Der Weltschmerz und die Samen des Guten

Der Weltschmerz und das Leiden der Welt suchen eine Wohnstatt, einen Ort, wo sie -endlich – gesehen und gehört werden,
wie jeder Mensch gehört und gesehen werden will, damit er sich entspannen und sich lösen kann,
wie alle, die leiden, sich verloren und verzweifelt fühlen, ein offenes Ohr
und ein offenes Herz suchen, solange, und immer rastloser werdend,
bis sie es gefunden haben.

Und da gibt es Menschen, nicht Wenige, die
das Klopfen hören und auftun und Einlass gewähren.

Einlass für die Schmerzvollen, Verwundeten, Leidenden, in Gestalt
endloser Flüchtlingsströme,
in Gestalt hungernder Kinder,
in Gestalt verelendender Tiere und aussterbender Pflanzen,
in Gestalt junger Männer, die ihren Vater im Krieg verloren haben,
in Gestalt missbrauchter und vergewaltigter Frauen.

Jemand muss doch da sein für die Gestrandeten, die Verwundeten, die Verlassenen.

Der Schmerz der Welt will gehört und wahrgenommen sein.

All das, was Menschen ausgelagert haben, öffentliche Dienste, Funktionen, Gefühle, ihr eigenes Leiden ist auf der Suche
nach offenen Herzen.

Bis Du nicht mehr kannst, feinfühlige Frau, empathischer Mann,
bis zum Punkt, wo Du den Kopf auf den Tisch legst
und einen tiefen, langen Seufzer ausstösst,
und vielleicht legt sich dann Ruhe über Dich, wer weiss
und ein leises Lüftchen umkreist Deine Schläfen

oder Du bemerkst, dass ein wunderbarer hilfreicher oder schöpferischer Gedanke zu Dir kommt, der von Dir sanft geknetet und angehaucht werden möchte
und zu einem Samen des Guten werden möchte.
Du atmest bewusst, während Du ihn zu einem Samen rollst und mit jedem Atemzug
wird er geschmeidiger und er beginnt gold-gelb zu glänzen und

er bittet Dich zu einer guten Tat.
Die Magie der Verwirklichung umhüllt Dich wie ein feiner Zauber.
Du bringst den Samen, den Du zwischen den Fingern und im Herzen bewegt hast,
den Du liebevoll angehaucht hast und ihm so Leben gegeben hast
in die Erde.

In die Erde, den Humus, die Humanität.
Dann, wenn Du den Samen mit Erde zugedeckt hast,

beginnst Du darüber zu tanzen.
Die Sonne funkelt in deinen Wimpern
und Du spürst, wie dass Sonnenlicht zur Erde fällt.

Dann wirst Du leer, unendlich leer und still.
Und während Du schläft, flüstert Dir die Geliebte/der Geliebte ins Ohr,
während Dein Verstand im Tief-Schlaf ist.

Oh!

Am nächsten Tag, irgendwann zwischen Tür und Angel
klopft der Weltschmerz an Deine Türe
und die Heilkraft in Dir
öffnet ihm die Tür.


und Du spürst, wie Dir ein warmes Gefühl entströmt, wie ein Licht in der Nacht.
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zum Titelbild: Ausschnitt einer Darstellung von Kannon oder Kanzeon, Bodhisattva, die Verkörperung des Mitgefühls, in männlicher Gestalt als Avalokiteshvara bekannt.

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