Umrunden – Umkreisen

Als ich in Nord-Deutschland an einem Kongress war, hörte ich von einem wunderbaren ur-alten Baum, ganz in der Nähe des Seminar-Hauses, einem Kraftort von besonderer Schönheit. Und so kam es, dass sich eine Gruppe von Leuten bildete, die mit einem Geomanten, auch einem Seminarteilnehmer, zu diesem Baum wanderten. Die äussersten Äste des Riesen-Baumes, der alleine in einem Feld war, berührten den Boden. Die Krone bildete eine Natur-Kathedrale und unsere Gruppe spürte schon beim Näherkommen die Kraft, die von diesem etwa 500 Jahre alten Baum ausging. Der Geomant forderte uns auf, nicht in die «Kathedrale» einzutreten, ohne vorher den Baum dreimal umkreist zu haben. Es sei nicht angezeigt, einen Kraftort direkt, verlangend und zugreifend zu betreten. Zuerst müsste der Ort begrüsst und respektiert werden und zwar dadurch, dass man ihn umrunde, bevor man ihn betrete.

Der heilige Berg Kailash im Grenzgebiet, Tibet, China, Indien darf nicht bestiegen werden. Er wird betend umrundet, förderlich für die innere spirituelle Entwicklung des Pilgers.

Im Vorbeigehen eröffnet sich der Gehalt eines Ortes oder eines Kraft-Objektes eher, als wenn wir direkt auf diesen zugehen.

Als Mose das Volk Israel durch die Wüste führte, verweilte es längere Zeit am Fuss des Berges Sinai, mitten in der Wüste. Gott rief Mose auf den Gipfel, um ihm Weisungen für die Israeliten zu überbringen. Gott sagte zu Mose:

«Zieh aber eine Grenze rings um das Volk und sprich: Hütet euch, auf den Berg hinaufzusteigen oder auch nur seinen Saum zu berühren.»           Exodus 19 , 12

Da es dem Volk verboten war, den Berg zu betreten, zeichnete Mose eine Grenze um den Berg, eine Schranke, eine Art Schwelle. Der heilige Berg war somit geschützt.

Später im Kapitel steht:

«Der Berg Sinai aber war ganz in Rauch gehüllt, weil der Herr im Feuer auf ihn herabgestiegen war. Und sein Rauch stieg auf wie der Rauch des Schmelzofens, und der ganze Berg erzitterte heftig.»

Wer die Schwelle zum Heiligen, zur Mitte, dem Zentrum, übertreten darf, wird, wenn die Zeit für ihn reif ist, eingeladen. Der Wächter, der Hüter der Schwelle, eine Engels-Gestalt, ist anwesend, wenn die Schwelle sich zeigt. Vorher hat sich der Mensch zu gedulden, hat sich vorzubereiten auf den Moment der Einkehr in den heiligen Raum, der eine Mitte bildet, wie die Sonne als Zentrum des Planetensystems. Unvorbereitet würde der Mensch weder die Hitze am Berg, noch das Beben und Zittern des Berges (des Heiligtums) überstehen.

Heilig sind auch der Zellkern und Atomkern, wie alle Bausteine des Lebens. Ganz besonders heilig ist der Wesenskern des Menschen. Auch er soll umrundet werden, aus allen Perspektiven erkannt werden, als das eine göttliche Zentrum.

Mevlana Rumi, der grosse Mystiker und Liebende, begann sich zu drehen, als er fühlte, wie sein Herz sich mit Liebe füllte. Er drehte sich, in Verzückung geraten, mitten auf der Strasse um sein eigenes Herz.

In meinem letzten Blog-Beitrage erwähnte ich, dass der Mensch ein tanzendes Wesen sei, ein um den Kern kreisendes Wesen. Alle sakralen Kreistänze der indigenen Völker zeugen davon.

Am Ende der Tage, und wenn wir gerufen sind, werden wir mit dem Kern verschmelzen. Bis dahin können wir ihn lobend umrunden.

Die zentrale Frage des Menschen heisst: Wer bin ich?
Diese Frage wird uns kaum zur endgültigen und abschliessenden Antwort führen, aber sie bringt uns auf den Weg zum Licht des Erkennens und sie öffnet die Tore zu den mächtigen Erkenntnis-Räumen grossen spirituellen Wissens (Weisheit). Die Frage öffnet uns den Weg zu unserem Herzen und zum Herzen des Universums. Die Frage bringt uns auf den Weg.

Die Frage bringt uns zum Tanzen, öffnet unser Ohr hin zum Herzen.

Da das Herz von Mose offenbar geöffnet war, wurde er von Gott auf den Gipfel des Berges gerufen. Der Gipfel ist da, wo die Seele ins Geistlicht hineinragt. Das Bild des Berges, das von einer weissen Wolk eingehüllt ist, ist dafür Sinnbild.

Abstrakt ausgedrückt: Die Vielheit der geschaffenen Welt, im Erkennen des Ursprungs, des Einen, beginnt zu tanzen und zu singen, wenn «der Duft», der aus dem Zentrum kommt, wahrgenommen worden ist.

Der Respekt und das Gefühl für die Bausteine des Lebens, für die physischen, seelischen und geistigen Zentren der Organismen fehlt heute. Die Aneignung der Kerne und der Eingriffe in sie (z.B. Gen-Manipulationen) gilt heute als üblich. Die dominanten gesellschaftlichen Prozesse und Strukturen, sind oft zerstörerisch, weil die innere Orientierung sehr schwach geworden ist und das Gefühl für das Heilige weitgehend verloren gegangen ist. Die lenkenden Kräfte haben sich vom geistigen Geschehen entfremdet. Das Gefühl für den Kern einer Sache und für den geistigen Mittelpunkt von Lebewesen -dies gilt in besonderem Masse auch für die Erde- hat sich auf gefährlicher Weise verflacht. Ohne dieses Gefühl für den schöpferischen und heiligen Mittelpunkt von Wesen und Zusammenhängen ist der Mensch orientierungslos; er richtet sich dann nur noch auf seine eigenen ego-zentrischen Bedürfnisse aus.

Es sind wohl Lektionen in Stille nötig, um das Gefühl für das, was essentiell ist, wieder aufzubauen.

Nach etwas dreissig Jahren der Reifung seines inneren göttlichen Kerns, trat Jesus in die Öffentlichkeit im Bewusstsein, sowohl seiner Anziehungskraft, wie auch im Bewusstsein seiner Ausstrahlungskraft, wodurch er einen Umkreis schuf: die zwölf Jünger fanden sich sogleich ein. Zwölf das Ganze, wie die 12 Monate ein rundes Jahr bilden, ein Vollkommenes. Christus ist der heilige Kern des mystischen Leibes, der sich um ihn bildete, wie früher, so auch heute.

Das Innerste eines lebendigen Kerns ist unsichtbar, rein geistig, unbegreiflich.

Der Meister spricht mit seinem Schüler:

«Bring dort vom Baum eine Feige.
Hier ist sie, Meister.
Öffne sie.
Meister, es ist geschehen.
Was siehst du darin?
Winzig, kleine Kerne, Meister.
Öffne einen.
Meister, es ist geschehen.
Was siehst du nun?
Meister, ich kann überhaupt nichts sehen.
Dieser allerfeinste Stoff, mein Sohn, den du nicht siehst,
ist das Selbst des ganzen Universums.
Dies ist das Wirkliche
Dies ist das Selbst
Und du bist ES.»

Das Gefühl für das richtige Mass

Ein Bild für den Zustand des Menschen: Wir starren auf unsere Geräte (und Nöte), vor denen wir sitzen, absorbiert von unseren Alltagsverrichtungen, der Blick nach unten gerichtet, der Nacken ist starr. Es wäre gut, das Gesicht ab und zu nach oben zu richten, also aufzublicken, der Sonne zu, hin zu dem, was uns zusammenhält. Es wäre hilfreich, den Kopf mehr zu bewegen, ihn kreisen zu lassen, auf dass wir nicht gefesselt sind, nicht in einer Richtung erstarren, sondern beweglich bleiben. *

Wenn der Mensch im Gleichgewicht ist, so findet er sein richtiges Mass dafür, seinen Möglichkeiten angemessen zu leben und zu handeln. Er hat ein ausgeprägtes Gefühl dafür, wenn ihm etwas zu viel ist, wie auch, wenn ihm etwas zu wenig ist. Ist sein Gefühl für das stimmige Mass gut entwickelt, so können wir von einem ausgeglichenen und ausgleichendem Menschen sprechen; ein Mensch in Harmonie, der gut spürt, wann die Zeit gekommen ist zu handeln und wann es Zeit ist zu warten und einen Prozess reifen zu lassen. Er verzögert nicht, überstürzt nicht, weder verfällt er in Aktivismus, noch verschläft er den richtigen Moment sich auszudrücken und einzugreifen.

Gewiss: es ist nicht der Zweck des Lebens, immer ausgewogen zu sein; Übertreibungen aus Lebenslust und Lebensfreude stellen auch wunderbare Ausbrüche aus der Normalität des Lebens dar, sollten nicht vermieden, sondern zelebriert werden.

Über das Ganze gesehen, ist es aber sicher eine anstrebenswerte Tugend intuitiv das richtige Mass zu spüren.- Dadurch schleifen sich nicht Einseitigkeiten und Extreme in das Leben ein, die Vorherrschaft beanspruchen. Der Nacken bleibt entspannt.

Der Mensch, wenn er ganz eingemittet ist, also verbunden mit dem Wesenskern seiner Seele, wird stets zur rechten Zeit am rechten Ort sein und er wird spüren, wann etwas beginnen soll und wann etwas enden soll. Er weiss es, weil seine Seele ihn führt, weil er mit seinem Wesen, das er ist, in einer einvernehmlichen Beziehung ist.

Die heutige Menschheit leidet in der Regel unter einem Zuviel. Unsere Gesellschaft ist so programmiert, dass sie uns unter einer Flut von Reizen betäubt. Wir sind deshalb überreizt, nervös, weil wir von starken, grellen Eindrücken überflutet sind. Dauernd. Sei es durch Reklame, Verkehrsschilder, Internet und Smartphones. Stundenlang täglich sitzen wir vor Bildschirmen und lassen uns vor allem visuell überfordern.

Es ist ein Zuviel an digitaler Technologie, an Esswaren, an Konsum, Reisen, Unterhaltung, Arbeit. Wir wissen es und wir wissen auch, dass wir im Allgemeinen mehr oder weniger süchtig sind. Jedes Zuviel hat ein Zuwenig an seiner Seite: zu wenig Stille, Musse, Nichtstun, Kreativität, Lachen, Zärtlichkeit, Sexualität, Schlaf.

Diese dauerhafte Berieselung und Überflutung reisst unsere gesunden Immunitätsschranken nieder. Es bildet sich eine gefährliche Grenzenlosigkeit heraus. Wir spüren nicht mehr, wann wir müde sind, überfahren die Rufe unseres Herzens, werden blind für die Gefahrenzeichen, die sich uns meistens mittels Körperempfindungen mitteilen.

Wir überfahren uns und andere, spüren kaum mehr, wann wir zu laut und wann wir zu leise sind. Die gesunde psycho-somatische Immunität ist dadurch sehr geschwächt, das Nervensystem überreizt und entzündlich und die Dosierung der Medikamente, die wir infolge dessen zu uns nehmen nicht unseren Möglichkeiten angepasst – meist überdosiert. Und so auch psychisch: Wir fühlen es kaum mehr, wann es an der Zeit ist, nein zu sagen oder später. Das innere, gesunde Gegengewicht ist geschwächt, die Stimme aus der Seele ist bei Vielen betäubt und wir haben es verlernt, sie feinfühlig zu beachten.

Wenn uns die relative Welt massiv dominiert und die Stimme aus dem Absoluten verblasst, die wir im Herzen empfangen, geraten wir schnell aus dem inneren und äusseren Gleichgewicht und wir verlieren uns.

Verlorene Töchter und Söhne sind wir geworden, die wir abgespalten sind von den natürlichen Rhythmen und Zyklen und erst recht vom Kern, der alles zusammenhält.

Wie so oft, empfehle ich auch hier, die Weisheit des Atmens einzubeziehen. Insbesondere das achtsames und bewusstes Einatmen hilft, die Verbindung zum Herzinneren, dem Lichtherz, wieder zu verstärken, die Stimme des Herzens wieder zu erwecken, die uns hilft, rhythmisch, getimt und sensibel durch unser Leben zu wandern und zu tanzen: als Hörende und aus unserem Herzen Handelnde.

Zum gegenwärtigen Atemzug der Menschheit: In den letzten Jahren vor der Corona-Krise hat die Menschheit irgendwie gewalttätig, schroff und gestresst eingeatmet und ist nun beim folgenden Ausatmen kollabiert, in eine Lähmung gefallen. Dieser Zusammenbruch des überreizten und gestressten Systems ist wohl auch Folge des Zuviel. Die wirtschaftlichen «Fortschritte» der vergangenen Jahre, sind schlagartig zusammengebrochen.
Ein Extrem folgte dem andern, eine Masslosigkeit der anderen. Man könnte sagen, dass der Menschheits-Atem bi-polar, manisch-depressiv ist.

Es bleibt, um die Demut zu bitten, uns einzugestehen, dass wir Menschen nicht im Besitz der ganzen Wahrheit und Weisheit sind und dass es nötig ist, dass wir uns lauschend dem seelischen Wesenskern hingeben, der uns hilft, in den natürlichen Rhythmus des Lebens zu finden. Wir können davon ausgehen, dass wir ihn dann gefunden haben, sowohl individuelle wie auch kollektiv, wenn unser Atem sanft und weit geworden ist.

Es ist also höchste Zeit, dass wir uns ausrichten, auf das, was uns zusammenhält.
Wesen und Seelen, welche spüren und erkennen, was uns zusammenhält, werden um dieses Gemeinsame herum einen Kreis der Liebe bilden. Ich nennen diese werdende Gemeinschaft Agapolis (Agape= göttliche Liebe, Polis= Stadt/Gemeinschaft): Die Gemeinschaft der Liebenden. Teilweise ist sie unisichtbar, teilweise sichtbar.

Es ist also höchste Zeit, dass wir uns ausrichten, auf das, was uns zusammenhält.


*Bei der Konzentration auf Nacken und Kopf ist es auch sinnvoll auf folgende Energiepunkt, (hintereinander oder gleichzeitig) die Aufmerksamkeit zu legen: Auf das 3. Auge (Stirn-Chakra), auf das Kron-Chakra (Scheitel) und auf jenes weiche Grübchen am Hinterkopf (das auch Himmelstor genannt wird). Dabei kann der Kopf still oder kreisend sein, oder abwechselnd.

Beitragsbild: Die Mässigkeit, Tarot-Karte.

 

DIE SEELE – Teil 3

Auch im 3. Teil meines Essays unternehme ich den Versuch, mich dem geheimnisvollen Bereich, den wir Seele nennen, anzunähern. Zuerst entwerfe ich zwei Bilder, mit deren Hilfe ich versuche, das reiche Leben der Seele zu erläutern. Danach zeige ich auf, wie wichtig es ist, dass wir der Seele Raum zu atmen, damit sie sich zu entwickeln und zu zeigen vermag. Schliesslich weise ich auf einige Äusserungsweisen der Seele hin.

Bilder der Seele
Ich betrachte mein inneres Bild der Seele: Es hat die Form eines Mandalas. Zuinnerst ist der Punkt der absoluten, unergründlichen göttlichen Ruhe. Daraus geht unsere Buddha-Natur und die Christus-Wirklichkeit hervor. Um diesen ruhenden, zentralen Bereich kommt Bewegung auf: Es ist der Tanz der Liebenden. Sie umkreisen die heilige und heilende Mitte. Die Liebes-Tänzer*innen geben der geschaffenen Welt das Leben; sie halten die Sterne in ihrer Bahn durch die schaffende, bewegende Liebe, die aus ihrem Tanz strömt.
Danach, in weiterer Ausstrahlung sind alle Bereiche der feinstofflichen und grobstofflichen Welten der Schöpfung angeordnet. Auch sie sind, wenn auch nicht mehr so intensiv, durchstrahlt.

Aus den Innen-Bezirken unseres Wesens fliesst uns Nahrung zu: das Brot des Lebens, welches auch Wissen und Weisheit meint, denn -wie ich schon ausführte- ist die Seele eine wissende Substanz, die uns von innen nährt. «Gib uns heute unser tägliches Brot.»

In einem zweiten Bild erfahre ich die Seele als ein hoch-kommunikatives Feld, welches aus unzähligen Lichtfasern besteht (vergleichbar mit Nervenfasern), die in Beziehung und Vernetzung mit zahlreichen Lebewesen aus zahlreichen Bewusstseins- und Wirklichkeits-Ebenen stehen. So wie der Körper atmet auch die Seele –aber in nicht-polarer Weise. Das Feld der Seele vibriert. Sie ist eine lebendige Licht-Liebes-Vibration.

Unsere Seele entfaltet sich, wenn wir ihr zuhören. Damit geben wir ihr Raum (Hör-Raum), damit sie durch verschiedene Kanäle zu uns sprechen kann.

Raum
Der Raum ermöglicht es dem Impuls zu wirken, ermöglicht es dem Leben zu wachsen. Die Mutter (in uns) gibt Raum, Lebens- Gebärmutter- und Seelen-Raum.
Der göttliche Licht-Gedanke fühlt sich vom reinen, leeren Raum angezogen. Die Seele benötigt es, dass wir ihr Hör- und Empfangs-Raum zu atmen, damit sie sich zeigen und äussern kann.
Ausserdem können wir der göttlichen einwirkenden Kraft, die sich in uns inkarnieren möchte, helfen (es ihr leicht machen), sich in uns zu verkörpern, indem wir, achtsam atmend, innerlichen Raum bereitstellen.
Das zu uns Kommende, entfaltet sich, wenn wir ihm Raum geben, was eine Art von Hingabe ist. Dabei entfalten wir uns.

Äusserungsweisen der Seele
Es gibt verschieden Arten, wie sich die Seele ausdrückt. Hier einige Beispiele:
Sie gibt uns Einsichten (Inspirationen), spricht durch Lehr- oder Weisungs-Träume zu uns, offenbart sich in spontanen Meditationen, die im Alltag über uns kommen, sie hebt uns in höhere Welten, oft in der frühen Morgen-Dämmerung, sie enthüllt sich uns in Liebes-Beziehungen.

Ein-Sichten
Hier folgt ein persönliches Beispiel: Einige Tage nach meiner Herz-Operation – es ist schon einige Jahre her – kam eine Ärztin zum mir, um mein Herz mittels Ultra-Schall zu beobachten. Ich hatte freie Sicht auf dem Monitor. Was ich nun sah, erstaunte und erfreute mich und ich fühlte mich, durch das, was ich sehr präzise wahrnahm, erregt:
Ich sah dort, wo sich mein Herz befand, zwei tanzende Engel. Sie waren wunderschön, mit grossen Flügeln. Ihr Tanz war schnell und dynamisch; sie waren völlig aufeinander bezogen. Den Zwischenraum, den sie formten und mit starker Energie aufluden, bildete eine eigene, ebenfalls sehr schöne Gestalt, die sich ständig veränderte. Es war eine Energie-Gestalt, welche die Aufgabe hatte und hat, dem physischen Herzen, die nötige Energie zu geben, um mein Erden- Leben zu ermöglichen. Die Szene war sehr plastisch, realistisch und liess keinen Zweifel offen. Schliesslich konnte ich es mir nicht mehr verkneifen, die untersuchende Ärztin auf das Bild, da sich sah, aufmerksam zu machen. Sie räusperte sich kurz, ignorierte meine Mitteilung, was für mich okay war.

Ein-Sichten hinter die äusseren Erscheinungsweisen verzaubern und erhellen unser Bewusstsein. Spontan können sie sich einstellen.- Es sind Geschenke und bilden Lücken in den engen Verstand.

Lehr- und Weisungs-Träume
Anders als Träume, die der Verarbeitung von noch zu wenig verarbeitenden Alltags-Ereignissen dienen, wirken die eher selten auftretenden Weisungs- und Lehr-Träume, die von einem hohen Bewusstsein einfallen sehr intensiv und nachhaltig. Sie enthalten für uns sehr bedeutende Mitteilungen, die unseren Lebensweg und unsere Lebens-Vision betreffen. Die Botschaften sind in der Regel sehr klar und eindeutig, ob sie sich nun sprachlich, bildlich oder körperlich-kinästhetisch offenbaren.

Die gewöhnlichen Träume steigen aus dem Unbewussten auf, die Lehr-Träume kommen aus dem höheren Bewusstsein, dem Seelen-Zentrum, zu uns. Deshalb fühlen sie sich auch sehr unterschiedlich an.

Spontane Meditationen
Wenn ich gut mit mir selbst verbunden bin, kann es geschehen, dass eine meditative Stille über mich fällt, in mich einfliesst und grosse Stille erzeugt, die sich ausbreitet und sogar allfällig Personen, die sich im gleichen Raum wie ich aufhalten, manchmal erfasst.
Die Meditation oder das kontemplative Gebet kommt zu mir. In solchen Momenten falle ich augenblicklich in eine feierliche, tiefe Stille, in welcher der Verstand stille steht.

Dann sage ich mir: es meditiert oder es betet in mir. Das sind wunderbare Momente. Es ist gut, wenn wir offen sind für das, was zu uns kommen will.
Ich bin auch das, was mir entgegenkommt. Es kann die atmende Seele sein.

Morgen-Dämmerung
Im Zweilicht der Morgen-Dämmerung, im Übergang zwischen Schlaf und Wachen, ist es gut möglich, dass sich eine Brücke bildet zwischen diesen beiden Zuständen. Da können subtile Wahrheiten ins Alltags-Bewusstsein des Menschen einfliessen. Die Ätherwelt kann sich in wunderlichen, durchlichteten Formen darstellen, in zauberhaftem Glanz, uns entzücken und uns leicht machen, fliessend, beweglich. Oder es findet eine Begegnung zwischen zwei Seelen statt, eventuell zwischen uns und Verstorbenen, die uns etwas sagen möchten.

 Liebes-Beziehungen
Alle Beziehungen, die auf die LIEBE hin fokussiert sind, sind Liebes-Beziehungen. Die Kraft der Beziehung, die zwischen den Liebenden fliesst, die dritte Kraft oder der Heilige Geist wie sie auch genannt wird, verweist auf die EINS, auf das Einheits-Bewusstsein. Wenn die höchste Quelle in der Beziehung spürbar wird, Gott im anderen erlebbar wird, erscheint inneres Licht und grosse Freude. Solche Liebes-Beziehungen übersteigen das Endliche; sie sind darum fundamental und bilden die Pfeiler der Welt. Es kommt der Moment, dass die Tanzenden nur noch von der LIEBE bewegt werden, dann reihen sie sich in den grossen Tanz der Liebenden, die um das Lichtherz der Welt-Seele tanzen, ein.

 Wie schon gesagt, habe ich Beispiele für Äusserungsweisen der Seele angetönt im Wissen, dass es noch zahlreiche andere Weisen gib, wie sich die Seele zu äussern vermag. Je deutlicher und eindeutiger unser wahres, inneres Wesen, das wir sind, die Führung in unserem Leben übernommen hat, desto transparenter und durchlässiger werden wir für die Weisheit und Nahrung, die uns zufliesst. Durch das Gewahrsein unserer Seele und das Wissen um ihre Verbundenheit mit der Welt-Seele (Anima mundi) verändert sich unser Lebensgefühl deutlich in Richtung Fülle und Schönheit.

Heute Abend

Heute Abend gare ich Fenchel, brate Kartoffeln und mache mir dazu eine Käserahm-Sauce mit Paprika und verschiedenen anderen Gewürzen.

Ich bin zufrieden mit dem Resultat. Langsam esse ich an meinem Platz am Fenster, alleine, wie oft und beobachtete den rollenden Abendverkehr auf der nahen Oltener-Strasse hinter der Tankstelle. Viele Lichter, wie aufgereiht. Der Verkehr zwischen Rollen und Stau.

Die Zeit des Einnachtens macht mich oft melancholisch. Gut gibt es Wein. Der Tropfen heute ist superb. Der diesjährige Januar ist mild wie selten. Ich geniesse die jetzigen nebelfreien Tage, mache Spaziergänge, der Sonne wegen.

Dann tänzle ich in die Stube im Rhythmus des swingenden Jazz. Ich höre «Jazz for dinner» am Radio Swiss Jazz, stelle es dann ab, setze mich auf das schwarze Ledersofa, mit dem Buch «Spirituelle Ökologie» in der Hand, schlage es auf und lese:

«Manchmal sind wir so dringend davon überzeugt, dass die Welt gerettet werden muss, dass wir uns zwingen, tagein, tagaus an der Rettung unseres Planeten zu arbeiten. Infolge dieser Sichtweise vernachlässigen wir unser eigenes Wohlbefinden, um schliesslich unter Burnout, Depressionen, Ehescheidungen und Desillusionierung zu leiden.

Deshalb lehrt uns die Gita, dass es nicht nötig ist, die Sorge um den Erdboden von der Sorge für die Seele zu trennen. Wir müssen beides tun… was bedeutet, sich Zeit für innere Reinheit, Meditation, Spiritualität und ein Leben in eleganter Einfachheit zu nehmen.»*

Am Ausdruck «elegante Einfachheit» bleibe ich hängen.
In einer Gesprächsgruppe, nannte ein Mann, als wir von spirituellen Tugenden sprachen, «Eleganz» als eine der spirituellen Tugenden. Ich horchte auf: wie bitte? – und spürte gleichzeitig, dass er recht hatte mit dieser Nennung.

Eleganz heisst, gemäss Duden: «Vornehmheit» in Bezug auf die äussere Erscheinung, elegantes Aussehen; Gewandtheit, Geschmeidigkeit in der Bewegung, sowie kultivierte, elegante Form und Beschaffenheit.
Der Autor des Artikels (Satish Kumar) bringt den Begriff Eleganz in Zusammenhang mit Einfachheit: ein Leben in eleganter Einfachheit.

Ich erinnere mich an meinen Aufenthalt in Senegal, vor vielen Jahren. Ich sehe, wenn ich an die Menschen dort denke, viele einfache, oft arme Personen, die in Würde dahin schlendern, in fast königlicher, schlichter Eleganz, oft bekleidet mit einem einfachen, langen, bunten Kleid. Insbesondere erinnere ich mich an ihre lockeren Handgelenke, an ihre Arme, die an Flügel erinnern, an ihre Geschmeidigkeit in der Bewegung und an ihr breites vergnügtes Lachen.

Die einfache Eleganz ist von innen getragen, wie auch die Bewegungen, die aus dem Sein auftauchen. Kein Luxus: es ist eine Art von innerer, schlichter Schönheit, die aus dem Herzen kommt, eine Geschmeidigkeit, wie es Verliebte an den Tag legen. Es sind beseelte Formen, die von der Stille zeugen, aus er sie kommen. Tanz also, Lebenstanz, Zelebration. Das Tänzeln nach dem Abendessen, das plötzliche Hüpfen auf dem Parkplatz wie von Zauberhand berührt. Ja: Eleganz: aus dankbarem Leben, gestaltet in Poesie.

Wo bleiben dann die schweren, ernsten Schritte gebückter Menschen in den vielen Strassen und Gassen vieler dunkler, schweren Städte und Dörfer? Ich höre sie von Weitem. In sich zusammengefallenes Leben, welches auf Trost wartet.

Unter diesen schweren Schritten höre ich auch die meinen, dem alten Mann, der ich bin. Ich sehe aber auch seine Tanz-Schritte, anmutig, vielleicht nicht von aussen betrachtet, aber von innen gefühlt, denn sie kommen aus der unvergänglichen, ein-fachen, zeitlosen Seele.

Noch einmal schlage ich das Buch auf: «Wir müssen die Fürsorge für die Seele als Teil der Fürsorge für die Erde betrachten.»

Heute Abend gehe ich früh ins Bett. Ich gehe durch die Wohnung, räume das Gröbste auf, trage die Teller in die Küche, lüfte kurz, nehme meine Globuli ein (Placebo würden einige sagen), putze die Zähne, nicke, lege mich nieder.

*aus dem Artikel: Die drei Dimensionen der Ökologie: «Erdboden, Seele und Gesellschaft» von Satish Kumar, aus «Spirituelle Ökologie» – Der Ruf der Erde. Verlag Neue Erde.

 

 

Kriterien für die eigene spirituelle Entwicklung

Folgende Sätze, als subjektive Aussagen, bzw. Merkpunkte formuliert, sollen dir (und mir) Aufschluss geben über die Schritte auf deinem spirituellen Weg. Kannst du einige oder gar mehrere von ihnen bejahen, so kannst du davon ausgehen, dass du dich in einem Prozess der Transformation, des Wandels befindest, auf dem Weg zu dir selbst, dem wahren Wesen, das du bist. Ich habe diese Kriterien so notiert, wie sie in mir aufgeschienen sind und ohne die Erwartung sie logisch zu ordnen. Ausserdem erhebe ich nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.
Wenn Du Dir Zeit nehmen magst, lasse jeden Satz einzeln eine Weile auf Dich wirken.

  • Vermehrt empfinde ich, dass nicht ich, also mein kleines Ich, mich lenkt, sondern dass es ein grösseres, ein Umfassenderes gibt, das aus einer höheren Ordnung wirkt, welches mich lenkt und leitet. Nennen wir es das höhere Selbst oder das ICH.
  • Ich akzeptiere die Unsicherheiten, die auftreten, wenn ich mich der Führung durch das höhere Selbst anvertraue, wage sogar später die Erleichterung zu geniessen, die auftritt, wenn ich nicht mehr glaube, alles selbst richtig einordnen und machen zu müssen.
  • Ich ersetze übertriebene Anstrengung durch Vertrauen und Hingabe und egozentrische, angst-besetzte Gedanken durch bewusstes Atmen.
  • Vermehrt treten Phase in meinem Leben auf, wo ich nicht von Gedanken und Gefühlen getrieben bin, sondern in Stille bin, und/oder mich von einem Mantel (Kleid) aus Zärtlichkeit und Licht umhüllt und geborgen fühle. Nach wie vor, lasse ich Gedanken und Gefühle zu, schätze sie, ohne mich an sie anzusaugen oder mich an sie zu binden. Ich lasse sie kommen und gehen.
  • Dem Leben gegenüber verhalte ich mich biegsam, weich, mitschwingend, sträube mich also nicht gegen seine Äusserungsweisen.
  • Stärke und Nachgiebigkeit wachsen gleichzeitig heran und ergänzen sich.
  • Ich ärgere mich immer weniger über eigene Schwächen und Mängel, fange sogar an, sie zu mögen. Derselbe Prozess zeigt sich anderen Menschen gegenüber.
  • Die innere Stimme, mit der ich mit mir rede, wird zunehmen zärtlicher und milder.
  • Ich gebe mich vermehrt den Wesens-Strömen aus Licht, Liebe und Weisheit hin.
    Ich stelle fest, dass ich nicht mehr so oft über andere und mich urteile und einfach kommentarlos hinnehme und annehme was geschieht, was nicht heisst, dass ich es mir verbiete, eigene, kreative, ev. auch kritische Gedanken anzustellen.
  • Es gelingt mir besser zu unterscheiden, ob ich mich durch kollektive Schwärme unerlöster, abgenützter Gedanken und Gefühle bestimmen lasse, oder ob ich mich höheren Inspirationen aus der geistigen, schöpferischen Welt hingebe.
  • Es ist mir wichtig aus der Intelligenz des Herzens zu denken und zu handeln, indem ich auf mein Herz höre und nicht auf die Meinungen, die mich umschwirren.
  • Ich erkenne die Ausweitung, Ausdehnung meines seelischen Innen-Raumes. Es ist mir klar, dass Angst einengt, während Liebe und Vertrauen mein Bewusstsein erweitern.
  • Oft überkommen mich Liebesgefühle ohne äusseren Grund. Es ist ein Verliebtsein ins Leben und ich weiss, dass die Liebe, die ich fühle, Grund und Ursache meines Lebens ist.
  • Meine Angst vor Sterben und Tod nimmt ab.

Liebes-Gesänge

Als der Schöpfer, die zuvor leere Hand wieder öffnete, war da ein Vogel, der aus seiner Hand auf einen Zweig flatterte und dort seinen Schöpfer wahrnahm. Da begann er zu singen, zu jubilieren.
Das drei Monate alte Kind, im Arm seiner Mutter lächelte – zu ersten Mal, und die Mutter fühlte sich von ihrem Kind erkannt.

Der Kreis der Liebe war geboren, der lebendige Austausch.

Wenn der Mensch den Geber aller Dinge, den Strahlenden, die Liebende erkennt, steigt Freude in ihm auf, Gesang und Jubel.
Das ganze Universum erscheint ihm von einem dunkel-goldenen Licht durchstrahlt. Die Welt ist von Dankbarkeit und Seligkeit bewegt.

Es ist ein Gesang in allem: ein Lobgesang, ein Jubel.

Der Kreis der Liebe ist nun geboren, die Liebesbeziehung lebt und erfüllt das Universum mit einer vibrierenden Energie, die alles am Leben hält und neues Leben schafft.
Der Liebende – der Geliebte – die Liebe. Das ist die schöpferische Liebes-Trinität, der schöpferische Liebes-Tanz.
Die grosse LIEBES-Beziehung wiederspiegelt sich im Verliebtsein zweier Menschen.

Es ist ein tiefer Wunsch dieses schöpferische Dreieck immer wieder von neuen herzustellen und zu zelebrieren. Ich, Du und die LIEBE dazwischen. Diese drei.

Der sich bewusst werdende Mensch lebt sowohl im ursprüngliche Sein, in der Stille des Ur-Lichtes und er lebt in seiner Geschöpflichkeit, also in der Welt der Formen, mit allen seinen Herausforderungen in Glück und Leid, in Freude und Schmerz und schliesslich lebt er im Beziehungsraum, in der Liebes-Beziehung, die er genau so ist wie der Seiende und der in der materiellen Welt Tätige.

Zwischen ICH und DU der Gesang und der Tanz der LIEBE. Der Zwischen-Raum hier ist transparent, durchschienen, durchlichtet und erfüllt von Dankbarkeit und Zuneigung. Alles ist in Anteilnahme.
Anteilnehmendes Leben.
Manchmal ertönt der Gesang sehr zart, fast tonlos. Er erinnert an Zärtlichkeit. Manchmal schwillt er zu brausendem Jubel an. -Es sind Chöre, tausendfach, zu einem geworden, Sphären-Klänge, die nichts anderes ausdrücken als Liebe in Dankbarkeit.
Dieses dunkel-goldene Licht (das ich oben erwähnte) erinnert an die frühen Morgenstunden, an die Stille vor dem Aufbruch, an Zwielicht. Diese sanfte, «lobende Sphäre» taucht so plötzlich und unerwartet auf, wie sie auch wieder verschwindet, doch in einer zarten inneren Grundstimmung kann sie eher ins Bewusstsein treten. Diese Sphäre kann auch als Zwischen-Kosmos aufgefasst werden. Er ist äusserst subtil und von grosser Schönheit. In ihm sind wir unverletzlich und geschützt, in einem Schöpfungsraum, der grosse Ruhe atmet.

Erlaubt mir folgende Zwischen-Bemerkung:
Bei solchen Schilderungen wie oben, spüre ich, wie in mir immer eine Art Scheu und Verlegenheit aufsteigt, denn eine solche Sprache, so scheint mir, will nicht recht in unsere kühle Zeit passen und ich befürchte auch, dass das Ausgedrückte ins Reich der Fantasie eingestuft werden könnte. Gleichzeitig glaube ich auch, dass ein grosser Durst nach der subtilen Welt existiert, die unendlich realer ist, als die virtuelle Realität.

Normalerweise erleben wir das alles viel verhaltener, ja gedämpfter, als ich dies hier schildere. Oft erleben wir uns als ins Dasein Geworfene, als Verunglückte in einer ziemlich verrückten, dunklen Welt, die makaber ihre Totentänze zelebriert, die von geheimen Kameras aufgenommen und verfremdet (z.B. digital) widergegeben werden.

Und diese dunklen, abgründigen Erfahrungen sind Teil der menschlichen Realität und sie müssen nicht bagatellisiert werden.

Aber es ist nicht nötig, dass wir uns in diese Teil-Realität einschliessen (lassen). Es ist uns erlaubt und vielleicht sogar geboten, uns der wahren Herkunft und der LIEBES-BEZIEHUNG zu öffnen.

Es wird uns ans Herz gelegt, so glaube ich, nicht aufzuhören zu singen, nicht aufzuhören zu tanzen und uns zu bewegen. Trotz allem. – Diese Portion Verrücktheit lasse ich mir jedenfalls nicht nehmen.

Leben: uns von der LIEBE berühren und bewegen lassen – auch in dunkelster Nacht.

Diese letzten vier Artikel gehören zusammen. Sie alle handeln von der schöpferischen Kraft des Menschen, die uns wärmt:
Die Schöpferkraft des Menschen
Entscheiden
Lebens-Mut
Liebes-Gesänge

Beitragsbild: Ausschnitt einer Zeichnung von Werner Binder

 

Gefühle

Gefühle sind eine Tätigkeit der Seele, die Gemütsbewegungen erzeugen. Grundgefühls-Ströme werden als Stimmungen wahrgenommen. Farben und Töne sind mit den Gefühlen verwandt.

Gefühle sind Ausdruck unserer Lebendigkeit – ohne sie wären wir starr und tot. Gefühle korrespondieren mit Wasser, sie sind von fliessender und wechselnder Natur. Sie sind Ausdruck unserer weiblichen Seite.
In diesem Beitrag verwende ich die Worte Gefühle und Emotionen synonym, unterscheide sie also nicht.
Ich behandle hier ein komplexes Thema und ich bin mir nicht sicher, ob es mir gelingt, es verständlich zu machen.

Zwei These
Erste Behauptung: Diese lautet, dass wir nur gesund, frei und authentisch bleiben, wenn wir unsere Gefühle wahrnehmen, sie ernst nehmen und ausdrücken. Tun wir es nicht, empfinden wir uns als unlebendig, dumpf und werden früher oder später seelisch und/oder körperlich krank.
Die Tiefen-Ökologin Joanne Macy betont immer wieder, dass sie es sehr wichtig findet, unsere Reaktionen von Schmerz und Trauer über die Zerstörungsprozesse auf der Erde auszudrücken, sie nicht abzutöten und sie mit anderen Menschen zu teilen.

Zweite Behauptung: Diese lautet, dass wir uns von unseren Gefühlen de-identifizieren sollen. Es empfehle sich, uns hinter unsere Gefühle zu stellen, um uns ihrer beobachtend gewahr zu werden. Wir sollten uns nicht von ihnen hinreissen lassen, da sie Teil unseres kleinen Ichs seien. Dieses würde sich aufblähen, wenn wir uns von unseren Emotionen vereinnahmen lassen würden.

Diese zwei Thesen sind eine Art von Glaubens-Bekenntnisse. Die eher psychologisch sozialisierten Menschen, richten sich eher nach der ersten These aus, die spirituell orientierten halten sich eher an die zweite These.

Weil wir Menschen unter einer Art Zwang stehen, bei polaren Sichtweisen, uns auf die eine oder andere Seite zu schlagen, bevorzugen wir eine der zwei Seiten eifrig und neigen dazu die beiden Aspekte gegeneinander auszuspielen.

Ich halte beide Positionen für wahr und stimmig. Sie erscheinen als paradox. Sind sie dennoch vereinbar?

Im Folgenden mache ich einen kleinen Exkurs in zwei Wirklichkeits-Bereiche, in den Bereich der Welt der Formen und jenen der formlosen, absoluten Welt:

Die Welt der Formen
Gefühle, wie auch Gedanken, gehören zur Welt der Formen, wie die materielle Welt auch.
Hier ist die Vielfalt der relativen Welt.
Die Formen-Welt können wir auch als einen grossen Tanz betrachten, der wellen -oder kreisförmig verläuft. Es ist eine Welt des Kommens und des Gehens, des Erscheinens und des Verschwindens, des Auf- und Ab und des Hin- und Her.
Das Fliessende, Bewegliche ist das hervorragende Merkmal der Formenwelt, der relativen Welt.

Das Formlose, Ruhende, Immerwährende
Das Absolute, Immerwährende ist in ewiger Stille. Es ist das Bleibende, das Unerschaffene, das Unbegreifliche, die Leere, die Potentialität.
Hier ist Einheit.
Aus diesem göttlichen Bereich emaniert die Welt der Formen, die Schöpfung. Wir können auch von Ursprung und Quelle sprechen.

Zurück zu den Gefühlen:

Gefühle, entstanden aus dem ego-zentrischen Ich – Gefühle aus dem höheren Selbst
In der Welt der Formen existieren auch viele unerlöste Formen, also vom egozentrischen Ich ausgelöste Gefühle, die niederdrückend, depressiv und möglicherweise auch krankmachend wirken, wie Hass, Groll, Neid, Scham, Ekel, etc.
Gefühle (Zustände), die aus dem höheren Selbst, also direkt aus dem Geist emanieren (ausstrahlen), entfalten, führen uns dem Leben zu. Ich denke hier vor allem an Freude, Friede, Zärtlichkeit und Empathie.

Das Paradox
Die Wahrheit mag es, sich im Paradox zu verstecken.
Wenn auf der einen Seite gesagt wird, dass es nötig sei, Gefühle auszuleben, um lebendig und gesund zu bleiben, und auf der anderen Seite aufgefordert wird, sich nicht mit den Gefühlen zu identifizieren, so kann man hier von einem Paradox sprechen. Zwei, sich scheinbar nicht zu vereinigende Standpunkte stehen sich gegenüber. Das sich scheinbar Ausschliessende kann aus der Sicht der Mitte heraus zur Ergänzung werden:

Der Raum der Mitte
Aus dem Blickpunkt der Mitte, wo Weite und Ruhe ist, sind die beiden Positionen zu vereinen, ist es uns möglich, sowohl distanziert, wie auch mitfühlend und liebend in die Gefühlswelt hinein zu blicken und gleichzeitig von der Gefühlswelt involviert zu sein, die Gefühle zu leben und sie ruhig zu betrachten. Bevor diese Gleichzeitigkeit möglich ist, wird sich zuvor ein Oszillieren zwischen den beiden Zuständen einstellen.
Damit leben wir in Verbindung zum Absoluten und zur Gefühlswelt (der relativen Welt der vorübergehenden Formen). – Im Herz des Tänzers ist es still.

Die Höherentwicklung der Seele
Gelingt es uns, die Verbindung mit der geistigen Welt (mit dem Absoluten) immer öfter und besser aufrecht zu erhalten, so kann geistige Energie und LIEBE in unsere Alltagswelt und somit auch in unsere Gefühlswelt fliessen.
Dadurch bauen sich die höheren Gefühle von Freude, Friede, Seligkeit und Empathie, die auch Bewusstseinszustände sind, auf, und die ego-gesteuerte Gefühlswelt verliert an Macht und Einfluss, ohne aber zu versiegen.
Dem Menschen ist es gegeben, Übergang und Verbindung zwischen den genannten Welten zu sein. ICH BIN DER WEG, sagt das innere Christus-Selbst. Stellen wir uns diesem Fluss zur Verfügung, so kann in beide Richtungen Liebes-Energie fliessen: von der himmlischen Welt zur Erde und umgekehrt. Damit können wir Menschen der Erdenwelt «Nahrung» zukommen lassen – Nahrung, welche die Erde und die Menschheit so dringend braucht.

Und die unedlen Gefühle?
Doch auch die weniger edlen Gefühle (z.B. Neid) wollen angenommen und verstanden sein. Nur was geliebt ist, löste sich zur rechten Zeit auf, oder verwandelt sich in ein Höheres.

Im Herz des Tänzers ist es still.

 

 

Weihnachten

was sich als heilig entkleiden möchte.

Was erkennen wir, wenn wir nun nach über zweitausend Jahren nach Christi Geburt die Erde von einem hohen Bewusstseinsstandpunkt aus betrachten?

Wir sehen,
wie weite Bereiche der Erde von einem diffusen, trüben Licht bedeckt sind: Smog, Nebel, durchlöchert von eher dunklen und gleichzeitig grellen Erscheinungen einer überhitzten und doch auch kalten Zivilisation, die sich ausbreitet wie ein Moloch: Mega-Citys, die von Nähe betrachtet von tausendfachen irisierenden Scheinwerfen wie in Aufruhr erscheinen. Ein Atmosphäre von Hetze, nicht zu bremsender Geschwindigkeit bei gleichzeitiger Dumpfheit, Schwere und Depression.
Dann nehmen wir Zerfallserscheinungen wahr: Abfallberge, austrocknende Seen, abgeholzte Wälder. Wir bemerken Maschinenparks, chaotisch wirkende Infrastrukturanlagen, Menschenmengen, die Gesetze und Konzepte schmieden und verwerfen, eben neu Gemachtes, als veraltet erklären in immer schneller werdendem Tempo… und dann wieder lange Menschenzüge, Flüchtlinge auf Pfaden des Schreckens, plötzlich von hohen Mauern blockiert , nicht weit entfernt Vergnügungsparks, Tankstellen, Waffen-Depots, Erklärungen suchende Intellektuelle in Thintanks, Scharmützel zwischen Bevölkerungsteilen und der Polizei. Auffällig viele weisse quaderartige Krankenhäuser wachsen zwischen den Wohnsilos aus dem Boden. Ein Gefühl von lähmender Ausweglosigkeit breitet sich aus. Überall riesige Reklametafeln. Werbung per Videos wohin man sieht. Suchende, die vergessen haben, was sie suchen. Durstende.

Beim Anblick tränen die Augen

Wie Inseln tauchen klare oasenartige Landschaften auf, fast unwirklich, Auenwälder, Weiden, Dörfer und Menschen, die sich langsam und bewusst bewegen. Die Inseln erinnern an Oasen. Sie sind in weiches Sonnenlicht eingetaucht, fast unwirklich, aber an den Rändern schwarz eingefärbt, bedroht.
Man erkennt Bestrebungen, wie sich die Bewohnerinnen und Bewohner dieser Inseln durch Landzungen miteinander zu verbinden beabsichtigen. Aus einer grösseren Distanz erkennt man Leuchtpunkte und lichte Verbindungslinien zwischen ihnen. Es sieht wie eine Zeichnung einer werdenden Gestalt aus, bruchstückhaft zwar und unvollständig, doch ein innerer Drang treibt den Betrachter weiter, herauszufinden, was diese Zeichnung zur Darstellung bringen möchte.

Des Betrachters Blicke wandern rasch hin und her zwischen dieser unruhigen, dunklen und Angst geschüttelten Welt und den Lichtspuren.

Mit der Zeit wird es manchen hellsichtigen Beobachtern allmählich bewusst, dass es der Lichtmensch, der Menschheits-Leib ist, der sich manifestieren möchte. Es ist der werdende Mensch, der auf den Morgen wartet, auf das erkennende Herz.

Die Welt wartet auf das erkennende Herz.

Was sich als heilig entkleiden möchte ist nur mit den Augen des Herzens erlebbar.

Die Umrisse der Zeichen und ihre zusammenhängende Gesamt-Gestalt liegen in den Niederungen des Erden-Bewusstsein im Verborgenen.

So braucht es die Stille der Nacht um zu sehen, was sich als heilig entkleiden möchte.

Es braucht die Stille, um zu sehen.

Stille Nacht – heilige Nacht