diese, insbesondere den Menschen, mit dem wahren Licht. Er war und ist das Licht der Welt.

Christus legte Lichtsamen in unser Wesen, die darauf warten, wachgerufen zu werden. Sein Scheinen und Erscheinen erhellte den physischen und feinstofflichen (ätherischen) Erdenleib. Seit seinem Erscheinen vibriert die Erde stärker, höher, feiner. Sein Verzeihen ist in das Erden-Bewusstsein eingegangen als Basis allen Heilens – insbesondere im Mysterium von Golgatha, als die Erde ihre Lichtschwingung intensivierte (Vergleiche Rudolf Steiner: Christologie) Die Lichtsamen wollen durch den Menschen geweckt werden, das Keimen gepflegt sein.

Das Christentum ist primär keine Religion, sondern ein Ereignis und eine Wirklichkeit im Jetzt.

Die Herkunft von Jesus geschah in direkter Inkarnation aus der Gegenwart, erschaffen aus dem Ur-Licht Gottes. Deshalb wird gesagt, dass er aus dem Schoss der Ewigkeit stammt, also der Jungfrau, der reinen Gottesmutter. Sie empfing das Kind der Gottesgegenwart ohne den Umweg über die lange Wanderschaft durch die Reinkarnation (Wiedergeburten).

Jesus stellt den Prototyp des Menschen und des Menschlichen dar. Sein Lebensweg umfasst die Stufen, Schritte und Archetypen jeder wahren menschlichen Entwicklung: die Linien des Werdens, des Vergehens (Geburt, Sterben und Tod), die Urerfahrung der Einheit, Zweiheit und der Vielheit, das Wechselspiel des Geistigen und Körperlich-Materiellen, der Ruhe und des Bewegten, von Nichts und Fülle. Jesus lebte als Gottes- und Menschensohn Bescheidenheit, Hilfsbereitschaft, Gerechtigkeitssinn, Güte und Friede, Gemeinschaftsgeist, Würde, Vertrauen und Hingabe, eben als Modell, als Prototyp wahrer, verwirklichter Menschlichkeit, Gottes-Ebenbildlichkeit.

Der Schlüssel diese Göttlichkeit/Menschlichkeit zu erlangen, besteht nicht primär darin, das Schwache, Böse, Unvollkommene zu bekämpfen und zu vermeiden, sondern sich im Strom der Liebe, welche unser Fundament und unsere Herkunft ist, zu wandeln und zu befreien. Hingabe also und die bedingungslose Liebe stellen den Weg des Menschen dar, mehr als Askese und Härte gegen sich selbst und andere. Sich der Menschwerdung hingeben, ist eine wunderbare, wohltuende Erfahrung. Diese Hingabe, uns mehrheitlich fremd, will eingeübt sein. Das Gefühl der Hingabe will in uns aufkommen. Es ist nötig, uns diesem Gefühl anzuvertrauen.

Jesus Christus drückte also vor allem bedingungslose Liebe aus, die seither, seit seinem Leben als Jesus, uns stärker als zuvor als Wandlungs- und Transformationskraft zur Verfügung steht. Er überwand das konventionelle Handeln, das gesetzes-konforme und moralische Denken und Handeln zugunsten des Lebens aus der Liebe und Barmherzigkeit. Das Herz-Zentrum wurde durch ihn zum Mittelpunkt, zur Leit-Instanz des berührten Menschen.

Die Zeit seines Lehrens und Heilens als Menschheits-Lehrer war ein einziger Liebesdienst, ein Leben voller Hingabe im Wahrheitsbewusstsein. Nicht nur seine Gleichnisse, Lehren und Heilungen versetzten die Menschen in einen Prozess der Wandlung, sondern auch sein Leben insgesamt. Alle Situationen, die er schuf, jeder seiner Atemzüge war ein Dienst an der Entwicklung Einzelner und an der gesamten Menschheitsentwicklung. Jesus verkündete das kommende Reich Gottes. Dieses geht aus der Liebe hervor. Es fliesst aus dem Innern, der Seele, und es entsteht im aussen, wenn wir barmherzig und gerecht handeln und das Abgetrennte, Benachteiligte wieder integrieren.

So wie wir das Abgespaltene, Ausgegrenzte, Verachtete wieder in unserem Innern zu integrieren haben, und unsere Projektionen zurückzunehmen haben, so sollen wir auch gesellschaftlich handeln. Jene Elemente und Menschen, die wir ausgeschieden und an den Rand gedrängt haben, sollen wir wieder als zu uns gehörende Bereiche erkennen. Sie sollen sozial und in unserer Seele wieder Heimat finden. Es geht also um die Re-Integration des Abgelehnten. Dies setzt die Überwindung unserer Egozentrik voraus, erfordert Schattenarbeit und Bescheidenheit.

Bei zunehmender Integration von verletzten und benachteiligten Bereichen verstärkt sich die Balance zwischen verschiedenen Lebensbereichen und allmählich entstehen Harmonie und Friede.

Die göttliche Sphäre (das Reich Gottes) entsteht von innen, wenn Menschen ihr Herz öffnen und den Frieden und die Seligkeit demütig empfangen.

Der grosse Friede in Gott will sich auf materieller Ebene nachbilden. Wenn Menschen nun Hand dafür bieten, kommen die himmlische und irdene Eben in Übereinstimmung und Harmonie, Friede und Freude verstärken sich: das Reich Gottes kommt. Wie im Himmel, so auf Erden, wie oben, so auch unten, wie innen, so auch aussen.

Jesus verkündete uns die frohe Botschaft. Freude, die wir empfinden, wenn wir uns eins mit der Göttlichkeit wissen und in Freiheit und Gnade empfangen, die uns stets gegeben wird, wenn wir also das Lebenswasser, das uns gereicht wird, in Fülle annehmen.

Die wahre Freude erwacht dann, wenn wir uns auch mit dem Leiden, der Trauer und der Ohnmacht, als Teil des Lebens versöhnt haben. Jesus nahm in seinem Leben die Machtlosigkeit vollständig an. Der Tod am Kreuz war die schreckliche Konsequenz seines mutigen Lebens, in dem er den Umkehrpunkt vom Misstrauen ins Vertrauen angelegt hatte und vollständig zur tiefgehenden Wahrheit des Lebens gestanden hatte. Durch ihn wurde die Todeserfahrung geheiligt, das Geheimnis der Auferstehung in das menschliche Leben gelegt. Dies alles war ihm möglich, weil er in der Freude des Lebens und in vollständigem Vertrauen und in absoluter Hingabe lebte.

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Strahlenmensch – Retraite 1997 Werner Binder

Christus-Wirklichkeit – Teil 4

7 Christus: Die Kraft der Menschwerdung und der Menschheits-Werdung

Die Hingabe an das Christuslicht bewirkt die Entfaltung hin zu dem, was Christus ist und ausdrückt. Seine Wandlungsenergie fliesst in uns ein, wenn wir sein Wesen aufnehmen, das lebendige Brot, das er ist, uns einverleiben, ganz zu uns selbst kommen, uns in der Tiefe, im Kern, finden. Christus ist die Kraft, die unsere Selbstfindung, die Verwirklichung unseres Wesens, bewirkt, in die ursprüngliche Bewegung des Lebens versetzt, uns die Geburt unseres wahren, göttlichen Selbst gibt. Denn er ist und verkörpert unseren Kern und gleichzeitig ist er der Weg dahin.

Christus ist der Anfang (Alpha), das höchste Ziel (Omega) und der Weg (die Zeit, der Prozess) dazwischen. Er ist der Weg zu uns selbst, also zu unserem höheren Selbst. Dieses zu finden und zu realisieren ist das Ziel (Omega), das im Ur-Anfang, in der ersten Wirklichkeit uns zu Grund gelegt ist.

Wenn wir unser Herz mit dem Christusherz verbinden entsteht eine starke Anziehungskraft, die wir auch Erotik nennen oder Magnetismus. Diese Liebeskraft bringt uns auf den Weg der Selbst-Realisierung, der Selbst-Verwirklichung. Das höchste Selbst, das Christus-Selbst, Repräsentant der Gottes-Wirklichkeit, öffnet die kreative, heilsame Spannung zwischen Ursprung (Anfang) und dem Ziel (unsere Heilung und Ganzwerdung), der Gottes-Schau. In dieser Spannung entsteht unser individueller Weg und es zeigt sich der Weg der Menschheit. Die Evolution.

8 Der Entwicklungs-Sprung:
Empfangen – versus Abwehr der Gnade

Der Sehnsucht nach der Wieder-Vereinigung, der Verschmelzung mit dem göttlichen Ursprung, steht die Angst vor der Erlösung und der Heilung gegenüber, der Angst vor Nähe und Intimität. Der innere Drang nach Selbst-Zerteilung und Zerstückelung wird als „das Böse“ bezeichnet, als „Teufel“ (Widersacher, Diabolo, Ahriman, Luzifer, usw.) oder als „Unreife“.

Wie immer wir die menschliche Abwendung und Ablehnung der göttlichen Gnade nennen wollen: es ist offensichtlich, dass die Menschheit geschwächt ist. Wir können feststellen, dass wir Mechanismen und Strategien zur Selbstschwächung entwickelt haben, die es uns erschweren mit dem göttlichen Licht und dem universellen Mitgefühl in Kontakt zu kommen. Es ist die Angst vor dem tiefgreifenden Wandel, der uns solche Abwehr-Strategien entwickeln lässt. Die Angst neigt dazu, gewalttätig zu werden. Die Angst kann aber auch als Motor zur Bildung von Vertrauen angesehen werden. Eine heilsame Betrachtungsweise!

Wirkungsvoller als die Abwendung von den Kräften des Zerstörerischen ist die beharrliche Entwicklung der Liebeskräfte, insbesondere der Geduld, der Feindesliebe und der Sanftmut.

Die Angst vor der eigenen Heilung und der Heilung der Welt so wie die Abwehr des Lichtes, ist schwer zu ertragen und schwer zu verstehen. „Er war das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, der zur Welt kommt. Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, und die Welt hat ihn nicht erkannt. Er kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht auf.“ So die Klage des Johannes im Prolog des Evangeliums.

Diese Zurückweisung, Ablehnung ist nach wie vor sicht- und fühlbar, wo immer man hinblickt. Der Widerstand gegen den Impuls zur Entfaltung ist erstaunlich und erschreckend.

Die starken Ego-Kräfte, verstärkt durch unser extrem materielles Weltbild, verbieten gewissermassen Hingabe und setzen an ihre Stelle Kontrolle. Diese ist von Angst geleitet. Empfänglichkeit ist aber Ausdruck von Vertrauen. Der Mensch versucht auch die intimsten und prägendsten Phasen des Lebens unter seine Regie und Kontrolle zu bringen: Geburt und Sterben. Die Eingriffe in das Lebendige sind übermächtig geworden – die Tendenz ist zunehmend.

Befreien wir uns aus dem Korsett dieser gewalttätigen Selbst-Einschnürung und Fesselung. Wenn wir es nicht aus eigenem Antrieb – in freiem Willen und in Einsicht – tun, werden es Krankheiten, Unfälle und Naturkatastrophen für uns tun müssen.

9 Empfänglichkeit

Wenn wir unsere Hände öffnen und in einer Haltung der Empfänglichkeit und Hingabe einatmen, dann können wir spüren, dass uns alles gegeben ist, was wir benötigen, um zu unserer Mitte zu finden, das heisst zu heilen. Der Widerstand gegen unsere Heilung ist beträchtlich.

Der Bewusstseins-Zustand unserer Erde ist sehr erniedrigt. Er ist weitgehend bestimmt durch eine Anspruchshaltung, zusammengefasst in der Aussage: „Ich will jetzt Dinge haben und darüber ohne Verzögerung verfügen.“

Das höhere, göttliche Bewusstsein hingegen erfordert eine sensible, hingebende Empfänglichkeit, die wir uns im Allgemeinen zuerst wieder erarbeiten und einüben müssen.

Nur durch eine feinfühlige aufnehmende Empfänglichkeit sind wir in der Lage, die Ströme seiner Zuwendung in reiner Form zu empfangen.

Folgende Schritte müssen wir einüben:

  • Wir machen uns leer und frei von eigenen Vorstellungen und Konzepten, von Mustern und Gedanken von denen wir ergriffen und bestimmt sind.
  • Leer-Raum soll aufgehen, Empfängnisraum, Gebärmutter-Raum.
  • Es ist nötig, dass wir die Wesenheit Christus einladen und bitten, in uns einzuströmen, einzuwirken. Das braucht etwas Mut und Vertrauen und den Glauben, dass es gut ist, wenn wir uns unsere Hilfsbedürftigkeit eingestehen und davon ausgehen, dass es eine Kraft gibt, die es gut mit uns meint.
  • Dadurch kann unser Wesenskern angeregt werden, zu erwachen, zu gedeihen, im Strom der Evolution aufzugehen, zu erblühen.
  • Der Glaube, es möglich zu halten, dass das Wesen – Christus – in uns eingeht, um unser eigenes Christus-Wesen anzuregen, unseren Kern ins Leben zu bringen, damit er sich erfüllen kann.

Christus-Wirklichkeit – alle Teile im Überblick

Retraite 1997 – Sonnenauge – Werner Binder

Christus-Wirklichkeit – Teil 3

5 Die Kraft der Christus-Wirklichkeit

Die innere Wirkkraft von Christus, ist in den innersten Interaktionen der schöpferischen Welt tätig, wirksam in den formgebenden Kräften in materiellen und nicht-materiellen, seelischen Bereichen. Sie ist äusserst facettenreich, unvorstellbar zart, alles vergeistigend, verfeinernd, erhöhend, erheiternd. Die Christuskraft wirkt auf der Nano-Ebene, mikro- und makrokosmisch, vor allem aber seelisch. Sie wirkt durch Kleinstwesen hindurch, spielt auf allen Instrumenten des Lebendigen, des Kreativen. Christus ist der innere Tänzer des Seins, Schöpfung und Freude erzeugend. Alles kommt aus der Stille, sprüht in die Welt, schafft Welt, also reine schöpferische, gestaltende, tief wohltuende Liebe, die sich immerzu verkörpert. Körper und Erde sind gewordene liebende Hingabe und Gebären.

Christus bewegt, gibt, erfüllt. Er ist das grosse ICH, das ICH BIN, das absolute Subjekt, der Ausstrahlende, Gebende, Gebärende. Er ist die geistige Sonne. Er achtet darauf, dass alle Kräfte, die in die Schöpfung strömen, von Liebe erfüllt sind. Wir sollten gleichförmig mit Christus werden, mit ihm in Übereinstimmung sein, also selbst zu Gebenden, Bewegenden, Erfüllenden werden.

Werde also ein gebender, ein bewegender, ein erfüllender Mensch. Dies ist unsere wahre Natur, die darauf wartet angenommen und gelebt zu werden. Wir sind nicht Hängende, Depressive, Verneinende, Kontrollierende, Gierige. Das ist nur unsere zugedeckte, oberflächliche Seite, mit der wir uns irrtümlich identifizieren. Wir sind nicht die Oberfläche, mit der wir uns oft identifizieren, sondern quellendes Leben, Licht, Liebe. Im Spiegel Seiner Wirklichkeit können wir dies erkennen. Erlösung meint, sich von falschen Identifikationen zu lösen, Freiheit zuzulassen, Bewegung, Fülle, gebende Offenheit anzunehmen; das Leben akzeptieren, also lebendig zu sein. Lösen wir uns auch von falschen, unterdrückenden Bildern, mit denen uns die Kirche, generell die Religionen, über Jahrhunderte belastet haben.

Es ist die Zeit, die Ideologien, die Machtapparate, die Meinungs-Hoheit der Religionen zu überwinden. Bleibe aber der mystische Kern, die wahre Quelle der Religionen.

Christus ist auch jenseits der schöpferischen Welt, ist ruhende, reine Potentialität, Zentrum in absoluter Stille. Wir sind gehalten. Er ist im Nichts und in der Fülle, in der Kraft und in der Zärtlichkeit, in Form und Formlosigkeit.

Bezeugen wir es.

6 Die Christus-Wirklichkeit als universelle Einfühlung

Universelle Einfühlung: Christus, das universelle Wesen, das stets anwesend ist, geht auf jeden einzelnen Menschen gemäss seiner momentanen Verfassung und seinen gegenwärtigen Bedürfnissen höchst feinfühlig ein. Er lässt jedem Menschen die Einsichten und Qualitäten zukommen, die dieser zu einer bestimmten Zeit, an einem bestimmten Ort, in der jeweiligen Situation in besonderem Maße braucht. Er gibt jedem von uns genau das, was er/sie zu einem gegebenen Augenblick besonders braucht.

Es gibt eine hinhörende, anteilnehmende, uns wahrnehmende, liebevolle Kraft, welche im Christus-Energiefeld stets liebevoll wirksam ist.

Gott, auch in seiner Offenbarung als Christus zeigt sich uns in jenen Eigenschaften, die wir jetzt in unseren tief liegenden Bedürfnissen empfangen können und zu empfangen bereit sind.

Christus ist universell und individuell, gibt auf der individuellen und auf der kollektiv-universellen Ebene jene Erfahrungen und jene Kraft, die wir individuell und kollektiv benötigen.

Er sieht und beantwortet höchst präzise, in höchster Präsenz und Liebe das, was unsere Seele benötigt. Jede unserer Veränderungen bezieht er ein, wenn er uns wahrnimmt und auf uns einwirkt. Der Lebensplan von jedem einzelnen Menschen wie auch der Plan der Menschheitsentwicklung wird fast pausenlos modifiziert, gemäß unseren Erkenntnissen und Einsichten. Er wirkt in dem Maße ein, wie wir bereit sind zu empfangen und zu lernen – gemäß unserem Vermögen, unseren Kapazitäten und unserer Bereitschaft.

Unser Kosmos ist ein einfühlender, weil er erfüllt und erschaffen ist durch den einfühlenden, barmherzigen Gott.

Im Atem des Barmherzigen erfahren wir Seine leuchtende, all-gegenwärtige, barmherzige Präsenz.

Gott straft nicht. Gott schliesst nicht aus. Er akzeptiert, er bezieht alles ein. Er ist auf alles und auf jedes Einzelne bezogen. Er ist ein gütiger, feinfühliger Gott.

Christus-Wirklichkeit – alle Teile im Überblick

Retraite 1997 – Lichtblick – Werner Binder

Christus-Wirklichkeit – Teil 2

2 Der einströmende Aspekt der Christus-Wirklichkeit (Gnade)

Christus ist das geronnene Licht, geheiligtes Blut, universelle Barmherzigkeit. Es ist Gnade.

Durch Christus strömt göttliche Essenz in unser Bewusstsein, in unsere Seele, in unseren Körper. Christus drückt einfliessende Gnade, Barmherzigkeit, Mitgefühl aus. Er ist unmittelbarer Lichtträger, Lichtstrom, einströmende Liebe, Glückseligkeit. Dieser Einstrom ist real, ist die Realität, die Wirklichkeit schlechthin. Dieses Einströmen setzt unsere Empfänglichkeit voraus.

Es ist eine Herabminderung seiner erfüllenden Wirklichkeit, wenn wir sie nur als hilfreiche Vorstellung oder als trostspendende verbale Mitteilungen ansehen.

Christus verkörpert und ist göttliche Essenz, die real zu uns kommt und unsere Geburt als göttliche Wesen vertieft und vollendet. Christus ist Energie in Bewegung, welche in uns einsickert, wie Regen in die Erde.

Damit die Erfüllung unseres Wesens – die zweite Geburt – geschehen kann, ist es notwendig, dass wir unser Einverständnis und unsere Bereitschaft ausdrücken, diese göttliche Nahrung anzunehmen.

Christus ist DIE WIRKLICHKEIT, DIE REALITÄT.         

In seinem Erscheinen als Jesus lebte er uns die Menschwerdung vor, dadurch initiiert er uns.

Er ist der Begleiter unserer Vergöttlichung und damit Vermenschlichung als wahre Wesen im Bewusstsein unseres göttlichen Kerns.

Als Jesus ging er durch alle Schichten und Ebenen des Menschseins, auch durch die zerstörerischen, dunklen und abgestorbenen Schichten um diese im Mitgefühl wieder zu verlebendigen, zurückzubringen und zu integrieren im Selbst. Ebenso „durchwanderte“ er die himmlischen Welten der Freude und des Lichts.

Dies ist der Weg zum Menschsein als ein umfassender Mikrokosmos, in welchem nichts ausgeschlossen ist.

Es ist mir wichtig zu betonen, dass das Einströmen der göttlichen Wirklichkeit in Christus ununterbrochen, lückenlos und stetig geschieht. Es ist ein höchst beglückendes Ereignis. Es ist nährend, reinigend und erfüllend. Es ist erfüllt von Liebe und Weisheit.

Das Christuslicht ist sehr zart, sehr fein und frisch, erneuernd und vermittelt umfassende Geborgenheit und ein Empfinden von Aufgehoben Sein. Dies ist eine Erfahrung. Dies ist Gewissheit.

3 Die göttliche Sprache

Die Menschheit ist im Allgemeinen wenig zugänglich für die Sprache von Christus, denn unsere Schwingungsebene, in der wir verankert sind, ist weitaus gröber, intellektueller, komplizierter. Die Schwingung, in der sich Christus uns nähert entspricht unserer göttlichen Natur, welche sehr zart, fein, aber auch sehr einfach und klar ist. Um die Einwirkungen von Christus aufnehmen zu können, ist es nötig, dass wir uns in Meditation und Gebet auf unsere wahre Natur einstimmen. Dies geschieht dadurch, dass wir Abstand nehmen von unserer groben, schweren, oft dunklen Gedankenwelt und uns mit Hilfe des Atems, den wir uns als hauchfein vergegenwärtigen auf die Zartheit und Feinheit der Sprache Christi einzustellen versuchen, welche eine Art von Licht-Liebes-Sprache ist, die wir intuitiv, auf Herzensebene, vernehmen können und hier sehr klar, deutlich und unmissverständlich.

4 Der heilige Atem

Der Atem ist in seiner geistigen, feinen Dimension (Odem, Hauch) besonders geeignet das Wesen von Christus zu erleben. Feiner, verinnerlichter, rhythmischer und pulsierender Atem drückt das Wesen von Christus aus. Im bewussten Atem können wir ihm sehr nahe sein und sehr intime Verbundenheit erfahren. Es ist wichtig, dass wir versuchen, diese Nähe zuzulassen, in ihr zu bleiben, also in sie einzutauchen und sie in uns einwirken zu lassen. Unsere Ängste vor Nähe dürfen wir loslassen, denn Christus lässt uns frei.

Die Erde und die Menschen leben aus und in der Christus-Schwingung, die sie nur noch teilweise verstehen und aufnehmen können – wenn überhaupt. Deshalb sinken sie in die Schwere und Grobheit ihrer eigenen, meist unerlösten Gedankenwelten hinab und werden nicht mehr ausreichend ernährt von den zarten Schwingungen ihrer wahren Natur. Es entsteht eine Art seelischer Hunger und Durst, der materiell kompensiert wird, den Menschen aber nicht in die Ruhe und in das nötige Gleichgewicht zu bringen vermag.

Wenn wir uns auf den Geliebten einschwingen, indem wir unsere Liebesgefühle aufkommen lassen, geschieht eine Einstimmung – wie von selbst. Die Liebe ist also der Schlüssel zum Kontakt und zur Beziehung mit dem Göttlichen, das unmittelbar in uns selbst lebt.

Gott, Christus, der Heilige Geist, diese Drei-Einigkeit ist so unmittelbar, so direkt und einfach wahrnehmbar, dass es nötig ist, uns auf diese Einfachheit und auf die angeborene Nähe zum göttlichen Leben zu besinnen.

Die Christus-Wirklichkeit übersteigt jedes Konzept, jedes Bild, jede Vorstellung. Konzept und Bild wollen losgelassen werden, damit die Wirklichkeit, die wirkende Realität also, das Wachstum nicht mehr bremsen, sondern den Prozess sein lassen und die Wirklichkeit sich ausdehnen kann.

Wir sollten die christliche Lehre und die Kirche schlechthin entfesseln und befreien von allen moralischen und bürgerlichen Einschränkungen und von allen Gottesbildern.

Erst dann werden wir unsere innere Reise in Freiheit und Intensität aufnehmen können. Die Reise führt in die Wahrheit, in die Liebe und in das entfaltete Leben.

Die Reise führt in unseren Mittelpunkt und in den Mittelpunkt des Universums. Die Reise führt zu Gott. Jeder Atemzug ist eine kleine Sequenz auf dieser Reise.

Uns der göttlichen Führung übergeben, ist mehr als Loslassen. Diese Führung ist nichts Fremdes, etwas, das von aussen über uns kommt, es ist der zarteste Hauch, der aus dem Herzen kommt: weich und sanft. Es ist jene Substanz, die unser Innerstes ausmacht. Den Hauch, der aus jener Substanz weht, erleben wir als zärtlich-intime Berührung. Unsere Seele wird davon berührt und beginnt sich zu erkennen und auszuweiten. Über alle Grenzen hinaus. So erfahren wir die Grenzenlosigkeit, die Ewigkeit unseres Lebens, unseres Seins.

Die innerste Substanz unseres Wesens ist Liebe. Sie ist unsterblich, die Essenz von allen Gestaltungen, von allem, was stattgefunden hat. Die sterbenden Emotionen verwandeln sich wieder in reine Liebe. Es ist Rückverwandlung. Verwandlung, die wieder an unsere Ursprünglichkeit angeknüpft hat. Barmherzige Rückkehr ist die wahre Art des Sterbens.

SPIRITUALITÄT IST BERÜHRTES LEBEN.

Die Entfaltung hat zu ihrer Seite auch permanentes Sterben, an Häutungen erinnernd. Unser wahres Gesicht (das Angesicht) tritt aus der Tiefe hervor. Man spürt und erkennt, dass es aus Ur-Materie und aus Ur-Licht erschaffen und von endloser Liebe durchwirkt ist. Das ganze Leben ist ein Hervorgehen, ein In-die-Welt-kommen, Entfaltung im Licht, von Christus behütet. Offenbarung. Es ist ein Ausfliessen aus der kosmischen Gebärmutter, aus dem Kosmischen Christus. Dies kann, möchte geschehen, unsere Zustimmung und Einwilligung vorausgesetzt.

Das menschliche Leben ist Wandlung: wir wandeln uns von einem physischen und sozialen in ein seelisch-geistiges Wesen, von einem Wesen, das gebunden ist in karmischen Vorstellungen und Konzepten, zu einem kosmischen, universellen Wesen, geboren in Gott und geborgen in ihm. Dieses höhere Wesen – das Christus-Wesen – ist in uns angelegt und es trägt den Impuls, sich in uns zu entfalten, solange wir nicht dagegen Widerstand leisten. Wenn wir ausatmen, nachgeben, überlassen, geschieht die Entwicklung/Entfaltung leicht und sanft. Wie eine sehr sanfte Geburt. Ausatmendes Zulassen, getragen vom gegenwärtigen, zärtlichen Moment.

Werner Binder: Retraite 97 – Zwischen Himmel und Erde

Ergänzend zum Thema der Christus-Wirklichkeit nachfolgend ein Gespräch über das Christusbewusstsein auf dem YT-Kanal „Göttliche Liebe“ von Mona Lange. In diesem Austausch geht es um Erfahrungen mit dem Christusbewusstsein und das Leben da heraus im Alltag. >>> weiter zum Video-Beitrag von Mona

Christus-Wirklichkeit – alle Teile im Überblick

Christus-Wirklichkeit – Teil 1

Die Liebesgeschichte

Vorwort

Die authentische Botschaft Gottes und des Christus kommt aus unserer Seele. Natürlich: Heilige Schriften wie die Bibel, schriftliche Zeugnisse von Mystikern und die mündlichen Mitteilungen von Zeitgenossen sind wichtige Anregungen, um uns der geistigen Welt anzunähern.

Zentral aber sind die Botschaften, die aus unserer Seele durch das Tor des Herzens aufsteigen. Das innere Hören auf die göttliche Stimme erfordert geduldiges, meist jahrelanges Hinhören.

Dieser Text über die Christus-Wirklichkeit ist nach über dreissig Jahren Kontemplation, fokussiert auf die Christus-Wirklichkeit hin, entstanden.

ES IST EINE GESCHICHTE DER LIEBE.

Es war mir ein Anliegen, die Essenz meiner inneren Wahrnehmungen in Kürze zusammenzufassen und den Leserinnen und Lesern zur Verfügung zu stellen.

Ich weiss, dass viele Menschen durch das patriarchal eingefärbte christliche Denken und Fühlen ihrer Eltern und Grosseltern mitgeprägt sind. Diese traditionellen Gottes- und Christusbilder, geprägt von moralischen Vorstellungen eines strengen, oft strafenden Gottes, haben unsere religiöse Haltung mitgeformt und die Christus-Botschaft – ich wage es auszusprechen – verfälscht.

Zudem haben wir uns zu wenig auf die zeitlose, kosmische Wirklichkeit des Christus bezogen, der uns unmittelbar, genau jetzt! individuell und kollektiv erreichen möchte.

Um aus unserer Enge und Angst in die Weite Gottes zu gelangen, brauchen wir Unterstützung. Die Menschheit ist zu sehr im materiellen Denken gefesselt. Aus eigener Kraft finden wir den Weg in die Freiheit kaum. Die Liebe in uns will freigesetzt werden.

Die Krise des Christentums – ja, für mich ist es eine Krise – stellt sich mir so dar, dass sich die meisten Menschen nicht mehr für es interessieren. Sie haben sich abgewendet, zum Teil apathisch. Die Menschen haben nicht nur die exoterische Seite der christlichen Tradition weitgehend vergessen, sondern auch – und dies in noch grösserem Masse – die esoterische Seite ihres Christus-Erbes. Die Folge: Die wunderbare Wucht und die Kraft des Stromes der Christus-Wirklichkeit hat sich zurückgezogen, fliesst nun unterirdisch, verborgen. Können wir unsere Kultur und unsere geistige Heimat erneuern und beleben, ohne uns in der Tiefe an den Kraftstrom zu erinnern, welcher die Christus-Wirklichkeit darstellt? Ich meine: nein.  

Nur durch die Wieder-Erinnerung und die Anerkennung unseres Vermächtnisses, also unseres Erbes, finden wir zu unseren eigenen Wurzeln.

Werner Binder

 


1 Die Quelle

In unermesslicher Vielgestaltigkeit wirft sich Gott, der All-Liebende, der Gütige, der Wahre aus sich selbst heraus, schafft ausatmend das Universum und den Kosmos – in absoluter Schönheit und in betörender Harmonie. Das Universum ist Seine Ausstrahlung, in der sich Seine unendliche Potentialität manifestiert.

Alles Erschaffene, alles Werdende und Sterbende und alles was in Wandlung begriffen ist fliesst aus endloser und bedingungsloser Liebe.

Den unserem Bewusstsein zugänglichen Beginn können wir als Ursprung, als erste Wirklichkeit und als Realität erkennen.

Jesus Christus, der Sohn Gottes, als Prototyp des voll erwachten ursprünglichen Menschen, des Menschen, so wie er gemeint ist, also in seiner wahren Natur, erschien als Jesus vor rund 2000 Jahren auf Erden. Er repräsentierte das ewige Sein, das ausgereifte Bewusstsein und die All-Liebe und Seligkeit Gottes. Diese drei göttlichen Aspekte (Sein, Bewusstsein und Glückseligkeit) erscheinen als Eines in Jesus Christus.

Christus repräsentiert und lebt in menschlich-göttlicher Form die Ur-Wirklichkeit, die unfassbare Schönheit und Kraft der Quelle, die immer fliesst. Jesus kam nicht, um zu richten oder zu bestrafen, sondern um zu erfüllen und die Impulse zur Verwirklichung des göttlichen Willens zu setzen.

Jesus Christus als Wasser des Lebens ist sowohl Ursprung (Quelle) wie auch der Weg zur Quelle, zum Ursprung, dem Ziel, das wir nun nach unserem Lebensweg (Ich bin der Weg) in hohem Bewusstsein wiederfinden. Dieses Lebenswasser, das unserer Seele zufliesst, enthält alle Informationen, die wir für unseren Weg benötigen, die unser Wesen für seine Entfaltung benötigt. Ausserdem ist unsere Seele eine Art von Empfängerin für die Seins-Seligkeit, die unsere Lebensgrundlage bildet.

Jesus Christus ist unser Vorgänger, unser Modell und Vorbild, dem wir nachfolgen dürfen. Er ist uns voraus gegangen – zu unserer Hilfe und Orientierung. Deshalb nennen wir ihn sowohl Gottes-Sohn wie auch Menschen-Sohn.

Christus-Wirklichkeit – alle Teile im Überblick

Der Tanzende

Wenn Du mich fragtest,
was denn wahres Licht sei
und ich in diesem Moment von Liebe beseelt wäre,
dann würde ich über Deinen Körper streichen,
ganz sachte und voller Zärtlichkeit;
ich würde Dich anschauen und erkennen:
Ja, Du.
Der Kosmos würde tanzen.
Du würdest vibrieren
und alle Lasten fielen von Dir.
Alles Verneinte in Dir würde getröstet
und Du würdest dich weiten.
Atemlieder flackerten durch Deine Glieder
und ein Duft, wie Du ihn noch nie geatmet
würde durch Deinen Körper, Deine Seele sickern;
unter Deinen Füssen
würde die Erde gleich einem klopfenden Herzen beben.
Alles wäre augenblicklich da:
die Wälder und Flüsse,
Berge und Täler,
Pflanzen und Tiere;
blau schwebte die Erde durch die Milchstrasse
und Du stauntest,
wie Musik, unsäglich schön,
die dem All
und deinem Herzen entströmt
alles in Bewegung hält.

Alles erweichte in Dir.
Du glittest durch strömende Stille,
weicher als Wasser, feiner als Luft, schöner als Sonnenlicht
und inmitten würde Christus tanzen.

Werner Binder

Der Tanzende – Werner Binder -1992

Leuchtspuren des Menschen

A – Menschheits-Dämmerung

Das Drehen ist kaum erkennbar, aber wir spüren, dass unser Planet in seinem blauen Licht tanzt. Betrachten wir ihn vom All her, erkennen wir ihn in seiner sanft-zärtlichen Stille und fühlen uns in der tiefsten Stelle berührt und bewegt.
Von oben sind die Grenzen, die wir unten gezogen haben, nicht erkennbar. Dafür sehen wir diese unwahrscheinlich schönen Muster- und Farbkompositionen. Nur Liebe kann diese Schönheit hervorbringen.

Sollten wir tiefer „fliegen“ erkennen wir nun die Dörfer, Städte, Wälder und Wüsten, Seen und Meere. Und zunehmende Verwüstungen: Durch Smog kaum erkennbar Städte, eben abgeholzte Wälder, verseuchte Uferzonen, zerbombte Siedlungen.
Vom Herzen her besehen spüren wir Irritationen, Schmerz, Trauer, Verzweiflung. Wir erkennen den Kampf zwischen den Prinzipien: jener Angst-Macht und der heilenden Kraft der Liebe.
Dämmerung liegt über der Erde. Wir können ihr Alter erspüren, die Ahnen verwoben mit Bäumen und Flüssen. Und wir ahnen den Sternenstaub während ihrer Erschaffung und ihre Beziehung zu den umliegenden Planeten und Sonnen, ja vielleicht ihren besonderen Platz im Kosmos.
Wir hören ihren spezifischen Klang, der aber mehr und mehr unkenntlich wird unter der Irritation und Schmerz-Vibration der herrschenden Prozesse.
Schreie der Angst, des Schmerzes vermengen sich mit dem Jubel der sphärischen Chöre.

Auf der dunklen Erde zeichnen sich im Morgengrauen erste Lichtgerinnsel ab, die feinsten Äderchen gleichen, die über und durch die Dunkelheit gleiten und zu zeichnen beginnen, als ob sie von einer weisen Hand geführt würden.
Erst wenn sich die Augen an das doch ziemlich dunkle Dämmerlicht gewöhnt haben, werden diese geheimnisvollen Licht-Zeichen gesehen. Sie erinnern an Schriftzeichen, die gelesen und gedeutet werden wollen.

Dann, bei den ersten Strahlen des anbrechenden Morgens wird spürbar (mehr als dass es mit den Augen erkannt werden könnte), dass sich eine Gestalt abzuzeichnen beginnt, welche den ganzen Erdball umspannt.
Ein allmähliches Leuchten dieser Gestalt wird für den erkennbar, der seine linke Hand auf dem Herzen hält und tief zu atmen beginnt.

B – Das neue Gesicht der Erde

Mit der Zeit wird es gewiss und wir erkennen uns nach und nach selbst. Der Mensch, der sich auf unserer Erde abzuzeichnen beginnt. Der Menschheits-Mensch. Die Geburt der bewussten Menschheit: ein Lichtleib, vom Kosmos bestrahlt und aus dem Herzen geboren.
Der Menschheitsleib, fein verzweigt, aus Millionen von Lichtzellen, die pulsieren, ersteht. Jeder Mensch eine Lichtzelle, das Ganze enthaltend. Das Bewusstsein der einen Menschheit in göttlichem Licht.

Und dieser Menschheits-Mensch beginnt zu atmen und die ganze Erde bebt. Das Angesicht, in dem wir uns erkennen.
„Du in all deinem Leid, deinem Schmerz, deiner Unbeholfenheit, deiner Schwäche: Du bist gemeint, Du bist geliebt. Du pulsierst: Urmaterie, Urlicht, schon immer. Du, Wir.“
Alles ist aufgehoben in unserer gemeinsamen Erde: Inkarniertes Licht-Liebes-Licht, aus dem wir sind und aus dem wir hervorgehen.

C – Noch ist diese Erscheinung im Werden

In diesem Werden des sich allmählich abzeichnenden Menschen (der Urmensch, Adam Kadmon), öffnet sich langsam der aufgehende Atem: die Sonne der Barmherzigkeit, die in den Herzen der Aufwachenden aufgeht.
Noch ist es nicht soweit. Noch brauchen wir Geduld, viel Geduld und die Bereitschaft die Spannung auszuhalten, die zwischen dem Wunderbaren und dem Unerlösten noch ist.
Hier in dieser Spannungsmitte ist der Platz der Dienerlnnen, der Priesterlnnen, die versunken in ihrer Herzensmitte, die Arme weiten.

Werner Binder

„Die weisse Sonne“ vermutlich im Zeitraum zwischen 2005 und 2009 erstellt.