Im Nebelgrau

Gestern:

An meinem Essensplatz mit Blick aus dem Fenster (siehe Beitrags-Bild) beobachtete ich einen grossgewachsenen Mann in schwarz mit zwei kleinen Kindern in orange durch den nassen Schnee waten. Sie waren auf der Spielwiese. Die Kinder liessen sich in den Schnee fallen und schoben Schnee vor sich her. Der Mann, wahrscheinlich der Vater, stand regungslos daneben und telefonierte. Die Kinder bewarfen ihn dann mit Schneebällen, die er, immer noch regungslos, über sich ergehen liess. Die Kinder wandten sich wieder der schnee-nassen Wiese zu, während der Schwarze immer noch telefonierte.
Ein paar Minuten später verliessen die drei diese Wiese, langsam, bummelnd, mir schien es friedlich. Einmal schwarz, zweimal orange.

Zum ersten Mal seit über hundert Blog-Beiträgen spürte ich keinen Drang, einen weiteren Beitrag zu schreiben. Sollte ich eine längere Pause einlegen?

Der Nebel hing den ganzen Tag über. Der kleine Berg, rechts hinter dem Bahn-Trasse (nicht zu sehen auf dem Bild) mit dem neu-romantischen Restaurant-Schlösschen war zur Hälfte vernebelt. Der obere Berg-Hang war überzuckert mit ein bisschen Schnee. Die Bäume kahl, Felsen dazwischen, sonst grau.

An diesem Tage hatte ich keine grossen Gefühle, keine starken Gedanken. Das Nebelgrau aussen und innen überwog.

Es freute mich – ein bisschen- dass die rosa Orchideen auf dem Fenstersims nun voll erblüht waren (siehe Bild), während die Bäume draussen nur noch schütteres Laub trugen (so wie ich Haare). Dazwischen Schneereste, Wiesengrün, alles in braun und grau gehalten.

An diesem Tage bewegte mich nichts wirklich.

Ich fühlte mich stumpf, versunken im Nebelgrau.

Der Güterzug dort hinten (rechts vom Beitragsbild), wirkte endlos lang, ebenfalls in braun und grau.

Kaum war die Morgendämmerung vorbei, brach die Abend-Dämmerung an. Bald haben wir den kürzesten Tag – endlich.

Am Morgen hatte ich die Küche aufgeräumt, am Nachmittag ging ich einkaufen, unter anderem Fisch und Spinat für den morgigen Besuch, für jene zwei liebenswerten Frauen – zur Ehre der einen, welche ihren 70-sten Geburtstag mit uns feiern würde.

Ich fand, dass ich ein gutes Leben habe, inklusive jener nebelgrauen Tage, die manchmal über mich kommen, sowie mich der Spätherbst immer an eine lange Tunneleinfahrt erinnert – nun die fünfundsiebzigste.
Ich bin ein Sonnenmensch.

Es ist mir gewiss, dass wir alle Lichtgeborene sind. An diesem Tag war alles überzogen und ermattet im Grau des Nebels, in meiner Trübsal, die ich manchmal empfinde, zum Beispiel, wenn ich die Tagesschau betrachte oder die müde, maskentragende Verkäuferin in «meinem kleinen Tankstellen-Laden», gleich vis-à-vis. Sie trug ihre Maske tapfer, so schien es mir, wie Viele.

Am Abend – endlich! – trank ich Tee und Wein und lass in meinem Psychothriller mit geringer Beteiligung am Geschehen. Keine Tagesschau.

Die Nacht zog sich dahin, zog sich in die Länge. Ich erträumte eine echt heilende Medizin, eine Art von Vision, und dachte an Sinnlichkeit und Erotik. Heilung, Sinnlichkeit und Erotik: diese drei! Wie wichtig sie mir sind.
Am Morgen fand ich zu einem tieferen Schlaf, träumte auch und erwacht am Morgen hell-gestimmt.

Claptons „Autumn Leaves“ bringt das nötige Gold in die herbstliche Trübe und erzeugt jene Wehmut, die einfach nur schön ist. Einfach zurücklehnen und geniessen.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert