Christusbewusstsein

Bewusstsein
Wenn mich heute jemand fragt, was Bewusstsein ist, so weise ich zuerst darauf hin, dass es nichts gibt, was kein Bewusstsein besitzt. Aus der Selbstbeobachtung, dass ich und alle anderen Iche – also wir als Menschen – wesenhaft-bewusst und Ich-begabt sind, schliesse ich, dass Bewusstsein Wesenhaftigkeit als Ich/Du-Bewusstsein voraussetzen muss, die in der Umgebung, in der sie lebt wach ist für bestimmte sinnliche und okkulte Vorgänge, Wesen und Zustände. Dabei ist der Seinszustand wichtig, in dem man sich befindet: Es ist jeweils anders, ob ich mich – und ich beschränke mich nun auf unser physisches Erdensein- im Tiefschlaf, Traumzustand oder Wachleben befinde. Wenn alle Wesen Bewusstseinsträger sind -also auch die Mineralien, Pflanzen und Tiere –, müssen sie wie die Menschen ein Ich besitzen, das aber im Vergleich zum Menschen in anderer Art zu den eigenen Wesensgliedern in Beziehung steht. Einzig der Mensch besitzt ein Ich-Du-Bewusstsein, das in ihm selbst und abgetrennt von den Himmeln lebt und ihn deshalb vor allen Erdenwesen auszeichnet, ihn aber zugleich auch in die Verantwortung stellt.

Grösser als Ich und doch wesensgleich mit mir
Ich schreibe über ein göttliches Wesen und seine Wirkungen, das viel grösser ist als ich und dennoch weiss ich tief innen, dass es mit mir zu tun hat, mit meinem Leben und meiner Entwicklung tief verbunden ist. Mein Ich scheint Teil seines Ichs zu sein und es scheint sich auf ihn zu zubewegen! Dieses Wesen stellt eine Art Prototyp des Menschlichen dar, ein Ideal, an das angeknüpft werden kann. Diese Kraft und Lichtwesenheit nenne ich „Christus“. Gesamtmenschheitlich betrachtet wären alle Iche aller Menschen mit jenem „grossen Ich“ des Christus verbunden, und würden einst mit jenem identisch ohne sich als Individuum aufzugeben. Wir sind auf dem Weg zu einem gewaltigen Organismus, der aus Menschen, Tieren, Pflanzen, Mineralien in Verbindung mit der Erde besteht.

Spiritualität
Für mich war es seit meiner Kindheit klar, dass die Welt nicht auf den sinnlich wahrnehmbaren Bereich reduziert werden kann und ich wäre gar nie auf die Idee gekommen, das irgendwie zu thematisieren oder gar zu hinterfragen. Das Wissen von der göttlich-geistigen Welt, wie ich sie heute nenne, war mir in etwa so eingeprägt wie die Gewohnheit, dass ich beim Suppe-Essen mich nicht jedes Mal fragen muss, ob der Löffel richtig zum Mund geführt wird. Ich hatte wohl das Glück, dieses Bewusstsein als Mitgift in dieses irdische Leben mitbringen zu dürfen. Es war einfach so, und ist es auch heute noch. Als ich im Verlauf meines Lebens Menschen kennengelernt habe, die das ganz anders sehen, hat mich das stets sehr gewundert, obwohl ich es respektiere.

Tragend, wohlge-sonnen, zärtlich
Seit ich denken kann lebe ich in einem Bewusstsein, das man spirituell nennen kann, nur dass ich als junger Mensch dafür keinen Namen hatte, es war einfach da. Ich wusste mich eingebettet in eine höhere Realität, die mich trägt, die mich stets anspricht, die mir wohlgesonnen ist und sich mitteilt, oft geradezu zärtlich äussert, eine Realität, die sich wesenhaft anfühlt, die unendlich sanft und geduldig ist und die mich in meiner Freiheit respektiert.

Liebesbeziehung
Zu Christus kann jeder Mensch eine Beziehung aufbauen, unabhängig von seiner Religion oder spirituellen Auffassung. Christus hat nichts mit Religion zu tun geradeso, wie die Sonne am Himmel nichts mit einer spezifischen menschlichen Kultur zu tun hat. So wie die Sonne für alle Menschen, Tiere, Pflanzen und Mineralien scheint, ist der Christus für alle Wesen da und scheint in ihre Herzen. Einzig der Mensch hat die Wahl, ihn in Freiheit aufzunehmen oder abzulehnen. Ein Buddhist kann den Christus ebenso in sich finden wie ein Brahmane oder Taoist, und dabei seiner Religion treu bleiben. – Christusbewusstsein hat aber auch nichts mit einer Weisheit oder Lehre zu tun, sonst wäre er ja nur für Gelehrte und Wissensmenschen da. Christus ist für ausnahmslos alle Menschen da. Das kosmische Sonnenwesen Christus erschliesst sich uns einzig durch unsere frei gewollte und gesuchte Beziehung zu ihm. Es ist eine Liebesbeziehung der höheren Art, die einen Freiheitsakt des Suchens voraussetzt.

Wie finde ich den Christus?
Zu Christus kann ich dem vorher geschriebenen zu Folge nur kommen, wenn mein Denken spiritualisiert wird. Zu einer spirituellen Sicht der Welt kann man sich dadurch durcharbeiten, dass man den Materialismus (wissenschaftlich) konsequent zu Ende denkt und dadurch zu lebendigen Gedanken kommt. Das ist aber für einen naturwissenschaftlich geprägten Menschen wie der Durchgang durch einen Todesprozess. Durch diesen Verlust-Angstraum alter Vorstellungen, die uns bequem sind und waren und die man wie eine Schlangenhaut abstreifen kann, muss die Menschheit hindurchgehen, es ist unter Umständen eine harte Prüfung.

Leben wird der Tod
Die materielle Wissenschaft glaubt immer noch an den Mythos, dass das Leben aus dem Toten entstanden sei. Doch dieses Weltbild bröckelt seit geraumer Zeit. Denken wir es doch einmal umgekehrt, niemand kann uns daran hindern: Stellen wir uns vor, der Tod hätte sich aus dem Leben entwickelt. Für mich macht das Sinn, denn dadurch, dass wir als Lichtwesen in die Materialität herabgestiegen sind, um gewisse Erfahrungen machen zu können, sind wir dem Tod und auch der Angst „in die Hände gefallen“. Zuvor kannten wir nur das Leben im Licht. – Das Wissen darum, dass da in mir, in meinem Geist-Innenraum der Christus, der den Tod überwand, unendlich geduldig und liebevoll lebt und mich trägt, gibt mir die Gewissheit, dass es keinen Tod und damit auch keine „Toten“ gibt. Wir legen unsere materielle Hülle ab, entschlüpfen ihr geradeso, wie ein Schmetterling aus seiner Puppe entschlüpft und nehmen uns dann als Lichtwesen in einer Geistwelt war. Durch unseren materiellen Körper lernen wir Krankheit, Schmerz und Tod kennen, aber durch Christus wissen wir, dass jene nichts mit unserem Wesen zu tun haben. – Wenn wir unser Denken, Fühlen und Wollen derart „durchchristen“, verliert der Tod seine negative Konnotation und gerade dadurch überwinden wir die Angst und den Materialismus.

Widerstände
Die gesamte Menschheit, die aus den auf der Erde inkarnierten und den sogenannten „Toten“ besteht, ist um 1900 bereits über eine Schwelle gegangen, wodurch es ihr potenziell möglich wurde, den geistigen Entwicklungsschritt zu machen den Christus als Helfer und Heiler in Freiheit anzunehmen, ja sogar zu schauen. Doch eine Potenzialität ist noch kein Entwicklungsschritt. Gegenwärtig findet auf dem geistigen Hintergrund der Erdenrealität ein mächtiger Kampf statt, bei dem gewisse Widersachermächte diesen wichtigen Entwicklungsschritt der Menschheit verhindern möchten, um die Entwicklung in eine andere Richtung zu führen.

Wandel
Christus vermittelt zwischen Bewusstseinszuständen. Um einen Entwicklungsschritt zu einem höheren Bewusstsein machen zu können, indem wir eine Wandlung durchmachen, muss zuweilen etwas sterben indem wir es loslassen, sei es ein Denkmuster, eine falsche Idee, oder gar ein falsches Leben: Der Christus hat mir stets den Weg gezeigt. Das ist eine konkrete Erfahrung, die ich machen durfte. Etwas Neues in sich einzugliedern setzt ein „Sterben“ voraus. Mit Christus sterben wir in alten Gewohnheiten, Denkmustern usw. um mit ihm in neuem Bewusstsein, in neuer Wachheit aufzuerstehen. Dieser Vorgang ist in etwa identisch mit dem Vorgang des Emergierens. Es ist nur eine andere Beschreibung desselben Vorgangs, bei dem es  darum geht, den Tod als Wandler, den wir aus unserer Mitte verbannt haben, in unser Leben neu zu integrieren.

„Wo zwei sich in meinem Namen versammeln bin ich mitten unter Ihnen“
Christus repräsentiert die Mitte in uns. Dort ist unser Herz. Das Herz ist Ausdruck der Liebesfähigkeit der Menschen, ihrem sozialem Bewusstsein und der Fähigkeit des Mitempfindens. Dort, wo im Zwischen der Menschen der Christus sein darf, entsteht gesunde Sozialität und Gemeinschaft.

Schaffende und ausgleichende Kraft
Es muss eine Macht im Universum geben, die vergangenheitsbezogen die Gesetzlichkeit hütet und hinter ihr steht. Alles, was uns etwa vergangenheitsbezogen im Sinne von Traditionen hält, unterliegt dieser Macht. Das Christentum nennt es „Vatergott“. „Vater“ kommt von „pater“ (lateinisch), „petra“ (griechisch), „Av“ (hebräisch) und lässt sich auf die Bedeutung „Stein“ zurückführen. Okkult bedeutet „Vater“ Tod. Die mineralische Aussenwelt, die mit allgemeinem Bewusstsein durchsetzt ist, ist eine Welt der Naturnotwendigkeiten und in diesem einseitigen Bewusstsein stehen gegenwärtig nicht nur die Naturwissenschaften. Dieses Bewusstsein kann durchaus mit dem verglichen werden, was man als „Patriarchat“ bezeichnet. Dieses hat uns – neben seiner zerstörerischen Natur- doch viele technische und zivilisatorische Möglichkeiten beschert. Mit seiner vorrangig zerstörerischen und hemmenden Wirkung hat es jedoch ausgewaltet. Der Christus ist der Wandler, der uns hilft, Neues zu ermöglichen, was die Menschheit auf nahezu allen Gebieten ihrer Kulturen dringend zu realisieren hat. Er führt aus den Naturnotwendigkeiten heraus ins Gebiet des Schöpferischen und Bewegten, er bringt uns auf den Weg, er ist der Weg! Wo innerer Wandel stattfindet wird erst Schöpferisches ermöglicht. Der Christus ist die Kraft der Gegenwart, die das Vergangene ins Zukünftige überführt. Wenn ich festgefahren bin, materiell zu verkrusten und verhärten drohe oder im Gegenteil mich in luftiger Intellektualität zu verlieren drohe, kann mir Christus eine vermittelnde Kraft sein, die eine ausgleichende Mitte zwischen beiden Feldern herstellt. Um zu Taten zu kommen, die aus der Zukunft schöpfen, gebiert der Christus aus sich den heiligen Geist, den Schöpfergeist, dessen Kraft wir „nutzen“ können.

Christusbewusstsein ist Erdenbewusstsein
Christus hat sich vor 2000 Jahren mit der Erde verbunden, die seither sein Leib ist. Christusbewusstsein ist daher auch Erdenbewusstsein. Dadurch, dass der Christus die Erde zu seinem Leib gemacht hat, wurde die Erde „verhimmelt“. Dies ist der Keim dafür, dass die Erde zu einem Planeten der Liebe werden kann, wenn wir es wollen und tun. Wir Menschen können es als unsere Aufgabe empfinden, die Erde zu einer Liebe-Sonne wandeln zu helfen. Das bedingt aber, dass auch die Erde durch ein Sterben hindurch geht, dann kann sie mit allen Wesen auf, in und über ihr zu einer neuen Realität werden, zu einer „neuen Erde“

Bild: Äterherz – Werner Binder, Retraite 1997

Christus-Bewusstsein

Ein Video-Beitrag von Mona Lange

Ergänzend zum Thema der Christus-Wirklichkeit nachfolgend der Link zu einem Gespräch über das Christusbewusstsein auf dem YT-Kanal „Göttliche Liebe“ von Mona. In diesem Austausch geht es um Erfahrungen mit dem Christusbewusstsein und das Leben da heraus im Alltag.

Werner Binder hat einen längeren Aufsatz über die Christus Wirklichkeit verfasst. Der Text ist nach über 30 Jahren Kontemplation, fokussiert auf die Christus-Wirklichkeit, entstanden. – Eine Geschichte der Liebe.


>>> Hier 1. Teil Christus-Wirklichkeit lesen

>>> Hier 2. Teil Christus-Wirklichkeit lesen

Begegnungen mit Werner – ein Nachruf

Nachruf für die Integrale Politik Schweiz 
von Werner Kaiser       

Mit Werner Binder verabschieden wir einen Pionier der Integralen Politik Schweiz. Er war einer der drei Männer, welche die IP ins Leben gerufen haben, noch bevor die zwanzigköpfige Kerngruppe sich an die Arbeit machte.

Werner war vielseitig interessiert. Im Zentrum seiner Persönlichkeit stand eine tiefe Spiritualität. Aus ihr flossen Tanz, Malerei, Dialog und, im Dienst der IP, Politik. Im Gespräch war er bedächtig, ernsthaft, wohlwollend. Oft wiederholte er einen Satz seines Gegenübers, bevor er antwortete. Er wollte verstehen, bevor er sprach.

Die zwanzigköpfige Kerngruppe der IP – Foto:Augustin Saleem

Die Weite seines Denkens und die Tiefe seiner Spiritualität kamen in seinen Schriften zum Tragen, die er in seinem Eigenverlag veröffentlichte. Er schrieb Erlebnisberichte aus seinem Innenleben und Gedanken zur christlichen Mystik. Unter seinen Schriften findet sich eine Anleitung zur Bildung einer politisch-spirituellen Gemeinschaft. Eindrücklich, wenn auch nicht immer leicht zu lesen, sind seine Gedichte. 2013 erschien sein wunderschöner Gedichtband „Über die Liebe und die Schönheit der Vergänglichkeit“, den ich besonders schätze. Im Zentrum aller Schriften und wohl seines ganzen Lebens standen die Wörter „Barmherzigkeit“, „Zärtlichkeit“ und „Du“.

In den letzten Jahren veröffentlichte er seine Überlegungen in einem Blog. Er kann unter www.wernerbinder.ch nachgelesen werden. Den Tod voraussehend, schrieb er dort am 17. Januar dieses Jahres: „Aus gesundheitlicher Schwäche habe ich mich entschlossen, meinen Blog einzustellen“. Er starb vierzehn Tage später.

Als engagiertes Mitglied der IP war Werner auch die Politik ein Herzensanliegen. Eine Politik, geprägt von realistischer Wahrnehmung und spiritueller Deutung. Sein Beitrag floss in das Grundlagenpapier der IP ein, das für die Gestaltung der IP grundlegend wurde. Wie konkret sein politisches Engagement auch werden konnte, zeigte sich mir, als wir zusammen eine Jahresaktion zum Thema „Wie wir wirklich leben wollen“ planten. Mit vielen Aktionen und einer abschliessenden Kundgebung auf dem Lindenhof in Zürich sollte die IP in der Öffentlichkeit bekannt werden. Als der Vorstand das Projekt ablehnte, konnte ich erleben, wie er bei all seiner Sanftheit auch einen Ärger deutlich zum Ausdruck bringen konnte.

Seine grosse, Kraft und Bedächtigkeit ausstrahlende Gestalt bleibt uns noch lange in Erinnerung. Die IP verdankt ihm viel. Wir ehren ihn wohl am besten, wenn wir sein Werk in tiefer Verbundenheit miteinander und mit der Welt weiterführen. Der Schluss seines Gedichts „Sterbende Heimkehr“ möge unser Andenken begleiten:

Je älter ich werde,
desto leiser wird mein Leben,
dem Sterben  nach –
hauchfein,
decrescendo
Ich erlösche,
verschwinde,
leise,
sanft.
Oh!

Bild: Prexels – neosiam

Göttliche Liebe

Im Hohelied der Liebe heißt es (auszugsweise):

Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete,
hätte aber die Liebe nicht,
wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke.
Die Liebe ist langmütig,
die Liebe ist gütig.
Sie ereifert sich nicht,
sie prahlt nicht,
sie bläht sich nicht auf. Sie handelt nicht ungehörig,
sucht nicht ihren Vorteil,
lässt sich nicht zum Zorn reizen,
trägt das Böse nicht nach.
Sie freut sich nicht über das Unrecht,
sondern freut sich an der Wahrheit.
Sie erträgt alles,
glaubt alles,
hofft alles,
hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf.

Das ist so schön und wahr, dass es mich immer wieder zutiefst im Inneren berührt.

Mir begegnete die göttliche Liebe, von der hier die Rede ist, erstmals vor ca. acht Jahren. Und sie schenkte sich mir völlig unerwartet. Man kann dieses Empfinden nicht wirklich beschreiben, so rein, klar, zart und schön ist es. Ja, man liest davon und doch ist das Lesen mit Blick auf die wirkliche Erfahrung fast nichtssagend.

Radikale Umkehr
Zu dieser Zeit war ich bereits einige Jahre durch Krisen und Schicksalsschläge gegangen und eine radikale Umkehr in meinem Leben hatte begonnen. Letzteres war mir derzeit noch nicht vollends bewusst. Und dann in Todesnähe eines geliebten Menschen geschah es, dass sich mir diese tiefere Wahrheit offenbarte – als ob der Himmel sich für mich öffnete. Ein Erleben wie nicht von dieser Welt, unbeschreibliche Liebe, Güte und Glück wurden erfahrbar. Und das für ca. eine Woche.

Damals hat mich die göttliche Liebe in ihrer unsagbaren Zärtlichkeit wie ein Wunder aus einer anderen Welt berührt, meine Augen für eine höhere Wirklichkeit geöffnet und tiefe, heilsame Prozesse in Gang gesetzt. Es folgte ein langer beschwerlicher Transformationsweg, den ich nach dieser ersten Begegnung zu gehen hatte. Denn ich konnte diese höhere Lebensebene, die ich so wunderbar erfahren hatte, nicht halten. Zu viele „Altlasten“ und kollektive Dunkelheit zogen mich wieder zurück in eine Normalität, die ich nicht mehr leben wollte. Mein „Läuterungsweg“ bestand im Wesentlichen aus der Auflösung von Konditionierungen, Glaubensätzen sowie der Heilung von tiefsten Traumata. Und das war kein Spaziergang.

Die ganze Zeit über begleitete und führte mich die göttliche Liebe durch meine Seele, anfangs mal mehr und mal weniger erfahrbar. Und ja, ein Vertrauensverhältnis zu dieser neuen höheren Ebene wollte erst aufgebaut werden. Heute erlebe ich fast uneingeschränkt eine liebende höchste Anwesenheit oder einen stillen und weisen göttlichen Geliebten als zutiefst empfundene innere Wahrheit. Mittlerweile erachte ich das Erfahren der göttlichen Liebe sowie einer höheren Wahrheit von unermesslicher Bedeutung für uns alle und die Schöpfung – gerade in diesen Zeiten.

Göttliche Liebe – eine Betrachtung
Nachfolgend zunächst einige erläuternde Worte zur göttlichen Liebe: Mit göttlicher Liebe meine ich eine überpersönliche Liebe, die sich auf alle Lebewesen, die gesamte Schöpfung und den Kosmos bezieht. Sie kann im Herzen, im Geist und im gesamten Körper des Menschen, bis auf die tiefste Zellebene hinab, als fühlende Selbsterkenntnis und tiefe Liebe erfahrbar werden. Im Grunde genommen ist es eine göttliche Selbstberührung von höchster Intensität, wie sie nicht behutsamer, einfühlender und wahrer sein könnte. Eine zutiefst natürliche Liebe, die einfach und in großer Selbstverständlichkeit bedingungslos für uns und die gesamte Schöpfung da ist. Sie zeigt sich als Ursubstanz und Urimpuls allen Seins. Wie aus dem Nichts heraus offenbart sie sich und berührt alles in sanfter Liebkosung, durchströmt es mit erhabener Leichtigkeit. Dabei ist sie höchst verständig und weise, nie wertend oder beurteilend, leise fließend, umhüllend, heilend, tröstend und alles durchdringend. Man kann das Ganze als eine unbedingte Zugewandtheit des Göttlichen und ein tiefstes Selbstverständnis einer höheren Art begreifen. Es verändert unser Leben, wenn wir uns für diese Liebe öffnen und empfänglich werden, den Mut haben uns ihr hinzugeben, von ihr berühren zu lassen und ihrer Wahrhaftigkeit zu vertrauen. Eine große Heilkraft liegt in diesem Prozess. Ein Sehnen in uns, das seinen Zielort gefunden hat. Man könnte sagen, mit dem Erwachen zur göttlichen Liebe erhebt sich die Schöpfung zum Göttlichen und findet in sich selbst Erfüllung. Der höchste Geist und die Offenbarung in der Materie vereinen sich: Die göttliche Vollendung findet ihren Höhepunkt.

Fatalerweise verhindern oftmals harte und auch angstbesetzte Schutzschichten, die aufgrund früher Verletzungen und aus Unbewusstheit gegenüber der tieferen Wahrheit entstanden sind, genau diese höchste göttliche Bestimmung. Wir haben durch Konditionierungen und traumatische Prägungen individueller und kollektiver Art meist den Kontakt und Zugang zu unserem göttlichen Innersten und dieser Liebe verloren. Und das seit geraumer Zeit. Gleichwohl sind sie unverrückbar immer da und können als Erleben wieder gefunden werden. Es geht bei der göttlichen Liebe, wie ich sie verstehe, also nicht um ein Glauben, sondern ein wahrhaftiges und subtiles Erinnern und Entfalten. Das braucht unser freudiges Wachsein dafür sowie unsere Neugier im Einlassen und Erforschen. Und die Bereitschaft uns auch den ungeliebten Teilen in uns zuzuwenden – dort ist das verborgene LICHT zu finden. Die frohe Botschaft ist, dass all dies jedem Menschen möglich ist.

Achtsamkeit – eine Liebesbeziehung zu allem
An dieser Stelle möchte ich alle Menschen ermuntern achtsam auf die Liebe der Schöpfung für uns und alles Lebendige zu sein. Sie ist für uns alle in ihren vielfältigen Ausdrucksformen erfahrbar, weil sie grundsätzlich immer anwesend ist. Meist sind es anfangs nur kurze Augenblicke, wo wir sie wahrnehmen können und durch innere Offenheit und Übung erhöht sich unsere Empfänglichkeit dafür. Wenn wir einmal in erfahrbaren Kontakt mit der göttlichen Liebe gekommen sind, können wir mit der Zeit lernen uns unaufhörlich an diese Quelle anzuschließen und daraus zu nähren.

In diesem Kontext bekommt dann die Selbstliebe, die den Menschen mitunter so schwerfällt, einen tieferen und wahrhaftigen Urgrund. Wir brauchen die Selbstliebe, wie auch die Liebe zu anderen Menschen, nicht aus uns selbst heraus „erschaffen“, sondern sie ist ein natürlicher Ausdruck der allumfassenden und bedingungslosen göttlichen Liebe. Mehr noch, es entspricht unserem innersten Wesen so zu lieben, weil wir in der Tiefe göttliche Liebe sind, als ein Aspekt des Göttlichen. Die göttliche Liebe ist im Überfluss vorhanden, wir baden regelrecht in ihr. Nur sind uns all dieses Wissen und Erleben verloren gegangen.

Zugleich ermöglicht uns die göttliche Liebe Räume des Vertrauens, der Liebe und der Heilung entstehen zu lassen. Wir alle tragen Verletzungen und Traumata in uns, die in die Heilung gebracht werden möchten. Ein Großteil der Menschen wird beherrscht von Gefühlen wie Angst, Entfremdung, Verlorenheit, Leiden, Schmerz, Einsamkeit, Auswegs- und Sinnlosigkeit. Vielleicht besteht unser tiefstes Trauma sogar einzig darin, dass wir die Wahrheit unseres göttlichen Wesens mit all den wundervollen seelischen Eigenschaften und denen der göttlichen Liebe vergessen haben. Und genau über dieses tiefste innere Wesen können wir selbst und die Erde nebst ihren Geschöpfen in natürliche Heilungsprozesse eintreten. Durch ein Erkennen der eigenen Göttlichkeit und eines tiefen Heilseins in allem. Das ist pure Liebe in höchster Reinheit.

Indem die göttliche Liebe erfahrbar wird, ändert sich unser Erleben als Individuum und bewusst fühlendes Sein in der Schöpfung. Da heraus erwachsen natürliche Zuneigung, Behutsamkeit und Fürsorge im Miteinander. Es ist wie eine Liebesbeziehung zu allem.

Und wir können diese Liebe in der Welt wirken lassen, gewissermaßen zum Erblühen bringen. Die globale Destruktivität findet dann ein natürliches Ende, weil sie aus einem eingebildeten Mangelgefühl und fehlendem Erkennen des Göttlichen entsteht.

Weg aus den Krisen
Hier sehe ich den wahren Ausweg aus den Krisen unserer Zeit. Vielleicht ist gerade JETZT ein guter Zeitpunkt damit zu beginnen. LEBEN WIR DIESE LIEBE und die Welt wird sich mit uns verändern.

Mit Blick auf die tiefen Krisen in allen Lebensbereichen wäre es mehr als wünschenswert, ja geradezu ein Not-wendender Gnaden- und Liebesakt, wenn sich die Menschen erinnerten, wer sie wirklich sind: D.h. ihrer göttlichen Natur bewusst würden und sich selbst, einander und der Schöpfung in göttlicher Liebe und Wertschätzung begegneten. Jede(r) ist hier angesprochen, zu seinem Wohle und zum Wohle aller.


Bildquellen
Bild 1: kranich17 auf Pixabay
Bild 2: Angelica Vaihel auf Pixabay

Der Weg zum inneren Licht

Innerseelische Demokratie

Der erste Schritt hin zur Heilung der Sozialsphäre ist, dass wir uns näher kommen und Spaltungen überwinden können. Das erfordert Mut zur Offenbarung unseres eigenen Wesens, das wir nicht selten durch allerlei Brimborium und „schauspielerische“ Verhaltensweisen kaschieren, um unsere Unvollkommenheit zu verbergen.

Mit diesem Mut im Blick glaube ich, dass es in jenem, von Werner Binder in seinem letzten Bloggbeitrag vom 17. Januar 2022 beschriebenen, sich mehr und mehr „verdunkelnden kollektiven Energiekörper“, der nichts anderes als die soziale Sphäre der Menschheit ist, darum gehen sollte, in einen sozialen Austausch zu kommen, ein Austausch, der Gegensätze aushält und Reibung zulässt. Es geht dabei um mehr als eine Kultur der Meinungsfreiheit und des freundschaftlichen Streits.

Wir leben in einer Entwicklungsphase der menschlichen Bewusstseinsevolution, die durch Elemente der Verfinsterung gekennzeichnet ist: Antisozialität, gepaart mit Egoismus (als allgemein-gesellschaftliches Phänomen im Umgang miteinander), Narzissmus (zum Beispiel die herablassende Behandlung von kritisch denkenden Menschen) und eine geradezu atemberaubende Bosheit (zum Beispiel der skrupellose Einsatz von 5G-Technik, die hochproblematischen mRNA-Genspritzen und zugleich die Täuschungen und Lügen über deren angebliche Wirkung und Sicherheit, aber auch die kriminellen und verschleiernden Vorgänge um Organspende sowie generell unser Umgang mit der Tierwelt, weitere Beispiele liessen sich problemlos anfügen).

Diese Elemente treten aber nicht selten ganz fein, beinahe unbemerkt auf und sie betreffen jeden Menschen. Wir sind mehr oder weniger alle betroffen.

Ich fasse sie unter der Überschrift „Materialismus“ zusammen. Sie treten besonders krass im politisch-ökonomisch durchsetzten Wissenschaftsmainstream auf: In der Verdingung der Welt und des Menschen als Sache, Bits, Elektroimpulse, biochemische Prozesse, Patterns und Gencodes, Elemente, die neuerdings zur Kontrolle und Machtausübung manipuliert werden sollen, die aber nichts mit dem eigentlichen Wesen zu tun haben.

Dieses abstossend-faszinierde Bild soll den Un-Geist der transhumanistischen Ideologie, die uns zwanghaft aufgedrängt wird und das technoide Denken, das neuerdings wieder um sich greift, zum Ausdruck bringen. Wollen wir in so einer Welt leben?

Wir sehen schnell, dass diese Begriffe der transhumanistischen Ideologie und den in ihrem Dienst stehenden Geschäftemachern eigen sind, die deshalb im Vormarsch sind, weil es allzu viele Menschen nicht bemerken, ja, es sogar gut finden!

All dies erlebe ich als mächtigen Widerstand: Ein Zurückstauen einer sinnerfüllten, menschlichen Entwicklung, durchsetzt von Angst. Hinter diesem dissoziativen, von Unwissenheit über die Tiefendimension geprägten Angst-Seelenraum des Kapitalismus-Neoliberalismus, der ständig zu verlieren droht, was er sich raubend angeeignet hat, steht das Energiefeld einer kosmisch-wesenhaften Urangst, die polar der kosmischen Liebe gegenübersteht. Mit Machtansprüchen geht außerdem immer auch Ohnmacht einher.

Ich bin mittlerweile sicher, dass es unser Schicksal ist, durch diese Zustände hindurchgehen zu müssen, um unsere Individualität zu schärfen und um sie in ein wirklich soziales Miteinander einfügen zu können. Diese Widerstände können unsere Individualität zum Reifen bringen und uns weiter zum Mensch-Sein in Freiheit anregen. Es ist aber ein schwieriges Lernfeld, das nur wirklich verstanden werden kann, wenn wir es karmisch, über unser physisches Dasein hinaus, denken und erspüren.

Es bedarf aber auch eines Wissens über den Sinn und die Funktion von Widerständen.

Ich bin vor allem davon überzeugt, dass gegenwärtig ein wesentliches Werkzeug zur Bewältigung dieses schwierigen Abschnitts unserer gesamtmenschheitlichen Menschwerdung (innerhalb der politisch-sozialen Sphäre) ein demokratisches Verständnis der menschlichen Gemeinschaft ist, und zwar vor allem im Sinne einer „innerseelischen Demokratie“, wie sie gerade der Psychologe Hans Joachim Maaz vielfach beschrieben hat.

Ein (äusseres) demokratisches System kann nur aufrecht erhalten bleiben, wenn es durch wirklich demokratisch gesinnte und handelnde Menschen (innerlich) erfüllt wird und diese wird es nur geben können, wenn Erziehung und Pädagogik/Bildung diese Ziele, ohne weiterhin durch ökonomische und politische Interessen korrumpiert zu werden, zuoberst anstreben, was uns sofort den tieferen Sinn der Idee der „Dreigliederung des sozialen Organismus“, die Rudolf Steiner vor gut 100 Jahren zugrunde gelegt hat, verdeutlicht.

Spätestens der „Corona-Prozess“ hat uns aber gezeigt, wo wir in puncto Demokratie stehen: Von Demokratie hatten wir jahrzehntelang zwar viel geredet. Es wurde viel darüber geschrieben und theoretisiert. In dem Moment, wo sie dringend zur Anwendung hätte kommen müssen (und immer noch angewendet werden müsste), hat sie gründlich versagt.

Das wirft Fragen auf: 1. Ist unser Staatsschulsystem, das uns zu freien Menschen „bilden“ soll für dieses Ziel tauglich? Und die Antwort lautet: Nein! Dieses System war nie zur Bildung von Freiheitsfähigkeit gedacht, sondern zur Einübung von Gehorsam. 2. Hatten wir im realen Handeln der Menschen überhaupt jemals Demokratie oder wurde sie evtl. mit Reichtum und Wohlstand verwechselt? In westlichen Rechtsstaaten ist sie zwar längst systemisch verankert. Innerseelische Demokratie hatten die meisten von uns sicher nicht gelernt, sonst wäre zum Beispiel dieser „Corona-Prozess“ so nicht möglich gewesen, bei der sich selbst bekennende Demokraten nicht selten geradezu unmenschlich und –wohlwollend ausgedrückt- unintelligent verhalten haben. Das gilt ungeachtet der Tatsache, dass neuerdings Gerichte angeblich wieder Recht-Sprechen.

Es mag sicher nicht wenige einzelne Menschen und kleinere Gruppen geben, die, weil sie die Zeichen der Zeit längst erkannt haben, eine Ausnahme bilden: Als große Gemeinschaft steht der Mensch heute (noch) nicht sonderlich gut da. Bienen oder Ameisenschwärme verhalten sich oft intelligenter als Menschenschwärme.

Und allein vom antisozialen Meinung-Sagen-Dürfen kann keine Demokratie leben. Innerseelische Demokratie verlangt nach einem Zuhören-Wollen und nach dem Willen zur Urteilsfähigkeit. Darüber hinaus ist die Prüfung von Sachverhalten wesentlich, auch wenn sie uns unter Umständen noch so gegen den Strich gehen. Alle diese seelischen Eigenschaften sollten in geistiger Freiheit und in einem tieferen Menschen- und Weltbild gegründet sein.

Innerseelische Demokratie ist in der Freiheit reifer Persönlichkeiten gegründet, die zugleich eine spirituelle Tiefendimension in ihr Leben einfügen konnten.

Im Umkehrschluss heisst das auch: Wären wir wirklich soziale und welt- oder kosmozentrisch (Ken Wilber) ausgerichtete Wesen, bräuchten wir keine Demokratie. Und die sind wir nun irgendwie mehr oder weniger nicht.

Demokratie ist die „Schule“ für antisoziale Egoisten und Narzissten: Also für uns!

Barmherzigkeit

Es mag befremden, Demokratie mit Barmherzigkeit in Verbindung zu bringen. Es kann aber verstanden werden, wenn wir Demokratie eben als „innerseelisch“ erweitert denken, dann verliert dieses Wort seinen abstrakten Nimbus und wird menschlich. Um zum Beispiel mit Menschen, mit denen ein schwerer Dissens besteht auf ein und dieselbe Augenhöhe kommen zu können, was für jeden demokratischen Disput im Bereich des sozialen Miteinanders unabdingbar ist, muss der innerseelischen Demokratie etwas innewohnen, was Brücken von Mensch zu Mensch baut, was auf einem Interesse von Mensch zu Mensch beruht und das Menschliche dabei wichtiger als die Sache nimmt. Dann überschreiten wir diese engen Ego-Grenzen und lösen den Narzissmus auf, der, laut Hans Joachim Maaz schlussendlich der Tatsache geschuldet ist, dass wir als Kinder nicht ausreichend geliebt und anerkannt waren.

Diese seelische Freiheitsleistung sehe ich in der Barmherzigkeit. Barmherzigkeit steht im Dienst der Liebe. Barmherzigkeit bedeutet, dass meine Seelenkräfte des Denkens, Fühlens und Wollens eine neue Qualität erreicht haben. Barmherzigkeit lasse ich 1. walten und/oder sie kann mir 2. zu Teil werden und jene Qualitäten in mir anregen. Das wäre Sozialer Organismus statt Sozial-System. So, wie die neuronalen Netzwerke im Gehirn sich durch Verhaltensänderungen des Menschen ändern und lernen, können auch soziale Netzwerke als Sozialorganismen lernen und sich entwickeln, wenn wir Menschen als Geist-Seele-Körper-Wesen verstehen lernen, die miteinander und mit allen Naturreichen, der Erde und dem Kosmos verbunden sind.

Der Transhumanismus mag diese Ansicht verabscheuen. Das zeigt aber nur, um wes Geistes Kind es sich da handelt!

Jemand muss auf jeden Fall damit beginnen die Schwelle der Antisozialität, Egoität und Bosheit zu überschreiten. Das geschieht nur dann, wenn ich gegenwärtig werde, nachdem ich mir zuvor selbst auf der Spur war. Irgendwann schaffe ich es, an und in mir ein bestimmtes Handlungs-Denk-Gefühlsmuster zu erkennen und nicht mehr zu bedienen. Ich komme dann bei mir selbst an und gelange so in den Strom der „tätigen Nächstenliebe“, „ich erfahre eine existenzielle Betroffenheit im Innersten und ein Tun eines Mitmenschen [oder auch bei mir selbst], das mir zu Gute kommt, das mehr ist als bloßes Gefühl des Mitleidens“ (Käte Hamburger). Dann kommen wir möglicherweise zu dieser „Wesens-Atmung […], wenn der Mensch sich mit seiner bewussten Atmung, mit seiner Wesensmitte, dem Herz-Zentrum, verbindet“ (Werner Binder).

Die sieben geistigen Werke der Barmherzigkeit im christlichen Bereich, die da sind:

  1. Unwissende lehren,
  2. Zweifelnde beraten,
  3. Trauernde trösten,
  4. Sünder zurechtweisen,
  5. Beleidigern gern verzeihen,
  6. Lästige geduldig ertragen,
  7. Für Lebende und Verstorbene beten,

sie sind im Grunde in der Bergpredigt des Matthäusevangeliums gegründet. Auf den ersten Blick nehmen im innerseelischen Demokratieprozess, die fünfte und sechste zweifellos einen hohen Stellenwert ein.

Ungeachtet dessen, dass man sich an bestimmten Worten stossen kann, weil sie -scheinbar- nicht mehr in die heutige Zeit passen, stehen hinter diesen Werken seelische Kräfte, die durch Selbstschulung zu erringen sind.

Zunächst sollten wir bedenken, dass jedes dieser Werke einen Aspekt des Gebens und Nehmens beinhaltet, denn wir könnten ja schnell einmal auch die Beleidiger und Belästiger sein und gerne im Zweifel Rat suchen, zu Schuldnern (das alte Wort für Schuldner ist „Sünder“) werden oder in schweren Stunden Trost suchen wollen. So mancher Disput verläuft nicht selten deshalb harzig, weil einer der Partner seine persönlichen Probleme nicht aus der Sache heraushalten kann. Da ist es manchmal angebracht, Trost zu spenden, Verständnis zu entwickeln und Geduld aufzubringen. Wir sollten auch lernen, etwas, was andere besser wissen, anzunehmen, statt narzisstisch abzulehnen. Es kann Wunder bewirken, wenn wir für Menschen, die uns beleidigt haben, beten; wenn wir uns in einer stillen Stunde in sie hineinversetzen um Verständnis zu suchen. Um wieviel fruchtbarer würden demokratische Prozesse, wenn sie durch eine derartige Vertiefung des Seelenlebens gestützt würden!

Es ist ja immer der Balken im eigenen Auge, den wir zu sehen haben statt ausschließlich den Splitter im Auge der anderen.

Alle diese Werke werden nur dann fruchtbar sein, wenn sie mit völliger Freiheit einhergehen, also ohne das Gegenüber zu kompromittieren. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, können wir sie durchaus auch heute noch verstehen.

Widerstand als Bewusstseinszünder

Die Frage nach dem tieferen Sinn von Widerständen ist ein sehr interessantes Feld, das uns tiefere Aufschlüsse über Entwicklung geben kann.

Widerstand kann ich aktiv leisten, dann handelt es sich entweder um eine innerseelische Tat, etwas zu vermeiden, zu umgehen, nicht zuzulassen oder auch um eine äußere, politische Tat, die zuweilen notwendig ist, um Rechte einzufordern.

Widerstand kann aber auch durch die Konfrontation mit einer Person, einer Ansicht, die sie äußert oder einem von außen auf mich einwirkenden Sachverhalt seelisch in mir aufkommen, mich blockieren. Es kann sich auch um ein Krankheitsmuster oder eine Krankheit handeln. Widerstände wirken dann wie Wegweiser: Etwas zeigt sich mir und will angeschaut werden. Wo also Widerstand auftaucht, sollten wir eintauchen statt davonzulaufen. Das gilt auch im kollektiven Bereich. Im Grunde ist ein politisch motivierter Verschwörungstheorie-Vorwurf ein künstlich erzeugter Widerstand, der stets wie ein Wegweiser zur Ansicht des eigentlichen Problems führen wird. Wo auf einzelnen Menschen herumgehackt wird, liegt oft „der Hund begraben“, wo Antipathie im Spiel ist ohnehin.

Was nun, wenn wir unser inneres Licht erst dadurch kennen lernen, wenn wir durch jene zu Beginn skizzierten Widerstände hindurch gehen? Ich bezeichnete es als Schicksalsaufgabe der gesamten Menschheit.

Hinter der Totenmaske des Materialismus mit seinen destruktiven Wirkfeldern steht das lebendige, innere Licht.

Was Licht in der Wirklichkeit, also in der Sphäre jenseits der physischen Natur, aus der tatsächlich alle Wirkungen kommen, ist, steht zwar auf einem anderen Blatt. Das physische Phänomen jedenfalls entsteht ausnahmslos dadurch, dass durch Reibung Wärme und dann Feuer, Flamme, Helligkeit entsteht; auch Sonnenlicht ist an sich unsichtbar. Erst dadurch, dass es auf Materie fällt, wird es sichtbar.

Materie als erloschenes und verdichtetes Licht bietet immer Widerstand. Der Materialismus als Summe jener verfinsternden Widerstandsfelder ebenso. Daraus können wir schließen, dass der Materialismus selbst, der alle Widerstandsfelder in sich einschließt, angeschaut werden will. Die Überwindung des Materialismus steht zuoberst auf der Prioritätenliste! Wir sollten in ihn eintauchen und ihn verstehen lernen statt uns vor ihm ausschließlich in luftige esoterische Höhen oder niedere konsumistische Gefängnisse zu flüchten.

Erst im Zentrum der materialistischen Illusionswolke ist die Türe zum Raum einer sinnerfüllten erneuerten menschlichen Gemeinschaft zu suchen, denn ein konsequent zu Ende gedachter Materialismus weist über seine Grenzen hinaus in die Geistige Welt.

Reiben wir ein Streichholz an der Schachtel, entstehen Feuer und Rauch. Zugleich vergeht Materie. Etwas stirbt dadurch. Der Lichtprozess ist zugleich ein Todesprozess, der wandelt: Physisches vergeht, Geistiges ersteht.

Der Materialismus muss erst sterben, damit Geisterkenntnis und soziales Heil erstehen können. Hier spielt die Verwandlung unseres Denkens eine wichtige Rolle.

Gedanken entstammen -aus Sicht der anthroposophisch erweiterten Geisteswissenschaft- nicht dem Gehirn. Sie sind wesenhaft außerhalb von uns -der gesamte Kosmos ist aus Gedanken aufgebaut- sie nehmen lediglich ihren Sitz in uns. Wir ergreifen sie oder schaffen sie selbst. Eigene Gedanken sind neue Wesen. Ihre Qualität, die wir selbst bestimmen können, entscheidet, ob sie Dämonen oder hilfreiche Geister sind. Sie werden erst durch den Widerstand des physischen Gehirnapparates bewusst. Das allein ist der Sinn des Gehirns, das neuerdings zum „Schlachtfeld des 21. Jahrhunderts“ erklärt wurde (Dr. James Giordano; Waffenexperte).

Der alltägliche Denkprozess des Verstandesdenkens ist ein Todesprozess, weil er an das Gehirn als Materie gebunden bleibt. Mit jedem Denkvorgang wird im feinstofflichen Bereich in uns Materie zerstört, die des nachts, wenn wir außerhalb unseres Leibes weilen, wieder, aber nicht vollständig regeneriert wird, deshalb müssen wir schlussendlich unseren Körper irgendwann wieder verlassen. Doch Sterben ist ein Vorgang, der sich auch seelisch-geistig vollziehen kann.

So schließt sich ein Kreis: Erst ein Sterben in alten Gewohnheiten, hier die materialistische Theorie, verursacht durch eine neue Qualität des Denkens-Fühlens-Wollens, führt zur Entstehung einer sinnerfüllten menschlichen Lebensform. Wenn sich unser Denken vom Leib und Gehirn löst als reines und lebendiges Denken, überwinden wir den Materialismus. Das führt zur Erneuerung unserer gesamten Kultur und Lebensweise.

Inneres Licht

Wenn Werner Binder in seinem letzten Bloggbeitrag beschreibt:„Der Aufgang der inneren Sonne ist eine erfahrbare Realität. Es ist DIE WIRKLICHKEIT.“, so kann das bedeuten, dass erst die Kraft, die wir durch die Überwindung der Verfinsterungselemente generieren jenen inneren Sonnenaufgang, der uns auch barmherzig werden lässt, ermöglicht.

Ich verstehe die „Verdunklung des kollektiven Energiekörpers“, die sich in jener zuvor genannten Trias Antisozialität–Egoismus–Bosheit zeigt, als ein Zeichen. Wir sind an einer Grenze angekommen, an der jetzt nicht mehr weggeschaut werden kann, auch wenn man es noch so gerne täte. Etwas wird offenbar, das sich vorher noch irgendwie hinter leeren Begriffen wie „Humanismus“, „Rechtsstaat“, „Bio“, „Sozialstaat“ verstecken konnte.

Die Macher des Angstsystems und jene transhumanistisch Verirrten, die doch auch unsere Mitmenschen und selbst von Angst getrieben sind, versuchen es neuerdings wieder mit neuen Worthülsen wie „Klimagerechtigkeit“, „Organspende“, „Freiheit durch Impfen“, „Kriegsverhinderung durch Waffenlieferung“, „Geiz ist geil“, „Great Reset“ und werden damit grandios scheitern, denn es wird offenbar, was aufscheint.

Lassen wir den Transhumanisten in Freiheit Barmherzigkeit zukommen!

Erst am Abgrund, wenn es nicht mehr vor oder zurückgeht, werden wir das Licht in uns gewahr werden. Dieses spricht zum individuellen Menschen, auch und gerade jetzt. Ohne diese innere Hilfe werden wir scheitern. Doch der Mensch will es immer noch arrogant und narzisstisch übergehen und meint, sich selbst durch die Maschine verbessern zu können oder, unter Ausschluss des Menschen, gleich die Maschinen das tägliche Geschäft verrichten lassen, weil er als „Homo Sapiens“ angeblich nicht weiter entwicklungsfähig ist.

Wird uns vieles genommen, wofür die gegenwärtige Entwicklung -Stichwort „Great Reset“- spricht, können wir demzufolge auch immer weniger verlieren. Das Licht in uns wird dadurch deutlicher, Menschen stellen Fragen, die zuvor noch nicht in ihrem Bewusstseinshorizont aufgetaucht waren.


Bildquellen:
Bild 1: Wolfgang Eckert auf Pixabay
Bild 2: Dmitriy Gutarev auf Pixabay

über uns

Wer sind die «Freunde von Werner»

Wir verstehen uns als Kerngruppe, die die Initiative ergriffen hat, diesen Blog weiter zu führen und Werners Nachlass zu verwalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Weitere Mitwirkende und Gastautoren sind herzlich willkommen.


Unsere Mitwirkenden und Autoren

Joachim Pfeffinger, Architekt und Musiker, Jahrgang 1960, ist in der Schweiz verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.

Er arbeitet neben seinem Hauptberuf als Architekt auch als Musiker in verschiedenen Besetzungen und widmet sich seit 10 Jahren auch intensiv dem Komponieren.

Werner Binder ist er 2005 an einer HOLON-Sommertagung erstmals begegnet. Seit dieser Zeit pflegte er mit ihm einen freundschaftlichen und intensiven Austausch über die Zukunft der menschlichen Gemeinschaft im Licht einer individuell-spirituellen Entwicklung.

«Es scheint mir wichtig zu sein, mit Interessierten und von den Vorgängen der heutigen Zeit betroffenen Menschen im Sinn und Geist von Werner Binders Denken einen intensiven Austausch zu pflegen. Wirkliche Veränderung beginnt in uns als göttlich-geistige Wesen, Gemeinschaft entsteht durch eine gemeinsame geistig-spirituelle Ausrichtung individueller Menschen.»

  • Co-Autor, Redaktor, „Archivist“ – er strukturiert und erfasst Werners Nachlass

Mona Lange ist spirituelle Begleiterin und Mentorin. Sie betreibt den kostenlosen YT-Kanal «Göttliche Liebe».

Dort möchte sie dem Göttlichen in großer Unmittelbarkeit einen Raum und eine Stimme geben, d.h. ohne Bezug zu einer formalen Religion. Sie sieht darin einen evolutionären Beitrag für diese Zeit.

Werner Binder ist sie über seinen Blog erst wenige Monate vor seinem Tod begegnet und hat sich von dessen Inhalt und seelischer Tiefe sehr angesprochen gefühlt.
 
Sie fühlt sich gerufen die Werte, die hier von Werner Binder geschaffen wurden, mitzutragen und weiterzugeben. Gerade durch die seelisch-geistige Berührung kann eine Erweckung des Menschen geschehen, hin zu seiner wahren göttlichen Natur.

  • Lektorat, Co-Autorin

Karin Christina Niederberger,
Kreativ-Therapeutin, Gestalterin, Typografin, 1972. Von 2017-2022 lebte sie in Südfrankreich als Mitbegründerin einer Gemeinschaft. Seit 2023 lebt sie mit ihrem Lebenspartner wieder in der Schweiz.

In Ihrem Wirken geht es um Kreativität, Spiritualität und Heilwerden. Sie arbeitet freiberuflich und ist in kreativen und lebensdienlichen Projekten engagiert.

Werner Binder lernte sie 2013 in der „Integralen Politik“ kennen. Durch die gemeinsamen Interessen an der gesellschaftlichen Entwicklung und zentralen, im spirituellen gründenden, Lebensfragen entfaltete sich eine tiefe Freundschaft.

«Es braucht Menschen, die spirituell ausgerichtet und in sich fest verankert und fähig sind, in Liebe zu handeln dadurch die Kraft aufbringen gesellschaftliche Normen und politisch/wirtschaftliche Machtgefüge zu hinterfragen und neue Wege aufzeigen. Für mich war Werner Binder solch ein Mensch. Er lebte die Christuswirklichkeit, inspirierte und half so vielen Menschen. Diesen Geist will ich gerne weitertragen.»

  • Betreuung Webseite, Newsletter, Bücherversand, Co-Autorin