Werners  Blog

Feuer

Feuer ist zurzeit ein Thema: Vulkan-Ausbrüche scheinen sich zu häufen. Gravierender aber sind die Waldbrände im Gebiet des Amazonas, in Brasilien, Bolivien, Alaskas und Indonesien. Feuer durch Brandstiftung mit dem Zweck Landwirtschaftsflächen zu gewinnen für Monokulturen.
Die Lunge der Erde, das Amazonas-Gebiet steht in Flammen!
In Russland explodierte ein Raketen-Triebwerk mit Atomenergie. – Feuer auf einem Tauchboot.
Die Überhitzung der Wirtschaft führt zur Überhitzung des Klimas.
Feuer also in verschiedenen destruktiven Gestalten.
Im Aussen, in der Welt, widerspiegelt sich die innere, kollektive Verfassung unseres Bewusstseins.
Wenn Feuer am Horizont aufflammt scheint mir der Moment gekommen zu sein, zu fragen: Wie steht es zur Zeit um die Beziehung des Menschen zum Feuer, insbesondere aber wie ist sein Verhältnis zum inneren Feuer? Lesen wir also im Aussen die Zeichen, die etwas über uns selbst aussagen.

Feuer begegnet uns vor allem in der Sexualität, im leidenschaftlichen Tun und in der Begeisterung, die uns vorwärts und über unsere Grenzen treibt, in der Kraft des Wandels, der Transformation. Feuer hat aber auch eine reinigende, läuternde Wirkung.

Das Feuer ist eine sehr starke Kraft: Es sucht unmittelbaren Ausdruck, Freiheit; es brennt, wo es will, da, wo das Leben entflammt, zwei Menschen oder zwei Qualitäten sich ergänzend (reibend) treffen. Insbesondere in der Liebe. Verliebte tanzen auf Feuerwellen, ohne zu verbrennen. Entreisst sich hingegen das Feuer von der Anbindung an die Liebe (der Zärtlichkeit, dem Respekt vor dem Leben), führt es zur Selbst-Verbrennung, verbrennt der Feurige, der sich von der göttlichen Ordnung abgetrennt hat.

Hier ist ein Zwischenhalt nötig, um zu klären, was ich mit der göttlichen Ordnung meine:
Diese Ordnung ist Ausdruck der LIEBE, der Weisheit und der Wahrheit. Sie ist beweglich, fliesend, weich; sie bezieht die sich verändernden Situationen stets mit ein, ist also niemals starr und zwanghaft. In jedem Moment werden die sich verändernden Bedingungen und Situationen miteinbezogen, integriert. Das Feuer wirkte also innerhalb dieser hohen weisen Ordnung hilfreich, andernfalls wird es gefährlich und wirkt im Menschen und auf und auf der Erde selbst-destruktiv.

Das Feuer brennt also zwischen Freiheit/Spontaneität und Bindung/Verantwortung. Dies gilt ganz besonders auch für die Sexualität.

Die grossen religiösen Systeme glaubten die Kraft des Feuers und damit auch der Sexualität durch Zwänge und rigide Regeln bändigen zu können. Sie haben diesbezüglich versagt. Sie haben es nicht verstanden mit diesem Paradox (Freiheit und Einbindung in eine höhere Ordnung) umzugehen. Und so lange dies so ist, werden sie sich nicht weiterentwickeln können.
Prometheus stahl das Feuer, Zeus beanspruchte die Hoheit über das Feuer. Das vom Ganzen abgetrennte (das gestohlene) Feuer ist gefährlich und zerstörerisch, während das ins Leben eingebettete Feuer wärmt. Es ist der Motor jeglicher Kreativität.
Brandstiftungen sind die Folge von Macht-Zusammenballungen anmassender Herrschaft über das Feuer. Das ist Frevel.
Trump, der US-Präsident, sagte, dass er Grönland kaufen wolle. Dort will er Wälder roden (verbrennen), um Bodenschätze zu gewinnen. Das ist Anmassung, Herrschaft.

Im gekränkten, beleidigten Stolz, im eifersüchtigen und neidischen Ego, wie wir es bei vielen Herrschern erkennen, ist Feuer-Kraft gefangen: mottendes, zersetzendes und zerstörendes, gestautes Feuer, das lange im Unsichtbaren wirkt, bis es explodiert.
Nicht nur bei Herrschern: bei allen Menschen, die ihr Feuer, ihre Leidenschaft und ihre Träume und Visionen nicht lebens-dienlich leben, es unter Druck halten, besteht die Gefahr, das ihr Leben erodiert, sich die Impulse, auch die aggressiven, sich gegen sie selbst richten: zerstörend oder lähmend-depressiv.

Noch einmal: Das Feuer – und ich denke jetzt vor allem an das innere Feuer – sollte nicht durch Zwang und Konventionen gebändigt werden, sondern durch Weisheit und Mitgefühl, wodurch seine Kraft und Leidenschaftlichkeit leben kann: in Freiheit und Verantwortung.
Es ist nötig, dass das Feuer behütet wird. Es braucht die Hüter*innen des Feuers.

Dem aus dem Wissen um die Ganzheit entrissene und somit gefährliche Feuer scheint uns bedrohlich näher zu kommen.

***

Das heilende Bild: Menschen, Frauen und Männer aus allen Nationen sitzen um ein grosses Feuer. Die Suppe, die sie über dem Feuer gekocht haben, zirkuliert jetzt in einer grossen Kalebasse. Sie kreist um das Feuer. Die Anwesenden teilen ihre Herzensanliegen, ihre Visionen miteinander. Der Rede-Stab wandert. Der Abend bricht an und damit die Kühle. Das Feuer in ihrer Mitte wärmt.
Alles kreist um das Feuer, wie die Erde um die Sonne.

Das Seelen-Lied – heilende Felder – wärmende Räume

Es spricht in mir:

Es ist wichtig, dass du das Lied,
das in dir gesungen wird, fühlst.
Es ist das individuelle Lied deiner Seele.
Es ist dein Seelen-Lied,
deine ursprüngliche Vibration
(1).

Lass deine Seele singen.
Es ist ein Lichtgesang. –
Licht und Klang
in inniger, einmaliger Verbindung.
Dadurch webst du dein Lebensfeld, dein Lebens-Umfeld
(2).

Wenn Seelenlieder im Geist der Gemeinschaft sich verbinden,
also einen Chor bilden,
entsteht ein heilendes Feld der LIEBE,
entstehen Wärme-Räume
(3),
also wärmende Räume,
welche aus der ursprünglichen Stille erweckt werden,
Seins-Räume
(vergl. Blog vom 17.8.19) Einzelner,
die in der gemeinsamen Gruppen-Vision
verbunden, vernetzt und gehalten sind
(4).
Sie bilden Energie-Felder göttlichen Ursprungs,
welche Leben regenerieren, wiederherstellen und schützen.

Im OM oder AMEN vertiefen sich die heilenden Felder der Liebe.
Sie weben sich und breiten sich aus im heilenden Geist.

Das ICH BIN (5) ist der Ursprung, die Quelle.
Daraus entströmt das LIED,
die Segnung aus Klang und Licht – das OM und das AMEN.

Das ist eine Skizze zum göttlichen Bauplan,
gemäss derer Institutionen und Gemeinschaften,
die dem Schutz, der Heilung, der Wiederherstellung und der Festigung
des Lebens dienen, aufgebaut werden können. (5)

 

Erläuterungen:

  1. Jedes Lebewesen ist die Verkörperung einer göttlichen Vibration, einer Nuance in der grossen kosmischen Symphonie des Lebens. Wenn zum Beispiel die Wale ausstürben, würde eine wichtige, vielleicht die die Ozeane miterhaltende Vibration aussterben, was ein Ereignis grösster Traurigkeit, ein unermesslicher Verlust darstellen würde. Täglich sterben viele Tier- und Pflanzenarten aus. Was für ein Verlust an Vielfalt und Reichtum (das ist der wahre Reichtum!) und wir Menschen tragen dafür die Haupt-Verantwortung.
    Die Vibration, die aus der Liebe strömt, hält die Sonne in ihrer Bahn.
    Wenn wir unser Lied singen, helfen wir uns und dem Leben auf Erden. Es ist segensreich, die eigene Vibration, das eigene Lied kennenzulernen. Dafür haben wir während der ganzen Lebensspanne die Gelegenheit dazu.
  2. Das Lebensumfeld ist das Feld unserer Persönlichkeit, vom höheren Selbst gelenkt. Ist der Mensch gegenwärtig und verbunden, so sind die einzelnen Elemente im Feld gut miteinander verwoben und das ganze Feld ist im Licht und in Harmonie. Nimmt die Präsenz ab, verdunkelt sich das Lebensumfeld, wird es störungsanfällig und die Kraft der Weisheit ermattet. Bewusster Atem hilft, die Flamme unseres Lebensfeldes lebendig zu halten.
  3. Wärme-Räume – ein Begriff, der meines Wissens Rudolf Steiner prägte – entstehen dann, wenn Menschen den Ort, an dem sie in kontemplativer Versenkung sind, einbeziehen und in ihn ausstrahlen, also ihren inneren Seins-Raum in den Ort ihrer Mediation ausdehnen. So entstehen Räume der Wärme, der Stille und der Kraft. Das können Kapellen sein, Plätze, Baumgruppen, Uferzonen, Stuben, Treffpunkte, Kulturräume, Krankenzimmer, etc. Jeder Mensch hat die Freiheit für einen bestimmten Ort Verantwortung zu übernehmen, ihn auf diese besagte Weise zu pflegen, zu «tränken», ihn seelisch-geistig aufzubauen, damit er auch für andere Menschen zu einem Ort der Sammlung werden kann. Es kann auch ein einzelner Baum sein, den du aus deinem Herzen über längere Zeit umströmst und umhüllst, so dass er zu einer Art von Wächter- und Schutz-Baum für seine Umgebung wird.
  4. Auch Energiefelder, die aus Liebesbeziehungen entstehen, haben diese wärmende und zentrierende Kraft, die heilend auf ihre Umgebung wirkt. Die gemeinsame Vision fügt die Visionen ihrer Mitglieder harmonisch zusammen. Es treffen sich also Menschen, um eine Gemeinschaft zu bilden, die eine übergreifende Vision miteinander teilen. Je stärker und bindender diese ist, und je hingebungsvoller die einzelnen Mitglieder sich seelisch-geistig in ihrer je eigenen Vision einbringen, desto eher kann sich ein starkes Energiefeld bilden, welches ausstrahlt und anziehend für die Mitwelt ist.
    Auf diese Weise könnten/sollten vor allem soziale Institutionen aufgebaut werden: Spitäler, Altersheime, Jugendheim, Sterbe-Hospize, Geburtshäuser, Kirchen, etc. Therapeutisch-spirituelle Gemeinschaften, wo sich jede und jeder (von der Putzfrau bis hin zum Direktor) mitverantwortlich fühlt für den Aufbau und die Stärkung eines gemeinsamen heilenden und entwicklungsfördernden Energiefeldes, würden die Basis für die praktisch-konkrete Arbeit bilden.
  5. ICH BIN ist ein kraftvoller Name für Gott, er verdichtet die Wirklichkeit. Ihm kann nichts beigefügt werden, weil er die Essenz des Lebens, des Seins ausdrückt und zur Quelle führt und diese ins Licht des Bewusstseins hebt. Was aus dem ICH BIN lebt, ist behütet, geschützt und gesegnet.
  6. Bauen wir die Welt auf dieser Grundlage auf, wird sie aufblühen können. In Frieden. «Doch im gegenwärtigen Moment muss die Menschheit dringend die nährende Energie des Selbst wieder ins Leben zurückatmen, bewusst die Seele der Welt mit dem Licht der eigenen Seele entzünden.» L. Vaughan-Lee

Im Spital

Noch bin ich leicht benommen von der Schicksalswelle in meine Wohnung zurückgeschwemmt worden, wo ich meinen eigenen Atem wieder finde, also im Vertrauten wieder angekommen bin. Ich habe das Spital in seinem kühlen, harten Weiss zurückgelassen, in dem ich vier Tage in einem lauten, unruhigen Dreier-Zimmer lag, gefesselt von Infusions-Leitungen und einem Katheter.
Die Spitalwelt ist mir fremd: seine strikte Hierarchie, die entseelte, nur noch höfliche aber kaum mehr herzliche Pflege, die vielen technischen Abläufe… doch einmal, eines Morgens, trat eine junge Pflegerin wie ein Lichtstrahl in unser grosses Dreibett-Zimmer und sagte, dass sie hier die Nachttischen abstauben und reinigen werde. Sie tat dies mit so viel Achtsamkeit und liebevoller Präsenz, ja, ich möchte schon von Hingebe reden, dass es spürbar heller im Zimmer wurde. Sie war in Ausbildung im ersten Lehrjahr, aber schon eine ausgereifte Pflegerin mit heilender Ausstrahlung.
Meinem jungen Bett-Nachbarn verweigerten die Angestellten eine wirkungsvolle Schmerz-Therapie über zwei Tage hinweg. Oder sie getrauten sich nicht, das unwirksame gegen ein wirksames Schmerzmittel zu ersetzen. Es war kaum anzusehen, wie der Mann litt. Mit Hilfe seiner Verwandten, die grossem Druck machten, traf dann der Chefarzt ein, verschrieb Morphium und mein Nachbar war in wenigen Minuten schmerzfrei und konnte wieder schlafen. So viel zu den Auswirkungen einer straffen steilen Hierarchie.

Nun bin ich also wieder zu Hause, benommen und dabei, mich wieder in meiner eigenen Haut zurecht zu finden und meiner Müdigkeit, die mit Verspätung nun Einzug hält, nachzugeben.

Im Folgenden schildere ich meine erste Nacht im Spital, kurz nach meiner fünf-stündigen Blasenstein-Entfernung:

Um 20.30 Uhr kam ich im Wach-Saal wieder zu mir und fühlte mich gleich ganz wach und klar, was die Anwesenden erstaunte. Mich auch. 15.2.45 – natürlich wusste ich mein Geburts-Datum, ohne zu studieren. Kurz vor dem Ende des 2. Weltkrieges. Trage ich noch Spuren des Krieges in mir? Vermutlich schon.

Unmittelbar vor der Operation sagte mir die mich operierende Ärztin, dass es gut sei, einen eigenen Traum in die Narkose und die nachfolgende Operation mitzunehmen. Ich hatte meinen Traum, nahm ihn mit. Wie schön, wie wahr und klug, doch ihr Hinweis war.

Eine andere Ärztin hatte mir die Infusion zu stecken. Kurz vor dem Einstich fordert sie mich auf einzuatmen, was ich tat. Während ich einatmete, stach sie. Noch nie erlebte ich den Einstich einer Infusion beinahe schmerzlos.
Ich sage mir: Wenn etwas eintreten soll, atme ich ein, gebe Zugang, wenn etwas austreten soll, atme ich aus, akzeptiere und fordere damit den Auslass. So einfach ist das und so hilfreich.

Nach den beiden Erfahrungen/Einsichten der beiden klugen Frauen, wurde ich in die Operationsaal gefahren und auf den OP-Tisch gebracht. Im Raum herrschte eine aufgeräumte, ja heitere Stimmung. Ganz kurz fand ich das Lachen befremdlich, danach schätzt ich es, denn es schmälerte den freundlichen Einsatz der Mitarbeitenden in keiner Weise – im Gegenteil.

In der beschriebenen Klarheit – die Auswirkung meines Traumes – wurde ich in mein Krankenzimmer gekarrt. Nach einer kleinen Mahlzeit, inzwischen war es dunkel geworden, kam eine sanfte, tiefe Müdigkeit zu mir und legte sich über mich wie eine leichte, warme Decke und ich schlief ein – und blieb dabei völlig wach und präsent. Ein Klar-Traum.
Ich hörte das Plätschern des Regens draussen, das Schnarchen meines Nachbars und gleichzeitig erlebte ich und wusste, dass ich schlief und träumte. Ich folgte allen meinen Träumen und beobachtete sie und realisierte gleichzeitig alles, was in meinem Zimmer und in meinem Körper vor sich ging. Das ging vielleicht eine bis zwei Stunden so. Ich erlebte den Zustand als sehr friedvoll. Einer der Träume hatte die Qualität einer Vision: Ein weiser kraftvoller Mann erschien und sagte mir, was ich in meiner kommenden Lebensphase zu beachten habe. – Es war eine starke, kurze und eindringliche Begegnung.

Danach folgte ein Wechsel von Schlummern und Nachdenken. Diese hatte die Qualität von Klar-Werden.

Auch Krankheit – Gesundheit ist in den letzten drei Jahren für mich zu einem zerbrechlichen Gut geworden – trägt sowohl den Aspekt von Klar-Werden, wie auch von Mensch-Werdung in sich. Krankheit ist für mich zu einem Vehikel der Bewusstwerdung geworden.

Als es dämmerte, freute ich mich auf das Frühstück. Ich war dankbar, dass ich friedlich und völlig schmerzfrei war -, ja und auch darüber, dass liebe Menschen fühlbar mit mir in Verbindung waren. Und auch jetzt sind.

 

Im Seins-Raum

Manchmal ist es mir ein Bedürfnis innere Erfahrungen weiterzugeben, zu teilen. Bevor ich sie in Worte fasse, überprüfe ich das Erkannte im Innern, ob das, was sich formulieren möchte, tatsächlich dem entspricht, was ich innerlich erlebe und erfahre. Wenn keine Übereinstimmung vorliegt, gelangt es in keinen Text.
In welchem Masse meine innere Wahrheit auf andere Menschen übertragbar ist und wie weit sie verallgemeinert werden kann, kann ich nicht beurteilen.

Ich lebe im Seins-Raum. Es ist mein wahres Wesen, welches im Seins-Raum lebt. Dieser Raum ist sowohl leicht, wie auch dicht. Hier bin ich von Wesenheiten umgeben. Hier bin ich ganz, während ich mich im Raum der Alltags-Erdenwelt als sehr relativ und vergänglich erlebe.

Im Seins-Raum ist meine Heimat.
Er ist völlig beseelt.
Hier dehnen sich alle meine Dimensionen, die zu mir gehören, aus. Ich weite (erweitere) mich da. Alles ist gut bis in die Tiefe des Seins.

Seins-Tiefe: ganz unten die Grund-Strömungen der Lebenskraft, in der Höhe lobende Wesen in ihrem Liebestanz.

In der Versenkung, zum Beispiel in der Meditation oder im kontemplativen Gebet, manchmal auch in psychotherapeutischer Körper-Arbeit, verändert sich das Zeit- und Raumempfinden:
Zeit erlebe ich als Gegenwärtigkeit, ich spüre sie als nährende und schöpferische Essenz.

Raum dehnt sich; er ist grenzenlos, leicht und dicht zugleich. Eine schimmernde Sphäre. Das Wesen (Ich) und der mich umgebene Seins-Raum unterscheiden sich nur graduell. Der Seins-Raum ist auch in mir, so wie er mich umgibt. Alles ist wechselseitig verbunden, es gibt da keine isolierten Einzelteile.
Der Raum atmet, pulsiert. Hier ist keine Schwerkraft, sondern eher ein Gleiten, ein Schweben.
Verweile ich im Seins-Raum, der auch ein Bewusstseins-Raum ist, erfahre ich seine intensive Lichtkraft immer mehr (vergleiche den letzten Blog: Licht und Bewegung). Das Gefühl: Ich bin aufgehoben, beheimatet. Hier bin ich wirklich, hier bin ich real. LIEBE und all-gegenwärtige Schönheit, die alles durchströmt. Alles ist hier in LIEBE gesehen und in LIEBE gehört. Anteilnehmendes Leben.

Der innere Mensch, der ins Licht der Wahrnehmung tritt – ich nenne ihn auch das Wesen – ist, so spüre ich das deutlich, real, anwesend, während der von der Zivilisation und der herrschenden Kultur geprägte Mensch grosse illusionäre Anteile (Maya) an sich hat. Manchmal erscheint er als abwesend, unsichtbar. Im Seins-Raum ist Anwesenheit, Wahrheit, Wahrhaftigkeit und Seligkeit.

Wenn du, wenn ich, aus diesem Seins-Raum liebevoll mit Mitgefühl ausatmen, können wir das bedrohte Leben auf Erden unterstützen und nähren. Es ist eine Art von stiller Friedensarbeit, die aktive handfeste Friedensarbeit nicht ausschliesst, sondern vielmehr stärkt.

LICHT UND BEWEGUNG – eine Meditation

Ich weiss, dass es ans Unmögliche grenzt, innere tiefe Erfahrungen, wie hier die von Licht und innerer, kinästhetischer, also emotional gefühlter Bewegungen verbal zu vermitteln; bleibt nur die Hoffnung, dass ich Worte, Sprachbilder oder Rhythmen gefunden habe, die geeignet sind, beim Empfänger einen inneren Funken zu erzeugen. An der Grenze zur Unmöglichkeit können sich ganz überraschend Wunder ereignen. In diesem Grenzbezirk, also im Zwischenraum von Unmöglichkeit und Wunder, ist es sinnvoll, ein «Zelt» aufzuschlagen.

Ich atme mit der Vorstellung von Licht.
Die Vorstellung ist ein Fenster,
durch welches das reale, geistige Licht fliesst
und den Lichtkörper, unser himmlisches Fundament
aufbaut, stärkt, – so,
dass er mehr und mehr zur Wirklichkeit wird.

Anders als das physische Licht,
berührt uns das ewige Licht in der Tiefe
und lässt uns SEIN.

Das Licht, das ich empfange,
das Licht, das mich empfängt,
erinnert an eine Liebeserklärung.

Atem und Licht sind nun vereint:
Atem-Licht.

Dieses dient dem Wachsen und der Entwicklung
des Lebens.
Leben aus Liebe – aus Liebes-Licht.

Das Licht intensiviert sich, gewinnt an
Leuchtkraft und Glanz.
Alles, das ganze Universum ist von ihm durchdrungen.

Ich bin Licht im Licht.
Du bist Licht im Licht.
Wir sind Lichter im Licht.

Das Licht bewegt mich.
Seine Bewegung bringt mich mir selbst nahe.
Es öffnet meine Räume der Innerlichkeit,
der Seele.
Da BIN ICH.

Aus dem Innersten ICH BIN strahlt es in die Welt,
unablässig:
Nahrung für dich und mich.

Manchmal schaukelt und wiegt mich das Licht
sehr sanft und zart.
Es öffnet mich, weicht auf, es heilt,
dich und mich – uns.

Bewegtes Licht, das erlöst,
Erstarrtes aufbricht,
verlebendigt.
Sprudelnd, kreisend, spiralförmig, strahlend,
selbst in der dunkelsten Ummantelung
sichtbar, spürbar.

Es bewegt mich so,
wie ich es jetzt brauche,
wie du es jetzt brauchst,
wie wir es jetzt brauchen.

Sprechendes Licht,
sprechende Bewegung,
Bewegungs-Licht in Stille,
Bewegungs-Ruhe.

Das Licht bewegt mich ins Leben hinein,
in den Strom der anima mundi,
der Welt-Seele.

Erwachen im Bewusstsein der Unsterblichkeit.

Das ist die Realität, sagt ER,
das ist die Wirklichkeit, sagt SIE,
die Basis,
auf der ich stehe,
auf der du stehst,
auf der wir stehen.

Fels gewordenes Licht.


Zwei Schluss-Bemerkungen:

  • Dieser Text kann als Meditations-Anleitung dienen. Du liest jeweils einen Abschnitt und lässt danach den Inhalt in Stille in Dir nachklingen. So verfährst Du Abschnitt für Abschnitt. Wenn Dich dieses Vorgehen anspricht, kannst Du es über eine gewisse Zeit wiederholen.

 

Auf der polaren Bewusstseins-Ebene, findet sich neben dem Licht Schatten und Finsternis. In der «Präsenz» ist Licht uneingeschränkt gegenwärtig, auch wenn sich Phänomene im Schattenkleid darstellen, ist es gegenwärtig, schattenlos, todlos.

Danke, Frau Sa

Ich verdanke Frau Sa – so will ich sie nun einmal nennen – so viel. Ihren Vornamen kenne ich nicht. Sie war die Frau des von mir so bewunderten Pfarrers der Gemeinde, in der ich wohnte.

Als ich 18 oder 19 Jahre alt war, traf ich sie eines Tages im Zug von Zürich, wo ich meine Buchhändler-Lehre machte, auf dem Nach-Hause-Weg nach W., meiner Wohngemeinde. Wir sassen uns gegenüber und erzählten uns, was wir in Zürich denn so täten. Sie sagte mir, dass sie immer montags in der Stadt Ballett-Unterricht hätte – schon seit Jahren tanze sie Ballett.

Auf dem Weg vom Bahnhof nach Hause – im Gespräch vertieft, wir waren beim Pfarrhaus angelangt – fragte sie, ob sie mich zu einem Glas Wein einladen dürfe. Gerne nahm ich ihr Angebot an, fühlte mich geschmeichelt.

So sassen wir uns dann in einem Zimmer gegenüber: die junge, schlanke Frau, die wohl etwas über 40 war und ich, ein Jugendlicher in der Adoleszenz, unsicher in allem, doch am Leben interessiert. – Ihr Gesicht, profiliert und ausdrucksstark, drückte Eigenwille, Zartheit und Trauer aus. Sie schien ein wenig entrückt zu sein, in einer anderen Welt.

Es dauert nicht lange und sie begann über die Schwere ihres Lebens zu erzählen. Ich hörte ihr zu – mit beiden Ohren – und voller Mitgefühl. Sie wuchs in Deutschland auf. Im Krieg, unter ständigem Bomben-Alarm, Tage langen beklemmenden Wartens in kalten Kellern. Und Angst, Angst.
Frau Sa war ein traumatisierter Mensch. Ein Teil von ihr lebte immer noch im Keller, im Alarm-Zustand. In der Angst, im Schrecken.

Frau Sa wurde von den meisten Kirchgemeinde-Mitgliedern abgelehnt, weil sie sich der Rolle «der Frau Pfarrer», die damals ein Muss war, verweigerte. Sie wollte ihr eigenes Leben führen, zu dem besonders der Tanz gehörte. Ihr Mann akzeptierte ihre Eigenständigkeit.
Sie verbrachte ein Leben in Schlaflosigkeit, zumindest ohne Tiefschlaf. Es gelang ihr nicht zu entspannen und loszulassen in den Nächten. Jahrelang. Darüber klagt sie, ohne zu klagen. Sie erzählte mir, wie es sich anfühlte, all die Nächte wach und erschöpft schlaflos dazuliegen. Über Jahre!

Ich hörte ihr einfach zu, stellte ihr vielleicht einmal Zwischen-Fragen, über Wochen, über Monate. Unsere Montags-Gespräche waren zur Tradition geworden.

Ich erzählte ihr, was mich beschäftige. Sie war eine wunderbare Zuhörerin. Ich weiss nicht mehr, was ich ihr berichtete, aber ich erinnere mich, wie gut mir ihr Interesse tat. Meine Mutter, mit der ich alleine zusammenlebte – mein Vater war längst gestorben, meine ältere Schwester verheiratet – war eine denkbar schlechte Zuhörerin. Sie monologisierte, während ich mich einsam fühlte.
Und nun Frau Sa: sie fragte und hörte zu, bis in ihr Herz hinein. – Es fanden sich zwei, die sich nach Zuhörenden sehnten.

Es war eine Art nicht sexueller Liebesbeziehung mit einem leichten Hauch von Erotik. Sie war geprägt von Respekt und Achtsamkeit. Wie dankbar ich doch bin für diese Erfahrung, bis heute, weshalb ich diesen Blog-Beitrag schreibe.

Durch sie lernte ich, wie wunderbar und erfüllend eine solche Beziehung ist, die im Zeichen empathischen Zuhörens steht.

Nach einigen Monaten löste sich diese Beziehung wie von selbst auf, wie ein wunderbarer Wind, der abgeklungen war. Die Begegnung hatte sich erfüllt und ich frage mich, ob ich ohne diese Gespräche Psychotherapeut geworden wäre. Auf jeden Fall war der inter-generative Austausch und das Erleben jener zarten Intimität für mein Leben grund-legend. Seither verstehe ich mich als einen Beziehungs-Menschen, als ein allseits Verbunden. Wovon mein Nachname, Binder, auch zeugt.

Im Islam nennt man solche schicksalshaften Begegnungen, die oft Weichenstellungen im Leben einleiten, Kismet. Es können auch Wieder-Begegnungen seelischer Verwandter sein. Sie lassen sich weder verhindern noch erfolgreich unterdrücken. Sie sind von hohen seelischen, beziehungsweise göttlichen Mächten vorbereitet und arrangiert.

Ich danke Ihnen, Frau Sa. Ich weiss nicht, ob sie noch leben. Wie auch immer: Ich grüsse Sie in bester Erinnerung.

 

 

 

 

Erschütterung durch Schmerz und Schönheit

Garry Zemp, der ehemalige Co-Präsident der IP (Integrale Politik), schreibt auf der Web-Seite der IP:

„Die Menschheit, mindestens die des abendländischen Kulturkreises, steht vor einer existenziellen Wahl. Entweder bleibt sie weiter auf dem durch die kapitalistische Moderne vorgezeichneten Weg der Selbstzerstörung, oder sie entscheidet sich für den kreativen und konstruktiven integralen Weg, ein Weg der persönlichen und sozialen Bewusstseinsentwicklung.“

Ich stimme dieser Analyse zu: Die globale Entwicklung, die sich der Rendite und dem wirtschaftlichen Erfolg auf Kosten von Minderheiten und der Natur verschrieben hat, ist selbstzerstörerisch. Das globale, moderne kapitalistische System verspricht alle Probleme lösen zu können und bietet dafür technisch-wirtschaftliche Reparaturen an, selbst wenn die Ursachen zwischenmenschlicher Art sind. Es verleugnet die wahren Ursachen. Das System ist darauf angelegt, sich selbst zu erhalten, indem es sich für alles zuständig und fähig erklärt. So – um ein Beispiel zu nennen – wollen die USA einfach Palästina kaufen (wir bringen euch allen Wohlstand), um den Preis, dass dieses sich politisch stille hält und seine Forderung nach einem eigenen Staat begräbt.

Die für mein Dafürhalten dringliche und tiefgreifende Bewusstseins- und Verhaltensänderung ist über vernünftige Argumentationen nicht oder nicht alleine zu erwarten.

Deshalb glaube ich, dass es die Erfahrung von Erschütterung, ausgelöst durch Schmerz und Schönheit, braucht, welche bis auf den Grund der Seele wirkt.

Das heute verbreitete rationale und funktional-technische Denken und Handeln („was nützt es mir…“) ist bis in die Knochen verinnerlicht. Es basiert auf Trennung und Zersplitterung.

Die Erschütterung kann sowohl von aussen (gesellschaftliche Umwälzungen, Krisen, Erdbeben, Kriege, usw., wie auch von innen (Krisen, Krankheiten, Träume, Trennungen, usw.) kommen.
In der jetzigen Übergangsphase von einem nun vergehenden Zyklus der Menschheitsgeschichte in einen anderen, höheren, bewussteren, herz-zentrierten Zyklus sind sehr starke Kräfte der Umwälzung am Werk und sehr starke Emotionen wie Angst, Schmerz, Trauer, Auflehnung, Hoffnung und Sehnsucht wahrnehmbar. Aber auch Licht aus hohen Ebenen und Heilkraft. Diese starken Ströme des Wahrheits-Bewusstseins und der damit verbundenen Emotionen sind eingepackt, also isoliert von unserer Alltags-Wahrnehmung. Die allgemeine Verdrängung und Verleugnung sind mächtig.
Hellfühlende, erwachte Menschen, zum Beispiel feinfühlige Künstler*, nehmen aber das gleichsam unterirdische Brodeln und Beben sehr stark wahr.

Die Erschütterung will wahrgenommen und gefühlt werden, will uns Menschen erreichen, damit die inner-seelischen Bewegungen und Prozesse geschehen können,
damit die nötigen Entwicklungsschritte stattfinden. Indem uns die Veränderungsprozesse klar werden, auch emotional, gewinnen sie an Kraft und Realisationsvermögen. Wir können erst dann von „Einsicht“ sprechen, wenn diese alle Schichten der Persönlichkeit durchdrungen hat.

Meistens sind es Erfahrungen von Schmerz oder von Schönheit, die uns helfen, letztlich heilsame Erschütterungen zuzulassen. Sowohl Schmerz, wie auch die Erfahrung von Schönheit können berühren, aufrütteln und erschüttern!

Wenn Menschen lange genug das unterdrückt haben, was ihnen helfen kann, zur Einsicht zu finden, bildet sich Schmerz, der sich schlussendlich durchsetzt in verschiedenen Formen. Dies gilt sowohl für die individuelle, wie auch für die kollektive Ebene. Diese schmerzlichen Erfahrungen, Krisen, bewirken die dringend nötigen Veränderungen und Entwicklungsschritte.

Positive Erschütterungen resultieren meist aus der Erfahrung von Schönheit, wie sie nicht selten in meditativen Zuständen, in der Kunst oder bei Nahtod-Erlebnissen vorkommen. Sie sind umwälzend. Erfahren wird: Schönheit als Ausdruck der LIEBE, wie sie in der ganzen Schöpfung wirkt und Leben entstehen lässt. Das Erleben ursächlicher stupender Schönheit, führt bei Vielen zu einer kompletten Neuorientierung ihrer Lebensweise. Sie fangen an zu staunen und wissen nun Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden. Sie werden sich für den Geist und nicht für das Geld entscheiden.

Ich glaube, dass die meisten Menschen, sowohl das Erleben von Schmerz wie auch von Schönheit für ein Leben in Bewusstheit benötigen. Vermutlich gilt dies auch für die menschliche Gesellschaft.

Meine Grund-Frage ist: Was hilft uns, tiefgreifende heilende Berührungen, die bewegen und erschüttern und damit zur Umwandlung führen, offen zuzulassen?

 

*Die Symphonie Nr. 2 von Thomas Trachsel handelt von der Angst unserer Zeit. Höre hier den 1. Satz der Symphonie. Es ist ratsam, sich ganz in diese moderne, expressive Musik zu versenken. Sie drückt etwas vom Brodeln und Beben dieser Zeit aus:

 

 

 

 

 

Die Blume: Sinnbild für die menschliche Entfaltung

Die Blume:
In ihrem Samen ist sie schon entworfen.
In der warmen und feuchten Erde entfaltet der Samen seine Lichtkraft –
bricht auf, bildet haarfeine Wurzeln in Richtung
Erd-Mittelpunkt, wie alle andern Pflanzen auch,
nach oben quilt der Keimling, winzig, zart.
Dann schiesst der Stängel empor, seitlich breiten sich Blätter aus.

Danach bildet sich am oberen Ende des Stängels eine Knospe aus.
Zuerst ist sie winzig, wird dann breit und voll, scheint zu drängen,
zeigt: etwas will sich öffnen, hervortreten;
alles zuvor war Vorbereitung für das, was sich nun entfalten möchte.
Unterdessen wird der Stil dicker, die Blätter vermehren sich, werden grösser.
Hochschwanger ist nun die Knospe. Wann bricht sie auf?
Das Herz, unruhig, bis es sich endlich in der Offenlegung entspannen darf.
Die Blüte mag es, im Morgengrauen aufzugehen.
Ein Farbschimmer dringt durch.
Nun scheint sie zu explodieren.
Die Blüte entfaltet sich: die Blütenkrone
Ihr Sitz in den Kelchblättern. Festlich.
Die Blüte hauchfein, in leuchtender Farbe.
Erblühendes Menschsein, verströmende Essenz.
Sich erlösende Sehnsucht.

Erst jetzt, da die Blume gross und stark ist,
wagt sie es, ihre Feinheit und Zartheit zu offenbaren.
Erst jetzt, wenn der Mensch eingewurzelt ist, Stärke aufgebaut hat,
ist es ihm möglich, sich zart und verletzlich zu zeigen.
Die Essenz des Wesens, hauchfein, vibriert,
fängt zu Singen an –
und das Singen wird Licht.
Lichtgesang,
Wesens-Duft.
Mit dem Duft erweitert sich die Kommunikation der Pflanze,
die nun in Verbindung tritt zu Insekten und Vögeln und zum Wind.
So auch der Mensch,
der nun auch bewusst Zugang zu subtilen Wesen finden kann,
weil er seine Wesens-Substanz nun ausatmend verströmen lässt.

Jede Blume ist eine Nuance und ein Ausdruck des Schöpfungsganzen:
ihre Form, ihre Struktur, ihre Farbe und ihr Duft
lassen uns erahnen, wofür sie geschaffen ist.
Jeder Mensch ist eine Nuance und ein Ausdruck des Schöpfungsganzen:
seine Form, seine Struktur, seine Farbe und sein Duft
lassen uns erahnen, wofür er geschaffen ist.
Gleichzeitig verweist das Ätherlicht und der Duft der Blume und des Menschen,
man kann es fühlen,
auf jene Seins-Ebene,
welche die Welt der Formen übersteigt.

Der Mensch gebiert das,
was ihn selbst transzendiert,
was ihn in seinem biografischen Person-Sein übersteigt.
Er ist sich Mutter und Vater
für das göttliche Kind, das in ihm erblüht –
sein Wesen.
Die Blume und ihr Duft redet zu uns über das Mysterium der Verwandlung.

Dann, wenn die Blume,
das Herz, erblüht ist,
bilden sich die Samen kommenden Lebens,
reifen die Früchte des Lebens heran.

———

Meditiere wie eine Mohnblume,
sagte der Starez Séraphim* zu seinem Schüler:
«Diese Ausrichtung auf das Schöne, auf das Licht, liess ihn manchmal rot werden
wie eine Mohnblüte, wie wenn das Schöne Licht ihn lächelnd anblicken würde in Erwartung seines Duftes. Vom Mohn lernte er auch, dass eine Blume einen festen, geraden Stängel braucht, um in der Richtung zum Licht zu bleiben…
Meditieren heisst die Ewigkeit im Vergehen des Ausgenblickes zu erkennen..»

*Jean-Yves Leloup: Das Herzensgebet – nach Starez Séraphim vom Berg Athos.
© by Neumühle, D-66693 Mettlach-Tünsdorf/Saar

 

 

 

Sommer

Sommertime and the living is easy*,
Sonnenbrand zwischen meinen letzten Locken.
Die warmen Sommertag mit leichter Brise
sind geschmolzen,
die wahren üppigen, heissen, schwülen Sommertage
haben begonnen.
Der schwere rote Samtvorhang geht auf,
gibt die Sommerfestspiele preis:
Eine pompöse Kulisse: Rot-orange steigt die Sonne hoch.
Drachen am Himmel und die Linden versprühen ihre
süssen Duft-Wolken.
Träge und schwer fliesset die Aare dahin.
Laszive jungen Frauen mit hoch geschlitzten Maxi-Jupes
tauchen ihre Füsse in die kleinen Uferwellen
und die Fische, schon leicht überhitzt, schnappen nach Luft:
fish are jumpin and the cotton is high*.
Die langen sanften Sommerabende schmeicheln sich ein
und ein sanfter Rausch nimmt von uns liebevoll Besitz.
Nicht dieser harte Gin-Rausch kalter Wintertage,
nein: es ist ein warmer Rausch, der uns einhüllt
und endlich jene langsame, schwere Erotik wieder freisetzt,
auf die wir seit Monaten gewartet haben.
Es ist die Zeit der Rosen, des kühlen gespritzten Weissweines,
der Oliven und Salzmandeln auf dem Jugendstiltischlein am Strand,
oder in der Altstadt, wo eben eine Katze mit hochgestelltem Schwanz
so langsam, irgendwie aufreizend, durch die Gassen stolziert,
dass es unvermeidbar ist, dass die Löffelnden (schau dort diese schwarze Katze!)
Eiscrèmsaft auf ihre Shorts vertröpfeln lassen.

Solche Kleinigkeiten, kaum erwähnenswert, werden jetzt wieder wichtig.
Non-sense in den schönsten Tönen.
Brummender Jazz von nebenan;
ein Velofahrer kämpft sich den Hang hoch, fällt fast um.
Er, dort am Tischchen,
wischt sich die Schweissperlen von der Stirne und sie
schaut gedankenverloren in ihren Ausschnitt,
als ob dort eine kleine Wahrheit darauf warten würde,
von ihr (oder von ihm?) gefunden zu werden.
Alle scheinen zu müde zu sein, um zu denken, zu überlegen.
Wärme, Sinnlichkeit liegt über allem und das Gezwitscher der Schwalben,
die den trägen Mücken nachsausen.
Und dann am Morgen danach wieder Gershwin:
One of these mornin’s you goin’ to rise-up singin’*.
Dies ist die Antwort auf die Wunder des Sommers – und
Gracias a la vida, https://www.youtube.com/watch?v=w67-hlaUSIs
Danke dem Leben.

*Summertime, Gershwin

 

 

 

 

Einblicke in die LIEBE

Ich werde fortan das Wort LIEBE, wenn ich die göttliche, ewige und bedingungslose LIEBE meine, in Gross-Buchstaben schreiben. Sie ist nicht zu verwechseln mit der kleinen, zwischenmenschlichen Liebe, die immer auch etwas Berechnendes, manipulatives und narzisstisches an sich trägt, also nicht als rein betrachtet werden kann. Da die kleine Liebe im polaren Bewusstsein verankert ist, kann sie leicht in Misstrauen, Hass und Angst umkippen, während die LIEBE eins ist.
Im folgenden Artikel versuche ich, Einblicke in die LIEBE zu geben oder einen Blick in das Wunderbare erahnen zu lassen – die grösste universelle Kraft, die existiert.

Wir sind Leben aus LIEBE. Ich liebe, darum bin ich. Die Erde ist verkörperte LIEBE. Mit dem inneren Auge sehen wir das. Nur das innere Auge und das innere Ohr sind in der Lage, LIEBE zu erkennen und zu spüren.

Der bulgarische Mystiker Peter Deunov sagte über die Liebe:
«Die Liebe ist jene Welt, in welcher der göttliche Geist lebt…. Sagen wir Gott ist Liebe, so verstehen wir damit jene Wesenheit, aus welcher alles hervorgeht. Aus dem Quell der Liebe sind alle Welten seit Ewigkeit hervorgegangen und werden auch in Zukunft hervorkommen.»

Viele Menschen streben in ihrer Meditation an, die göttliche LIEBE zu erleben, zu erfahren. Wer sie erfährt -und sei es nur für Sekunden- wird nicht mehr derselbe sein, der er vorher war. Nun wird er/sie nicht mehr rettungslos in den Abgrund ihrer Ängste und ihrer Verzweiflung fallen können. Sie weiss, dass sie letztlich aufgehoben ist.
Auch wenn der Mensch über sich enttäuscht, ja verzweifelt ist und nicht mehr viel auf sich hält, kann er erfahren, dass Gott bedingungslos zu ihm steht und ihm seine volle LIEBE niemals vorenthält. Das rührt zu Tränen, berührt.
Beim Hören der Musik von Mozart spüre ich immer wieder grenzenlose Zärtlichkeit und all-umfassenden Trost.
Maria Dolorosa, die göttliche Mutter, trägt den Schmerzenden, den Abgewiesenen in ihrem Schoss, trägt auch uns und unsere Einsamkeit in ihrem Schoss. Sie hält, was wir nicht aushalten können. Auch das ist Ausdruck von unendlicher LIEBE.

Gott spricht auch durch Licht zu uns. Licht, welches viele Qualität hat und nicht zu verwechseln ist mit physischem Licht. Sehr hohes Licht hat einen wundervollen Glanz und fühlt sich an wie Nektar, wunderbare und heilende Substanz, an das Brot des Lebens erinnernd. Es ist LIEBES-Licht. Zur gegebenen Zeit hüllt Er uns in ein Kleid aus Licht ein.

In Liebes-Beziehungen (ich meine damit Beziehungen, die vor allem in der Liebe selbst gründen und nicht in Rollenerwartungen) entdecken wir zuweilen einen solchen Liebes-Licht-Strahl, der uns hilft, die Liebe zu verewigen, sodass sie zur LIEBE wird. Buddhisten würden vom Erlangen von Unsterblichkeit sprechen.
Ver-ewigen erinnert zu Recht an Auferstehung. Es ist etwas Geheimnisvolles, kaum zu Erklärendes. Eine Geste, ein Gefühl, eine Erfahrung, ein Moment bekommt plötzlich die Qualität von Unvergänglichkeit, geht ein in die unsterbliche LIEBE. Uns Menschen ist diese Macht gegeben, wenn wir im besten Sinne demütig werden.

Gott liebt uns, selbst, wenn wir IHN ablehnen. Seine LIEBE ist unerschütterlich – Anfang jeder umfassenden Heilung. Er weiss, dass zum menschlichen Wachstum die Freiheit gehört, Nein zu sagen, sich abzuwenden. So ist Freiheit also ein Aspekt der Liebe. Wie die Freude, die Zärtlichkeit, die lebendige Kraft.

Ganz besonders aber erlebe ich die Zärtlichkeit als zentralen Aspekt der göttlichen LIEBE. Sie manifestiert sich in der Beziehung Eltern-Kind, in der Beziehung zwischen Liebenden und in der Feinheit des schöpferischen Ausdrucks. Verwandt mit der Zärtlichkeit ist die Behutsamkeit und die Sanftheit. «Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen.» (aus der Bergpredigt).

Die LIEBE erfahren wir als einen Strom (ein Strömen), das uns stetig, also ununterbrochen   durchdringt. Es ist einfliessende Liebe, Güte, Kraft und Weisheit, die uns erfüllt. Geschenkhafte Fülle und wenn wir diesen «Einfluss», nicht wahrnehmen, dann hat dies alleine mit unserer Verschlafenheit und Abwesenheit zu tun und niemals damit, dass ER uns ausgeschlossen oder vergessen hätte. Jedenfalls entspricht dies meiner Erfahrung, meiner inneren Gewissheit. Die LIEBE des Einen ist all-präsent und einbeziehend!

Die Antwort auf diese Erfahrung kann eigentlich nur Dankbarkeit sein. Dankbarkeit wiederum bringt uns in die Fülle des gegenwärtigen Moments.

In dem Masse, wie es uns möglich ist, die LIEBE zuzulassen, erleben wir grösstmögliche Nähe. Wir selbst sind uns dann selbst so nahe, wie wir es uns nicht einmal ausdenken können. Es ist eine heilige, reine Nähe; eine Nähe, die wir zu uns selbst und zu andern finden – dementsprechend, wie uns Gott nahe ist. Wir nennen es auch Shekinah (ein jüdischer Begriff), wenn wir in das Flair, die Nähe, die Aura Gottes eintauchen. Wir können es aber auch als das Erleben grösstmöglicher Intimität betrachten. Diese Erfahrung ist wunderbar, berührend, schön.

Shekinah bedeutet aber auch die Einwohnung oder Wohnstatt Gottes. Wenn wir Ihn eingeladen haben, in uns, das heisst in unserer Seele zu wohnen, fühlen wir Seligkeit, Freude und völliges Angenommensein. Nun sind wir Angekommene.
Bevor diese Einladung erfolgen kann, muss die Ego-Dominanz sterben. Ich schrieb in meinem letzten Beitrag, dass die LIEBE das Ego tötet, weshalb Manche von uns, sich vor der LIEBE fürchten, weil sie unsere vermeintliche Kontrolle bedroht. Die LIEBE benötigt in uns Raum für die Ausstrahlung ihrer Liebeskraft. Deshalb muss der Macht-Anspruch des kleinen Ichs (das Ego) weichen. Es muss in den Hintergrund treten, von dort dienen, damit die LIEBE sein kann. Sie ist das Erste, die primäre Wirklichkeit.

LIEBE erzeugt Schönheit und Schönheit ruft tiefe Liebesgefühle in uns hervor.

Diese Nähe, wie ich sie zu beschreiben versucht habe, öffnet sich manchmal auch in Beziehungen der Liebe. Das EINE offenbart sich in der Beziehung – zu zweit oder in Gemeinschaft. Im Du oder im Wir. Das ist die Erfüllung jeder Beziehung: Das erzeugt Jubel.

Gott können wir auch als Liebesbeziehung verstehen. Und das Leben als eine Liebesgeschichte.