Gefühle sind eine Tätigkeit der Seele, die Gemütsbewegungen erzeugen. Grundgefühls-Ströme werden als Stimmungen wahrgenommen. Farben und Töne sind mit den Gefühlen verwandt.
Gefühle sind Ausdruck unserer Lebendigkeit – ohne sie wären wir starr und tot. Gefühle korrespondieren mit Wasser, sie sind von fliessender und wechselnder Natur. Sie sind Ausdruck unserer weiblichen Seite.
In diesem Beitrag verwende ich die Worte Gefühle und Emotionen synonym, unterscheide sie also nicht.
Ich behandle hier ein komplexes Thema und ich bin mir nicht sicher, ob es mir gelingt, es verständlich zu machen.
Zwei These
Erste Behauptung: Diese lautet, dass wir nur gesund, frei und authentisch bleiben, wenn wir unsere Gefühle wahrnehmen, sie ernst nehmen und ausdrücken. Tun wir es nicht, empfinden wir uns als unlebendig, dumpf und werden früher oder später seelisch und/oder körperlich krank.
Die Tiefen-Ökologin Joanne Macy betont immer wieder, dass sie es sehr wichtig findet, unsere Reaktionen von Schmerz und Trauer über die Zerstörungsprozesse auf der Erde auszudrücken, sie nicht abzutöten und sie mit anderen Menschen zu teilen.
Zweite Behauptung: Diese lautet, dass wir uns von unseren Gefühlen de-identifizieren sollen. Es empfehle sich, uns hinter unsere Gefühle zu stellen, um uns ihrer beobachtend gewahr zu werden. Wir sollten uns nicht von ihnen hinreissen lassen, da sie Teil unseres kleinen Ichs seien. Dieses würde sich aufblähen, wenn wir uns von unseren Emotionen vereinnahmen lassen würden.
Diese zwei Thesen sind eine Art von Glaubens-Bekenntnisse. Die eher psychologisch sozialisierten Menschen, richten sich eher nach der ersten These aus, die spirituell orientierten halten sich eher an die zweite These.
Weil wir Menschen unter einer Art Zwang stehen, bei polaren Sichtweisen, uns auf die eine oder andere Seite zu schlagen, bevorzugen wir eine der zwei Seiten eifrig und neigen dazu die beiden Aspekte gegeneinander auszuspielen.
Ich halte beide Positionen für wahr und stimmig. Sie erscheinen als paradox. Sind sie dennoch vereinbar?
Im Folgenden mache ich einen kleinen Exkurs in zwei Wirklichkeits-Bereiche, in den Bereich der Welt der Formen und jenen der formlosen, absoluten Welt:
Die Welt der Formen
Gefühle, wie auch Gedanken, gehören zur Welt der Formen, wie die materielle Welt auch.
Hier ist die Vielfalt der relativen Welt.
Die Formen-Welt können wir auch als einen grossen Tanz betrachten, der wellen -oder kreisförmig verläuft. Es ist eine Welt des Kommens und des Gehens, des Erscheinens und des Verschwindens, des Auf- und Ab und des Hin- und Her.
Das Fliessende, Bewegliche ist das hervorragende Merkmal der Formenwelt, der relativen Welt.
Das Formlose, Ruhende, Immerwährende
Das Absolute, Immerwährende ist in ewiger Stille. Es ist das Bleibende, das Unerschaffene, das Unbegreifliche, die Leere, die Potentialität.
Hier ist Einheit.
Aus diesem göttlichen Bereich emaniert die Welt der Formen, die Schöpfung. Wir können auch von Ursprung und Quelle sprechen.
Zurück zu den Gefühlen:
Gefühle, entstanden aus dem ego-zentrischen Ich – Gefühle aus dem höheren Selbst
In der Welt der Formen existieren auch viele unerlöste Formen, also vom egozentrischen Ich ausgelöste Gefühle, die niederdrückend, depressiv und möglicherweise auch krankmachend wirken, wie Hass, Groll, Neid, Scham, Ekel, etc.
Gefühle (Zustände), die aus dem höheren Selbst, also direkt aus dem Geist emanieren (ausstrahlen), entfalten, führen uns dem Leben zu. Ich denke hier vor allem an Freude, Friede, Zärtlichkeit und Empathie.
Das Paradox
Die Wahrheit mag es, sich im Paradox zu verstecken.
Wenn auf der einen Seite gesagt wird, dass es nötig sei, Gefühle auszuleben, um lebendig und gesund zu bleiben, und auf der anderen Seite aufgefordert wird, sich nicht mit den Gefühlen zu identifizieren, so kann man hier von einem Paradox sprechen. Zwei, sich scheinbar nicht zu vereinigende Standpunkte stehen sich gegenüber. Das sich scheinbar Ausschliessende kann aus der Sicht der Mitte heraus zur Ergänzung werden:
Der Raum der Mitte
Aus dem Blickpunkt der Mitte, wo Weite und Ruhe ist, sind die beiden Positionen zu vereinen, ist es uns möglich, sowohl distanziert, wie auch mitfühlend und liebend in die Gefühlswelt hinein zu blicken und gleichzeitig von der Gefühlswelt involviert zu sein, die Gefühle zu leben und sie ruhig zu betrachten. Bevor diese Gleichzeitigkeit möglich ist, wird sich zuvor ein Oszillieren zwischen den beiden Zuständen einstellen.
Damit leben wir in Verbindung zum Absoluten und zur Gefühlswelt (der relativen Welt der vorübergehenden Formen). – Im Herz des Tänzers ist es still.
Die Höherentwicklung der Seele
Gelingt es uns, die Verbindung mit der geistigen Welt (mit dem Absoluten) immer öfter und besser aufrecht zu erhalten, so kann geistige Energie und LIEBE in unsere Alltagswelt und somit auch in unsere Gefühlswelt fliessen.
Dadurch bauen sich die höheren Gefühle von Freude, Friede, Seligkeit und Empathie, die auch Bewusstseinszustände sind, auf, und die ego-gesteuerte Gefühlswelt verliert an Macht und Einfluss, ohne aber zu versiegen.
Dem Menschen ist es gegeben, Übergang und Verbindung zwischen den genannten Welten zu sein. ICH BIN DER WEG, sagt das innere Christus-Selbst. Stellen wir uns diesem Fluss zur Verfügung, so kann in beide Richtungen Liebes-Energie fliessen: von der himmlischen Welt zur Erde und umgekehrt. Damit können wir Menschen der Erdenwelt «Nahrung» zukommen lassen – Nahrung, welche die Erde und die Menschheit so dringend braucht.
Und die unedlen Gefühle?
Doch auch die weniger edlen Gefühle (z.B. Neid) wollen angenommen und verstanden sein. Nur was geliebt ist, löste sich zur rechten Zeit auf, oder verwandelt sich in ein Höheres.
Im Herz des Tänzers ist es still.