Göttliche Liebe

Im Hohelied der Liebe heißt es (auszugsweise):

Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete,
hätte aber die Liebe nicht,
wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke.
Die Liebe ist langmütig,
die Liebe ist gütig.
Sie ereifert sich nicht,
sie prahlt nicht,
sie bläht sich nicht auf. Sie handelt nicht ungehörig,
sucht nicht ihren Vorteil,
lässt sich nicht zum Zorn reizen,
trägt das Böse nicht nach.
Sie freut sich nicht über das Unrecht,
sondern freut sich an der Wahrheit.
Sie erträgt alles,
glaubt alles,
hofft alles,
hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf.

Das ist so schön und wahr, dass es mich immer wieder zutiefst im Inneren berührt.

Mir begegnete die göttliche Liebe, von der hier die Rede ist, erstmals vor ca. acht Jahren. Und sie schenkte sich mir völlig unerwartet. Man kann dieses Empfinden nicht wirklich beschreiben, so rein, klar, zart und schön ist es. Ja, man liest davon und doch ist das Lesen mit Blick auf die wirkliche Erfahrung fast nichtssagend.

Radikale Umkehr
Zu dieser Zeit war ich bereits einige Jahre durch Krisen und Schicksalsschläge gegangen und eine radikale Umkehr in meinem Leben hatte begonnen. Letzteres war mir derzeit noch nicht vollends bewusst. Und dann in Todesnähe eines geliebten Menschen geschah es, dass sich mir diese tiefere Wahrheit offenbarte – als ob der Himmel sich für mich öffnete. Ein Erleben wie nicht von dieser Welt, unbeschreibliche Liebe, Güte und Glück wurden erfahrbar. Und das für ca. eine Woche.

Damals hat mich die göttliche Liebe in ihrer unsagbaren Zärtlichkeit wie ein Wunder aus einer anderen Welt berührt, meine Augen für eine höhere Wirklichkeit geöffnet und tiefe, heilsame Prozesse in Gang gesetzt. Es folgte ein langer beschwerlicher Transformationsweg, den ich nach dieser ersten Begegnung zu gehen hatte. Denn ich konnte diese höhere Lebensebene, die ich so wunderbar erfahren hatte, nicht halten. Zu viele „Altlasten“ und kollektive Dunkelheit zogen mich wieder zurück in eine Normalität, die ich nicht mehr leben wollte. Mein „Läuterungsweg“ bestand im Wesentlichen aus der Auflösung von Konditionierungen, Glaubensätzen sowie der Heilung von tiefsten Traumata. Und das war kein Spaziergang.

Die ganze Zeit über begleitete und führte mich die göttliche Liebe durch meine Seele, anfangs mal mehr und mal weniger erfahrbar. Und ja, ein Vertrauensverhältnis zu dieser neuen höheren Ebene wollte erst aufgebaut werden. Heute erlebe ich fast uneingeschränkt eine liebende höchste Anwesenheit oder einen stillen und weisen göttlichen Geliebten als zutiefst empfundene innere Wahrheit. Mittlerweile erachte ich das Erfahren der göttlichen Liebe sowie einer höheren Wahrheit von unermesslicher Bedeutung für uns alle und die Schöpfung – gerade in diesen Zeiten.

Göttliche Liebe – eine Betrachtung
Nachfolgend zunächst einige erläuternde Worte zur göttlichen Liebe: Mit göttlicher Liebe meine ich eine überpersönliche Liebe, die sich auf alle Lebewesen, die gesamte Schöpfung und den Kosmos bezieht. Sie kann im Herzen, im Geist und im gesamten Körper des Menschen, bis auf die tiefste Zellebene hinab, als fühlende Selbsterkenntnis und tiefe Liebe erfahrbar werden. Im Grunde genommen ist es eine göttliche Selbstberührung von höchster Intensität, wie sie nicht behutsamer, einfühlender und wahrer sein könnte. Eine zutiefst natürliche Liebe, die einfach und in großer Selbstverständlichkeit bedingungslos für uns und die gesamte Schöpfung da ist. Sie zeigt sich als Ursubstanz und Urimpuls allen Seins. Wie aus dem Nichts heraus offenbart sie sich und berührt alles in sanfter Liebkosung, durchströmt es mit erhabener Leichtigkeit. Dabei ist sie höchst verständig und weise, nie wertend oder beurteilend, leise fließend, umhüllend, heilend, tröstend und alles durchdringend. Man kann das Ganze als eine unbedingte Zugewandtheit des Göttlichen und ein tiefstes Selbstverständnis einer höheren Art begreifen. Es verändert unser Leben, wenn wir uns für diese Liebe öffnen und empfänglich werden, den Mut haben uns ihr hinzugeben, von ihr berühren zu lassen und ihrer Wahrhaftigkeit zu vertrauen. Eine große Heilkraft liegt in diesem Prozess. Ein Sehnen in uns, das seinen Zielort gefunden hat. Man könnte sagen, mit dem Erwachen zur göttlichen Liebe erhebt sich die Schöpfung zum Göttlichen und findet in sich selbst Erfüllung. Der höchste Geist und die Offenbarung in der Materie vereinen sich: Die göttliche Vollendung findet ihren Höhepunkt.

Fatalerweise verhindern oftmals harte und auch angstbesetzte Schutzschichten, die aufgrund früher Verletzungen und aus Unbewusstheit gegenüber der tieferen Wahrheit entstanden sind, genau diese höchste göttliche Bestimmung. Wir haben durch Konditionierungen und traumatische Prägungen individueller und kollektiver Art meist den Kontakt und Zugang zu unserem göttlichen Innersten und dieser Liebe verloren. Und das seit geraumer Zeit. Gleichwohl sind sie unverrückbar immer da und können als Erleben wieder gefunden werden. Es geht bei der göttlichen Liebe, wie ich sie verstehe, also nicht um ein Glauben, sondern ein wahrhaftiges und subtiles Erinnern und Entfalten. Das braucht unser freudiges Wachsein dafür sowie unsere Neugier im Einlassen und Erforschen. Und die Bereitschaft uns auch den ungeliebten Teilen in uns zuzuwenden – dort ist das verborgene LICHT zu finden. Die frohe Botschaft ist, dass all dies jedem Menschen möglich ist.

Achtsamkeit – eine Liebesbeziehung zu allem
An dieser Stelle möchte ich alle Menschen ermuntern achtsam auf die Liebe der Schöpfung für uns und alles Lebendige zu sein. Sie ist für uns alle in ihren vielfältigen Ausdrucksformen erfahrbar, weil sie grundsätzlich immer anwesend ist. Meist sind es anfangs nur kurze Augenblicke, wo wir sie wahrnehmen können und durch innere Offenheit und Übung erhöht sich unsere Empfänglichkeit dafür. Wenn wir einmal in erfahrbaren Kontakt mit der göttlichen Liebe gekommen sind, können wir mit der Zeit lernen uns unaufhörlich an diese Quelle anzuschließen und daraus zu nähren.

In diesem Kontext bekommt dann die Selbstliebe, die den Menschen mitunter so schwerfällt, einen tieferen und wahrhaftigen Urgrund. Wir brauchen die Selbstliebe, wie auch die Liebe zu anderen Menschen, nicht aus uns selbst heraus „erschaffen“, sondern sie ist ein natürlicher Ausdruck der allumfassenden und bedingungslosen göttlichen Liebe. Mehr noch, es entspricht unserem innersten Wesen so zu lieben, weil wir in der Tiefe göttliche Liebe sind, als ein Aspekt des Göttlichen. Die göttliche Liebe ist im Überfluss vorhanden, wir baden regelrecht in ihr. Nur sind uns all dieses Wissen und Erleben verloren gegangen.

Zugleich ermöglicht uns die göttliche Liebe Räume des Vertrauens, der Liebe und der Heilung entstehen zu lassen. Wir alle tragen Verletzungen und Traumata in uns, die in die Heilung gebracht werden möchten. Ein Großteil der Menschen wird beherrscht von Gefühlen wie Angst, Entfremdung, Verlorenheit, Leiden, Schmerz, Einsamkeit, Auswegs- und Sinnlosigkeit. Vielleicht besteht unser tiefstes Trauma sogar einzig darin, dass wir die Wahrheit unseres göttlichen Wesens mit all den wundervollen seelischen Eigenschaften und denen der göttlichen Liebe vergessen haben. Und genau über dieses tiefste innere Wesen können wir selbst und die Erde nebst ihren Geschöpfen in natürliche Heilungsprozesse eintreten. Durch ein Erkennen der eigenen Göttlichkeit und eines tiefen Heilseins in allem. Das ist pure Liebe in höchster Reinheit.

Indem die göttliche Liebe erfahrbar wird, ändert sich unser Erleben als Individuum und bewusst fühlendes Sein in der Schöpfung. Da heraus erwachsen natürliche Zuneigung, Behutsamkeit und Fürsorge im Miteinander. Es ist wie eine Liebesbeziehung zu allem.

Und wir können diese Liebe in der Welt wirken lassen, gewissermaßen zum Erblühen bringen. Die globale Destruktivität findet dann ein natürliches Ende, weil sie aus einem eingebildeten Mangelgefühl und fehlendem Erkennen des Göttlichen entsteht.

Weg aus den Krisen
Hier sehe ich den wahren Ausweg aus den Krisen unserer Zeit. Vielleicht ist gerade JETZT ein guter Zeitpunkt damit zu beginnen. LEBEN WIR DIESE LIEBE und die Welt wird sich mit uns verändern.

Mit Blick auf die tiefen Krisen in allen Lebensbereichen wäre es mehr als wünschenswert, ja geradezu ein Not-wendender Gnaden- und Liebesakt, wenn sich die Menschen erinnerten, wer sie wirklich sind: D.h. ihrer göttlichen Natur bewusst würden und sich selbst, einander und der Schöpfung in göttlicher Liebe und Wertschätzung begegneten. Jede(r) ist hier angesprochen, zu seinem Wohle und zum Wohle aller.


Bildquellen
Bild 1: kranich17 auf Pixabay
Bild 2: Angelica Vaihel auf Pixabay

2 Gedanken zu „Göttliche Liebe“

  1. Liebe Mona
    Danke für diesen schönen und tiefen Text! Er ist ein guter Kontrapunkt zu „meinem“ Text und führt die Art, wie Werner seine Texte schrieb überzeugend weiter. — Du schreibst: “ wenn sich die Menschen erinnerten, wer sie wirklich sind: D.h. ihrer göttlichen Natur bewusst würden und sich selbst..“. Das ist natürlich überhaupt unser wichtigstes Ziel als Menschen und Menschheit, dieses „Erkenne Dich selbst“. Du hattest offenbar ein Erlebnis, das Dich aufgeschlossen hat! Das wünsche ich vielen Menschen, auch für mich, wenngleich ich göttliche Zuwendung immer mal wieder beim Komponieren erleben darf, vor allem aber denjenigen, die zur Zeit an den Hebeln der Macht sitzen, und Entscheidungen fällen müssen: Aus welchem Fundus geschieht dies? Vielleicht fühlen sich diese Menschen, über die, ohne ihre Zwangssituationen zu kennen, in denen sie befinden mögen, schnell mal negativ geurteilt wird, oft allein? – Danke!

    1. Danke, lieber Joachim.
      Ja, es ist so, wie du es beschreibst. Seit dieser besagten Öffnung, die wohl so geschehen sollte, kann ich die ganze Misere und deren Zusammenhänge sehen. Ich anerkenne durchaus, dass es viel Bemühen gibt, doch solange kein Erwachen in ein höheres Bewusstsein stattfindet, ist letztlich alles vergebens und die Tortur des Leidens wird zunehmen. Es ist ja immer die Frage, wieviel Menschen überhaupt ‚hören‘ können. Selbst im spirituellen Umfeld sehe ich mehr Deformation und Irreführung als aufrichtige und tiefe Wege. Wir können nur tief aus unserem inneren Wesenskern heraus einen Weg des reinen Herzens gehen und das Übrige in höhere Hände abgeben. Schön, was du von der göttlichen Zuwendung beim Komponieren schreibst – sie steht uns so reichlich zur Verfügung. Da ist soviel Fülle, die auf uns wartet. Öffnen wir uns für diese Empfänglichkeit … Herzensgruß, Mona

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