Die Kluft

Wenn ich nach aussen schaue, in die Welt, wie sie sich mir präsentiert, fallen mir kalte Schauer über den Rücken. Da sehe ich den Menschen, wie er sich selber reduziert auf einen Körper mit Hirn, welches denkt und sich optimieren möchte – und schon dieses Wort optimieren fügt mehr Kälte hinzu.
Menschen hinter ihren Geräten – es sind mehrheitlich Männer – zwischen Resignation und Sucht. Glitschige Oberfläche soweit das Auge reicht. Die Öffentlichkeit: Schaufenster des Kapitalismus. Ebenso die Massenmedien.

Mich friert. Jetzt vor Weihnachten noch mehr.
Ich lese, dass wir uns in einer Phase massiver militärischer Aufrüstung befinden. Seit langem und niemand scheint darüber aufgebracht zu sein – ausser Gorbatschow, der einst die Aufrüstung durchbrach und Abrüstungsverträge einleitete.

Greta Thunberg wird verunglimpft als Marionette. Was Fake ist und was nicht, ist unklar. Die Digitalisierung ist selbsttätig geworden. Wer hält die Zügel? Die Algorithmen.
Wer sind die Verschwörer und wer schreibt die Verschwörungstheorien?

Und der Mensch? Wo ist er geblieben. Verschleppt in eine Steinwüste? Der Mensch, von dem nur noch der Körper und ein unzulängliches Hirn geblieben ist, der nano-technisch und medikamentös in einem scheinbaren Gleichgewicht gehalten wird.
Der Mensch, reduziert auf Körper und rationales Denken, resigniert, auf mehr Technik wartend.

Trauer.

Ich erfahre und erlebe den MENSCHEN, strahlend im Licht, unfassbar geliebt, beschenkt von strömendem Licht, von LIEBE, in welcher er zu sich findet, aufsteht und sich erkennt in seinem endlosen Reichtum. In unfassbarer Fülle. Der Mensch, der sich in der Erde erkennt und in den himmlischen Lichtwelten, die ihn in zärtliche Lichtwellen einhüllen und beschützen und seinen Lichtkörper hervortreten lassen. Der Mensch in seinem Mitgefühl, welches ihm gegeben worden ist als Anteilhabender und als solcher verbunden mit allem was bedürftig ist und nach Leben strebt. Der Mensch in Beziehung mit allem, was lebt.

Die Kluft, von tiefer, schwerer Trauer erfüllt.

Wenn der Mensch auch die Erde ist, auf der er lebt, dann muss er sich eingestehen, dass er die Erde, auf der er lebt, verbraucht, also isst – eine Form von Kannibalismus.
Er verbraucht sich. Er ist zum Verbraucher geworden. Also beziehungslos.
Ein Selbst-Ausbeuter. Er hat seinen Körper weggegeben, überstellt an pharmazeutische und digitale Einrichtungen. Er läuft mit der Uhr, dem Pulsmesser, dem Mini-EKG-Gerät, dem Chip.
Er ist seinem Körper entfremdet. Er ist entkörpert. Bleibt da noch Eros? Weshalb dieser Hass auf den Körper, versteckt hinter Körperkult?
PS: Ist das alles übertrieben? Ja, zweifellos, doch in der Tendenz vermutlich ziemlich zutreffend.

Die Kluft aus Angst, Trauer und Einsamkeit, das Weinen von Kindern.
Die Kluft, zwischen dem Menschen, wie er gemeint ist und   dem Menschen, wie ihn Mächte (die auch in uns wirksam sind) reduzieren wollen zu einem steuerbaren Verbraucher, tut weh. Doch diese Kluft auszuhalten ist notwendig.

«Ich gebe euch alles, was ihr braucht. Es reicht, wenn ihr die Türe öffnet. Es wird euch alles zufliessen, was ihr braucht, sofern ihr es zulässt. Es ist euch alles gegeben, hingegeben, da ihr geliebt seid. Grenzenlos. So werdet dann, was ihr seid.»
In Stille empfängt der Hörende diese Botschaft, – und andere schmettern diese Botschaft an die Wand.

Die Kluft. An der dunkelsten Stelle der Schlucht in erdrückender Einsamkeit hat jemand ein Feuer entfacht.
Ein wärmendes Feuer entfacht.

Das Beitragsbild, ein Aquarell von Werner Binder zeigt, wie das Feuer allmählich den Abgrund, die Kluft, in einen Kelch verwandelt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert