Metamorphose

Zunehmend schwindet mein Glaube an eine erträumte und geplante Weltveränderung, die ausschliesslich aus den Händen des Menschen kommt. Ich halte die Welt immer weniger für reformierbar.
Ich glaube, dass es eine umfassende Metamorphose des Menschen braucht, damit wir uns auf einer höheren Bewusstseinsebene wiederfinden können. Dazu gehört vor allem der Respekt vor dem Leben und das Wissen, dass dieses aus bedingungsloser LIEBE hervorgeht.

Es ist mir bewusst, dass im ersten Teil so etwas wie Kompromisslosigkeit mitschwingt, was vielleicht abstösst. Es war und ist mir offensichtlich ein Bedürfnis darauf hinzuweisen, dass der Ausschluss jener uns übersteigenden Weisheit, welche die Schwingung der Heiligkeit enthält, uns von uns selber trennt und das Wachsen des Lebens behindert. Diese Schwingung hält alles zusammen und ohne sie, verliert sich, atomisiert sich die Menschheit.

Ich glaube nicht daran, dass eine tiefgreifende Wandlung der Gesellschaft mit bloss kognitiven und technischen Mitteln möglich ist. Auch nicht mit Hilfe künstlicher Intelligenz, Robotik und Biotechnologie. Die Welt ist kein planbares Objekt.
Nein.
Der sich seinem Zentrum verschliessende Mensch verfällt zunehmend der Illusion, selbstherrlich die Welt und sich umgestalten zu können.
Eine reifere, weisere und menschlichere Gesellschaft ist nicht herzustellen, ist nicht zu machen. Auch mit den besten und kühnsten Idealen und Plänen nicht.
Nein.

Forcierter Eigen-Wille trennt. Hybris trennt – so hoch und imposant wir unsere Türme auch bauen.

Die Verachtung des Unfertigen und Gebrechlichen schwächt den Menschen. Das zeigt uns u.a. der Faschismus.

Die Zeit, wo wir noch glaubten, durch Reformen und Renovationen die Welt zum Besseren lenken zu können, scheint mir vorbei gegangen zu sein. Ich glaube, dass wir die Zeit, die uns gegeben wurde, verbraucht und verschlafen haben.
Die Zerrüttung ist nicht aufzuhalten.

The great reset (Das Thema des baldigen WEF und gleichzeitig der Buch-Titel von Klaus Schwab’s neuem Buch), der Neu-Start zu einer neuen, besseren Welt-Ordnung, ist mit Geld, Intelligenz und Planspielen nicht zu haben.
Nein.

Letztlich ist eine durch Manipulationen und Überwachungen, durch künstliche Intelligenz und Automatisation konstruierte «bessere» Welt für mich eine Illusion.

Die Metamorphose ist notwendig, weil die Systeme morsch geworden sind – aber nicht so.

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Bei Ausschluss des Numinosen gibt es keine wirkliche und nachhaltige Entwicklung.
Ohne Gott keinen Menschen, keine Entwicklung, kein Leben. Ohne Geist und ohne Seele: Zerfall.
Der Mensch lebt einerseits in der zeit-räumlichen Welt der vorübergehenden Formen der Erscheinungen. Diese relative Welt ist sterblich. Hier ist ein Kommen und Gehen, ein Werden und Vergehen. Und gleichzeitig sind wir im Unvergänglichen verwurzelt. In der Stille des Seins. Diese beiden Seiten bilden eine Ganzheit, bilden den ganzen Menschen. Dieser spürt, weiss, dass in allen Dingen der Geist ist. In traditioneller Sprache: Gott wohnt in allen Dingen. Er ist in allem anwesend. Alles ist vom Geist durchatmet. Dieses Wissen bildet die Grundlage der schöpferischen Potenz des Menschen. Wer die geistige Grundlage verleugnet oder abwertet ist nur halb inkarniert, hat sein Haus auf Sand gebaut.
Nun gibt es eine Macht-Elite, die eine Welt zu prägen gedenkt, die einseitig auf der materiellen Ideologie der rationalen Machbarkeit basiert. Wir sollten sie nicht verdammen, aber auch nicht zu Tische bitten. Nicht sie sollte uns den Wein einschenken.

Wir können nicht auseinanderreissen, was zusammengehört.

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Die Metamorphose ist ein Geschehen der Liebe, also nichts, was gemacht werden kann.

Die Blüte, wie wunderbar! Noch vor kurzen war sie eine Knospe.
Das Aufgehen der Knospe und das Hervorgehen der Blüte … was für ein Wunder. Ein wundersames, numinoses Geschehen.

Wir können uns der Metamorphose, ob individuell oder kollektiv nur hingeben. Sie herstellen zu wollen wäre naiv. Sie ist ein göttliches Geschehen, dem wir uns zur Verfügung stellen dürfen, dem wir dienen dürfen – in Demut.
Demütige Schöpfung – sanfte Freude eines Geschehens, dem wir zustimmen.

Wenn wir zustimmen, uns der Metamorphose zur Verfügung zu stellen, kann das vielleicht zu unserem Tode führen, der uns in eine neue sensiblere Leiblichkeit führt.

In Verbundenheit und im Fühlen der Einheit des Geschaffenen geschieht die neue Schöpfung, die neue Menschheitsphase, die am Horizont aufgetaucht ist.

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Indem sich der Mensch öffnet, verwandelt er sich. Wie die sich öffnende Knospe, die dadurch zur Blüte wird.

Der Mensch erblüht dadurch, dass er sich vertrauensvoll öffnet.
Dass es so einfach geht, ist vielleicht für Viele ein Ärgernis. Wir haben doch gelernt, dass alles grosser Anstrengung bedarf. Insbesondere die Umwandlung in ein Höheres. Wenn wir etwas durch grosse Anstrengung erworben haben, ist es gemäss unserer Erziehung wertvoller, als wenn wir es geschenkt bekommen haben. «Selbst» ist der Mann, so heisst es doch. Verachten wir vielleicht Hingabe? Ist sie uns zu weiblich? Wir wollen doch sicher sein, dass wir genau das bekommen, was wir angestrebt haben. Das «Geschehen-lassen» verunsichert uns.

Es denjenigen gütigen Kräften zu überlassen, die sich unserer Kontrolle entziehen, ist wahres Vertrauen, echte Hingabe. Diese Qualität macht uns zu Menschen.

Das Leben, die Gnade, die schöpferische Kraft fliesst in das sich öffnende Herz.
Das sich öffnende Herz ist der Beginn der menschlichen Metamorphose.

Das Herz, das sich öffnet (und damit auch das Auge des Herzens) und die Wandlung des Menschen sind eines.

Das offene Herz ist die vollendete Metamorphose, der vollendete tiefgreifende Wandel des Menschen und der Menschheit. Die Geburt des Kindes, das seine Augen öffnet.

Indem sich das Herz öffnet, geschieht die Metamorphose im Einklang mit der göttlichen Quelle allen Seins.

Ja, im Einklang.