Die beiden Tore: Abschied und Neu-Beginn

Die Zweiheit ist eine göttliche Anordnung, die dem Menschen gegeben wurde, um zu lernen. Zum Beispiel Beziehungsfähigkeit, die auf Unterschiedlichkeit, oder auf Gegensätzlichkeit beruht, zu lieben also, wenn es anscheinend nicht passt, versöhnlich zu sein, selbst wenn es schmerzt. In diesem Artikel will ich die übermächtigen Tendenzen des Weltgeschehens betrachten, die uns, ob es uns bewusst ist oder nicht, in Atem halten: Das Abschiednehmen und die Resonanz mit dem Neuen, das sich abzeichnet.

Das Tor des Abschieds
Viele spüren, dass die einseitige materielle Ausrichtung auf Rendite, äusseren Erfolg, Ansehen und Macht ein Ende haben muss, da wir nicht mehr verbrauchen und vernichten dürfen, als es das Wachstum erlaubt. Der Kapitalismus, der sich zum seinem wohl letzten, wankenden Höhepunkt herauf schraubt, dem Überwachungs-Kapitalismus, kommt seinem Ende nahe, da er sich selbst verschlingt.
Ebenso kommt das Prinzip des Herrschens und Beherrschens, der eisernen Kontrolle zum notwendigen Zerfall, weil Mensch und Erde sich auf die Dauer nicht der Machbarkeit unterwerfen können, weil sie lebendige Organismen sind und nicht einseitig rational steuerbar sind.
Ich glaube, dass es nicht nötig ist, die Zerfalls-Symptome aufzuzählen. Sie sind all-gegenwärtig und überall wahrzunehmen. Die Zeit ist nahe, wo auch Abgebrühte, nicht mehr in der Lage sein werden, den Zerfall zu bagatellisieren.
Manche sprechen von Ökozid.

Nun sind die anteilnehmenden Betrachter, die sehen, wie sich die Türe zum Tor des Abschieds öffnet, ihrer Trauer und ihrem Schmerz ausgesetzt. Ihr Leiden ist bewusst und es ist gepaart mit Mitgefühl. Sie geben der sterbenden Kreatur eine ursprüngliche Stimme. Sie sind erschüttert. Sie stellen sich dem Prozess des Abschieds; sie fühlen mit. Sie seien gesegnet, getröstet.

Ohne sie, kann das Neue nicht erscheinen! Ohne sie verliert die menschliche Kultur ihre Wurzeln, das Gefühl für den Ursprung, für die Basis, für die Herkunft. Ohne sie, verliert die Menschheit ihr Herz.


Das Tor des Neu-Beginns
Der Neu-Beginn der kommenden Entwicklungsphase des Menschen beinhaltet, so vermute ich, ein sich ausdehnendes, umfassendes Gefühl für das Ganze, das integrale Bewusstsein. Mein inneres Auge sieht liebende Menschen, deren Seelen vibrieren.
Die Lichtpartikel/Zellen in uns sehnen sich danach, sich auszudehnen, ihr Volumen zu vergrössern. Es gibt den Drang in den Lebewesen, sich wieder aufzurichten und den Atem frei fliessen zu lassen.
Liebeslicht wird den erneuerten, den neu-geborenen Menschen erfüllen.

Das sich langsam öffnende, Wohlwollen, Güte und Empathie verströmende Licht-Tor, wird die Herzen der Betrachter beglücken. Sie werden aber ihre Aufnahmekapazitäten erhöhen müssen, um die einströmende Lichtkraft zu fassen und zu integrieren. Sie haben ihre alte Konditionierung, also den Zwang, ihre Wesenheit zu schmälern, sie zu reduzieren und zu unterdrücken, abzulegen und zu überwinden.

Die Betrachter des goldenen Tores spüren, dass ihre Spezies vor der grossartigen Herausforderung steht, leben zu lernen.
Beim Schreiben des eben gesetzten Satzes ist mir bewusst geworden, was ich geschrieben habe und ich möchte es nochmals, ähnlich gesagt, wiederholen:

Wir Menschen stehen vor der grossartigen, schönen und anspruchsvollen Aufgabe Leben zu lernen. Dazu gehört vordringlich, dass wir es wagen, unsere Herzen zu öffnen. Es ist gut, wenn wir uns dabei helfen.

Nun denken wir Menschen ernsthaft daran, uns das Sonnensystem «untertan» zu machen und müssen feststellen, dass wir gar nicht gelernt haben, zu leben, weil wir uns zunehmend von unserer Seele abgetrennt haben. Wenn es so ist, müssen wir also Leer-Raum, Empfangs-Raum in uns schaffen, indem wir uns befreien von Gedankenmüll, der sich in uns festgesetzt hat. Das Leben liegt gleichsam unter einer Glocke aus bleischweren Gedanken, Zahlen und Messwerten. Im gereinigten Raum, kann das ursprüngliche, reine Leben uns lehren, was Leben bedeutet.

Es ist nicht eben leicht für unser Grössenselbst zuzugeben, dass wir so vieles können, nur nicht wahrhaftig leben.
Die, welche sich dem reinen Leben zuwenden seien gesegnet.

Solche Perspektiven mögen auftauchen, wenn wir den Raum hinter dem goldenen Tor, stückweise erkennen.

Dazwischen
Wenn es dem Betrachter gelungen ist, durch die sich öffnenden Tore Einblick zu nehmen, dabei berührt zu sein und gleichzeitig unerschrocken das Gesehene anzunehmen, dann wird sich zwischen den Polen des Abschiedes und des Neu-Beginns ein dynamischer hoch-intensiver Zwischen- oder Begegnungs-Raum bilden.
Dieser Zwischenraum, wird er in Liebe gehalten, wird fruchtbar werden. Im Kreis des Umarmten bildet sich neues Leben, neue Form. In diesem Fall ist es vielleicht eine Brücke, die den Übergang ermöglicht.

Ohne diese haltende Mitte, würde sich vielleicht ein Abgrund auftun.

Ich stelle mir vor, dass auf der Mitte der Brücke ein Licht-Feuer brennt. Oder: eine Person steht in der Brückenmitte und breitet seine Arme aus.

Der Prototyp des all-umarmenden, alles versöhnenden Wesens ist für mich Christus, der auch in uns lebt.

Wir Menschen sind -zumindest viele von uns- Übergangswesen, weil wir in dieser Epoche des Übergangs geboren wurden.

„Die Übergangswesen* sind Begleiter*innen, von denen gefordert ist, Spannungen auszuhalten und zu halten in Hoffnung. Sie stehen zwischen dem Alten, das sich verabschiedet und dem Neuen, das in Geburtswehen liegt. Sie empfinden und bejahen den nötigen «Spannungs-Schmerz», der sich im Prozess des Übergangs ausdrückt.
Viele Menschen – sicher auch Leser*innen dieses Blogs – spüren diese Zeit des Übergangs als eine Erschütterung und als eine Aufforderung handelnd und betend Verantwortung zu übernehmen und mehr noch: sich selbst dem Wandlungsgeschehen zur Verfügung zu stellen, denn wer wandeln will, wird gewandelt, wer das Neue ersehnt, wird erneuert. Die Übergangswesen, sind Begleiter*innen, von denen gefordert ist, Spannungen auszuhalten.“
aus meinem Blog Übergangswesen (siehe unten)

Für Übende:
Eine meditative Imagination: Du siehst die beiden, halb geöffneten Tore vor Dir. Du lässt ihren Gehalt auf Dich einwirken. Du bist ganz geöffnet, Anteil nehmend. Sobald Du die Ausstrahlung beider Tore gleichzeitig spürst, wendest Du Dich dem Beziehungsfeld der Mitte, dem Beziehungsraum, zu. Die Konzentration liegt auf Deinem Herzen. Lass die Dynamik der Mitte zu, halte die mögliche Spannung aus und höre, was die „Dritte Kraft“, die der kreativen Mitte, dir sagen möchte.- Wenn es Dir sinnvoll erscheint, wiederhole diese Meditation während Tagen einige Male.

*Vergleiche Übergangswesen, Blog vom 18. Januar 2020. Siehe unter «ältere Beiträge» unterhalb der Schlagwörter.

Beitragsbild: Aquarell WB

 

Trennungsschmerz und Heilung

Im Internet entdeckte ich ein Foto, welches eine Mutter im Spital zeigt mit ihrem Neugeborenen. Sie trug eine Maske (wegen Covid 19), ihr eben geborenes Kind lag auf ihrem Bauch, dazwischen, auf Höhe ihrer Brüste war eine Plastik-Plane, von oben nach unten gespannt, als Barriere zwischen Kind und Mutter.
In Österreich und Rumänien gab (oder gibt es immer noch) in verschiedenen Kliniken Maskenzwang während und nach der Geburt eines Kindes. Nach der Geburt wird das Kind entfernt, damit es nicht zu einer Berührung durch die Mutter kommen kann. Stillen geht nicht.

Das Foto verfolgte mich während Tagen und Nächten, immer wieder tauchte es auf. Manchmal erlebt ich es ein wenig so, als ob ich die Erleidende wäre.

Wenn ein Element des Lebens gequält wird, so schmerzt es auch den Gesamt-Organismus, und wenn jemand leidet, so leidet das Ganze mit, weil es keine absolute Trennung gibt. Das ist natürlich. Wenn wir verletzlich sind und auch verletzbar bleiben wollen, so können wir uns nie völlig vom Schmerz des anderen distanzieren, weil dies eben menschlich und natürlich ist.

Dieses Bild, das die Mutter von ihrem Kind getrennt zeigt, ist für mich ein Symbol, bzw. ein Kennzeichen der gegenwärtigen Menschheitsphase, in welcher Beziehungsangst und Beziehungsabwehr mehr und mehr vorherrschen und Distanzierungsmassnahmen ohne Einspruch hingenommen werden. Also Zoom und Skype, statt Zusammenkünfte lebendiger Menschen – und natürlich werden diese Massnahmen mit vernünftigen Gründen rechtfertigt und rationalisiert: Wir müssen Energie und Zeit sparen, keine unnötigen Reisekosten! etc.

Ist es so, dass wir Menschen Zustände und Umstände erzeugen, die Distanzierungsmassnahmen, Einsamkeit und Isolation erfordern? Schaffen wir eine Welt, die Angst rechtfertigt und scheinbar notwendig macht? Wenn ja, müssten wir dies als eine schwer neurotische Entwicklung ansehen.

Das jetzige Corona-Narrativ besagt, dass der natürliche Ausdruck des Menschen, der auf Lebensfreude beruht, nämlich: Berührung, Nähe, Gesang, Tanz Feiern, Umarmungen und Küssen, ja alle Arten von Zärtlichkeit und Sexualität, sehr begrenzt, ja unterdrückt werden sollten und zwar der Gesundheit zu liebe. Mit anderen Worten: Durch Unterdrückung meiner Lebendigkeit und damit meiner körperlich-seelischen Gesundheit, vermeide ich Krankheit. Das ist maximal paradoxes Verhalten. Das Gespräch darüber findet nur am Rande der Gesellschaft statt, weil es sonst die erwünschte Sicht auf die Dinge in Frage stellen würde.

Wie auch immer: Die jetzigen schwergewichtigen Prozesse auf Erden, erzeugen zunehmend Trennung, Isolation, Vereinzelung und Fragmentierung. Zwischenmenschliche Kontakte werden weg-digitalisiert. Warum denn ausserhalb des Hauses gehen, wenn der Bote es ja bringt? Die Trennung drückt sich auch in der Distanz zwischen den Menschen und der Natur aus.

So, wie wir nach aussen genötigt werden, Distanz zu nehmen (und nicht nur erst seit Corona), distanzieren wir uns auch nach innen, also uns selbst gegenüber und vermeiden so Nähe und Beziehung zu uns selbst – wir Beziehungs-Wesen. Was tun wir uns denn an? Wir verlassen uns, wir Verlassenen. Wir trennen uns ab, wir Abgetrennten. Selbst-Isolation: Strafe, was sonst? Strafen wir uns also selbst? – und wofür?

Man verstehe mich nicht falsch: Besser digitale Kommunikation als keine. Ja. Aber sie sollte niemals an erster Stelle stehen. Wir Menschen sind nun mal soziale und emotionale Beziehungswesen, die auf Zärtlichkeit basieren.

Zärtlichkeit ist unsere Basis und wenn wir Mutter und Kind trennen, dann säen wir Unheil.

Die Mythologien besagen, dass wir Menschen aus dem Bewusstsein der Einheit und der Liebe herausgefallen seien und dass nun Umkehr gefragt sei: um uns auf den Rückweg zu machen, zurück zur Quelle, die wir im Laufe der Jahr-Millionen fast vollständig vergessen haben.

Die Wiedererinnerung an unsere Herkunft, also unseren Ursprung, weckt unsere genuine Sehnsucht nach der Heimat im Licht.

Alle Trennungs-Wunden, die wir Menschen uns zufügen, widerspiegeln die grosse Menschheits-Trennung und wir fügen uns diese Wunden zu (wahrscheinlich alle), weil wir den Schmerz der «Ur-Wunde» anästhesiert haben.

Die Wieder-Erinnerung an unsere wahre Heimat löst Trauer und Schmerz aus. Dahinter aber geht die Sonne auf.

In dem Moment, wenn wir den Mut haben, uns dem Schmerz zu stellen, ihn als Tatsache hinzunehmen, genau dann wird die Wunde zum Ort der Heilung, verwandelt sich der Schmerz in Heilkraft, in heilendes Licht.

Indem wir den Trennungs- Schmerz mitfühlend annehmen und damit den erlittenen Verlust, beginnt die Transformation. Das Mitgefühl ist der Drehpunkt vom Schmerz zur Heilung.

Der grosse Trennungsschmerz formuliert sich nun weltweit, im Grossen und im Kleinen. Er will gehört und verstanden werden.

Die Menschheit stellt diesen Trennungsschmerz her: wohl unbewusst, um sich mit ihm auseinandersetzen zu können. Die gefährliche Tendenz besteht nun darin, den Schmerz alleine mit technischen Mitteln zu betäuben, ihn weg zu machen durch die Bekämpfung der Symptome und durch äussere Massnahmen wie Impfen.

Äussere Massnahmen sind okay, wenn sie auf dem Boden eines Bewusstseinswandel geschehen, bleiben sie aber in der Luft, haben sie den Boden tieferer Einsichten verlassen, schaden sie mehr, als dass sie nützen, denn die Trennung von Bewusstheit und Behandlungsweisen, beruht ja wiederum auf Trennung, welche Ursache des Schmerzes ist.

Das Mitgefühl zu uns und zur Welt ist der Dreh- und Wendepunkt vom Schmerz zur Heilung.

 

Der gewandelte Blick

Dieser Beitrag knüpft an die letzten beiden Blog-Beiträge an: «Umkehr der Perspektive» und «Metamorphose». Der folgende Artikel mag besser verstanden werden nach nochmaligem Durchlesen der erwähnten, vorangegangenen Artikel.
Es geht bei allen Beiträgen um das unvoreingenommene Erkennen der REALITÄT. Das hilft uns, die abgeflachte «Wirklichkeit» unseres globalen Alltags-Bewusstsein schärfer zu sehen, was auch schmerzhaft sein kann. Dieser Schmerz ist Teil des Wandlungsprozesses.

Der gewandelte, liebevolle Blick ist Teil des Prozesses und Ausdruck der Transformation des Menschen in ein sehendes Wesen, welches begonnen hat DIE RAEALITÄT wahrzunehmen.

Das gängige globale, gesellschaftliche Bewusstsein der Welt ist getrübt, illusionär, verzerrt.

Die Wahrnehmung des Menschen auf sich und die Mitwelt erlebe ich als sehr reduziert, verengt auf das Nützliche, Funktionale und Verwertbare der Lebewesen, des Lebens überhaupt. Dieser Blick ist sehr verengt. Das Bewusstsein ist nicht nur getrübt; es trägt auch wahnhafte Züge.

Und das Wahnhafte besteht eben darin, das Leben zu reduzieren auf seine materielle Verwertbarkeit – bei Verdrängung und Verleugnung dieser extremen Verengung des Blickes.

Öffnet sich das Herz und das Auge des Herzens (vielleicht nach Jahren der Einschnürung), so zeigt sich die REALITÄT, oder die Wirklichkeit. Der Mensch beginnt die Welt wirklich zu sehen. Er erkennt und spürt die Welt, das Geschaffene und das Schaffende in seiner Tiefe, in Wahrheit und reiner Wirklichkeit und Schönheit. Der Mensch ist nun auf dem Pfad der Erleuchtung. Er trinkt jetzt aus der Quelle.

Wer sich in seine seelische Wirklichkeit einlässt, erlebt  in der Regel die starke Erfahrung der Erweiterung und der Ausdehnung seines Bewusstseins und seiner Sicht auf DIE REALITÄT und wird gleichzeitig überrascht, von der fast unglaublichen Klarheit seines Blickes auf das Leben, das sich ihm nun in zunehmender Verfeinerung und Zartheit zu erkennen gibt.
Gleichzeitig mit der Verfeinerung der Betrachtung, wird die Wahrnehmung gereinigt und geklärt, wodurch die allem innewohnende Schönheit erscheint.

Die Verfeinerung des Schauens lässt uns also die Schönheit sehen, die allem innewohnt.

«Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.»
1. Kor. 13,12

Das Erkennen DER REALITÄT: Das Fühlen, Spüren und Erkennen einer allumfassenden, substantiellen Anwesenheit, die auf eine bestimmte Art körperlich empfunden wird, so wie der Geliebte oder die Geliebte, nach langer Reise in die Arme genommen werden darf, ist eben das, was ich als REALITÄT oder Wirklichkeit bezeichne. Es ist Leben pur. Anwesenheit.
Nicht im Entfernten vergleichbar mit dem Flachland der eingetrübten, reduzierten Alltags-Wirklichkeit.

Ein Bekannter erzählte mir, dass er gerne Waldspaziergänge mache, manchmal werde er sich nach solchen Spaziergängen gewahr, dass er gar nicht im Wald gewesen sei, sondern in seinem Kopf.

Die REALITÄT ist durchschienenes Da-Sein, Leben, das von innen her leuchtet.
Im gewandelten Blick erscheint die Wahrheit,
erscheint das Kind, das seine Augen öffnet.
Es ist das Erwachen in einer höheren Bewusstsein-Sphäre, in welcher der Herzschlag wieder hörbar geworden ist. Durchpulste Wirklichkeit.

Wenn das Herz sich öffnet, geschieht Wandel (Metamorphose), wie auch umgekehrt: Stellt sich der Wandlungs-Impuls ein, so öffnet sich das Herz und dieses öffnet sich im Gleichklang mit der Verfeinerung der Wahrnehmung, welche nun die Schönheit, die in allem west, hervorzaubert. –
Während im raum-zeitlichen Bewusstsein alles hintereinander oder nebeneinander erscheint, zeigen sich auf höherer Ebene, im Einheits-Bewusstsein, die Vorgänge und Ereignisse als ein Miteinander, als ein Zusammenspiel verschiedener Entwicklungsvorgänge im gegenwärtigen Moment. So erleben wir es manchmal in der Musik: Verschiedene Stimmen oder Melodie-Linien umtanzen und umspielen sich, verbleiben in ihrer Individualität, aber bilden zusammen ein umfassendes, symphonisches Ganzes.

Im Blick, der sich erneuert und ausweitet, wandeln wir uns und die Welt*, in der wir leben.
Der Blick öffnet sich, wenn der Mensch in Hingabe und Mitgefühl in seine Seele blickt. Bis auf den Seelengrund. Dort findet er sich.

***

Die Schauenden geben sich die Hände im Wissen um ihre Gemeinschaft. Ihre Blicke strahlen. Diese Gemeinschaft im Geiste bildet sich nun. Ihre Mitglieder erkennen sich in der Wachheit ihrer lichten Augen und in der gemeinsamen Aufgabe, das Licht in die Welt zu senden. In der neuen, umfassenden Art ihres Schauens, entsteht die Realität, die Wahrheit und Wirklichkeit, die in ihre schaffenden Hände strömt und in die, welche sich dem Licht geöffnet haben.

 


*Mensch und Erde sind miteinander eng verbunden: Wandelt sich der Mensch, dann wandelt sich auch die Erde, ihre Seele (die Welt-Seele) inbegriffen.

Metamorphose

Zunehmend schwindet mein Glaube an eine erträumte und geplante Weltveränderung, die ausschliesslich aus den Händen des Menschen kommt. Ich halte die Welt immer weniger für reformierbar.
Ich glaube, dass es eine umfassende Metamorphose des Menschen braucht, damit wir uns auf einer höheren Bewusstseinsebene wiederfinden können. Dazu gehört vor allem der Respekt vor dem Leben und das Wissen, dass dieses aus bedingungsloser LIEBE hervorgeht.

Es ist mir bewusst, dass im ersten Teil so etwas wie Kompromisslosigkeit mitschwingt, was vielleicht abstösst. Es war und ist mir offensichtlich ein Bedürfnis darauf hinzuweisen, dass der Ausschluss jener uns übersteigenden Weisheit, welche die Schwingung der Heiligkeit enthält, uns von uns selber trennt und das Wachsen des Lebens behindert. Diese Schwingung hält alles zusammen und ohne sie, verliert sich, atomisiert sich die Menschheit.

Ich glaube nicht daran, dass eine tiefgreifende Wandlung der Gesellschaft mit bloss kognitiven und technischen Mitteln möglich ist. Auch nicht mit Hilfe künstlicher Intelligenz, Robotik und Biotechnologie. Die Welt ist kein planbares Objekt.
Nein.
Der sich seinem Zentrum verschliessende Mensch verfällt zunehmend der Illusion, selbstherrlich die Welt und sich umgestalten zu können.
Eine reifere, weisere und menschlichere Gesellschaft ist nicht herzustellen, ist nicht zu machen. Auch mit den besten und kühnsten Idealen und Plänen nicht.
Nein.

Forcierter Eigen-Wille trennt. Hybris trennt – so hoch und imposant wir unsere Türme auch bauen.

Die Verachtung des Unfertigen und Gebrechlichen schwächt den Menschen. Das zeigt uns u.a. der Faschismus.

Die Zeit, wo wir noch glaubten, durch Reformen und Renovationen die Welt zum Besseren lenken zu können, scheint mir vorbei gegangen zu sein. Ich glaube, dass wir die Zeit, die uns gegeben wurde, verbraucht und verschlafen haben.
Die Zerrüttung ist nicht aufzuhalten.

The great reset (Das Thema des baldigen WEF und gleichzeitig der Buch-Titel von Klaus Schwab’s neuem Buch), der Neu-Start zu einer neuen, besseren Welt-Ordnung, ist mit Geld, Intelligenz und Planspielen nicht zu haben.
Nein.

Letztlich ist eine durch Manipulationen und Überwachungen, durch künstliche Intelligenz und Automatisation konstruierte «bessere» Welt für mich eine Illusion.

Die Metamorphose ist notwendig, weil die Systeme morsch geworden sind – aber nicht so.

*****

Bei Ausschluss des Numinosen gibt es keine wirkliche und nachhaltige Entwicklung.
Ohne Gott keinen Menschen, keine Entwicklung, kein Leben. Ohne Geist und ohne Seele: Zerfall.
Der Mensch lebt einerseits in der zeit-räumlichen Welt der vorübergehenden Formen der Erscheinungen. Diese relative Welt ist sterblich. Hier ist ein Kommen und Gehen, ein Werden und Vergehen. Und gleichzeitig sind wir im Unvergänglichen verwurzelt. In der Stille des Seins. Diese beiden Seiten bilden eine Ganzheit, bilden den ganzen Menschen. Dieser spürt, weiss, dass in allen Dingen der Geist ist. In traditioneller Sprache: Gott wohnt in allen Dingen. Er ist in allem anwesend. Alles ist vom Geist durchatmet. Dieses Wissen bildet die Grundlage der schöpferischen Potenz des Menschen. Wer die geistige Grundlage verleugnet oder abwertet ist nur halb inkarniert, hat sein Haus auf Sand gebaut.
Nun gibt es eine Macht-Elite, die eine Welt zu prägen gedenkt, die einseitig auf der materiellen Ideologie der rationalen Machbarkeit basiert. Wir sollten sie nicht verdammen, aber auch nicht zu Tische bitten. Nicht sie sollte uns den Wein einschenken.

Wir können nicht auseinanderreissen, was zusammengehört.

*****

Die Metamorphose ist ein Geschehen der Liebe, also nichts, was gemacht werden kann.

Die Blüte, wie wunderbar! Noch vor kurzen war sie eine Knospe.
Das Aufgehen der Knospe und das Hervorgehen der Blüte … was für ein Wunder. Ein wundersames, numinoses Geschehen.

Wir können uns der Metamorphose, ob individuell oder kollektiv nur hingeben. Sie herstellen zu wollen wäre naiv. Sie ist ein göttliches Geschehen, dem wir uns zur Verfügung stellen dürfen, dem wir dienen dürfen – in Demut.
Demütige Schöpfung – sanfte Freude eines Geschehens, dem wir zustimmen.

Wenn wir zustimmen, uns der Metamorphose zur Verfügung zu stellen, kann das vielleicht zu unserem Tode führen, der uns in eine neue sensiblere Leiblichkeit führt.

In Verbundenheit und im Fühlen der Einheit des Geschaffenen geschieht die neue Schöpfung, die neue Menschheitsphase, die am Horizont aufgetaucht ist.

*****

Indem sich der Mensch öffnet, verwandelt er sich. Wie die sich öffnende Knospe, die dadurch zur Blüte wird.

Der Mensch erblüht dadurch, dass er sich vertrauensvoll öffnet.
Dass es so einfach geht, ist vielleicht für Viele ein Ärgernis. Wir haben doch gelernt, dass alles grosser Anstrengung bedarf. Insbesondere die Umwandlung in ein Höheres. Wenn wir etwas durch grosse Anstrengung erworben haben, ist es gemäss unserer Erziehung wertvoller, als wenn wir es geschenkt bekommen haben. «Selbst» ist der Mann, so heisst es doch. Verachten wir vielleicht Hingabe? Ist sie uns zu weiblich? Wir wollen doch sicher sein, dass wir genau das bekommen, was wir angestrebt haben. Das «Geschehen-lassen» verunsichert uns.

Es denjenigen gütigen Kräften zu überlassen, die sich unserer Kontrolle entziehen, ist wahres Vertrauen, echte Hingabe. Diese Qualität macht uns zu Menschen.

Das Leben, die Gnade, die schöpferische Kraft fliesst in das sich öffnende Herz.
Das sich öffnende Herz ist der Beginn der menschlichen Metamorphose.

Das Herz, das sich öffnet (und damit auch das Auge des Herzens) und die Wandlung des Menschen sind eines.

Das offene Herz ist die vollendete Metamorphose, der vollendete tiefgreifende Wandel des Menschen und der Menschheit. Die Geburt des Kindes, das seine Augen öffnet.

Indem sich das Herz öffnet, geschieht die Metamorphose im Einklang mit der göttlichen Quelle allen Seins.

Ja, im Einklang.

 

Innere Wahrheit

 

 

«Der grösste Verlust ist das, was in uns stirbt, während wir leben.»    N. Consins

In der heutigen Menschheitsperiode, wo sich Strukturen, Werte und Teil-Systeme auflösen oder diffus werden und es immer schwieriger wird, zwischen Wahrheit und Lüge klar zu unterscheiden und Orientierung zu finden, ist es äusserst wichtig, einen inneren Kompass zu haben: einen inneren Raum der Wahrheit.
Da die Meinungsmacher und Ideologen – oft sind es PR-Agenturen und Thingtanks- erkannt haben, dass leise, verdeckte, sozusagen unsichtbare Propaganda eher zielführend und auch billiger ist, als gewalttätiges Durchgreifen, bleibt uns fast nichts anderes übrig als geduldig selbst zu recherchieren, also den Fakten auf die Spur zu kommen und/oder die Kraft der inneren Wahrheit zu befragen durch regelmässige Innenschau.
Dies ist viel besser, als äussere Orientierung, denn sie ist erstens kaum zu finden und meist ideologisch gefärbt.
Der innere Raum der Wahrheit ist ein Ort, den wir geduldig entwickeln können. Er ist in uns, immer, und wir können jederzeit in ihn eintreten, wenn er in uns einmal mit Hilfe des regelmässigen Hinein-Horchens eine gewisse Stärke bekommen hat.

Wenn ich in mir existentiell wichtige Fragen fühle, wie:

  • Was habe ich nun in der gegenwärtigen Zeit zu beachten?
  • Worin besteht meine Lern-Aufgabe jetzt?
  • Welche seelischen Qualitäten und Kräfte gilt es nun zu entwickeln, um meiner Lebensaufgabe gerecht zu werden?
  • Was ist bei wesentlichen Entscheidungen, die mein Leben betreffen, zu beachten? –

trete ich in den inneren Raum der Stille und Wahrheit ein und lausche, wieder und wieder.

Manchmal gehe ich folgendermassen vor:

  1. Ich atme viermal kraftvoll-physisch ein- und aus, um in einen wachen und vitalen Zustand zu gelangen.
  2. Ich atme dreimal sehr fein geistig (hauchartig) ein- und aus, konzentriert auf meinen Herzensraum.
  3. In der Vorstellung gehe ich sachte in die Mitte des Herzensraumes und lasse mich dort nieder.
  4. Ich spüre Helligkeit, Klarheit, Transparenz und Wahrhaftigkeit.
  5. Wenn ich mich ganz zentriert und still fühle, stelle ich die Frage, die mir jetzt wichtig ist und übergebe sie der geistigen Welt.
  6. Nun bin ich nur noch Lauschen und Empfangen.
  7. Ich achte darauf über welchen Kanal die Antwort zu mir kommen möchte, z.B. auditiv, visuell (hier ist die Farb- und Formensprache zu beachten), kinästhetisch, etc. Vielleicht ist es nur eine Ahnung, die ich empfange.
  8. Wenn mir die Antwort noch zu wenig klar erscheint, wiederhole ich diese Übung in den nächsten Tagen noch einmal oder mehrmals, bis in mir Gewissheit hochkommt.
  9. Ich verspreche mir, meiner Einsicht gemäss zu handeln und bedanke mich für die Inspiration.

Wenn ich mein Wahrheits-Bewusstsein stärken möchte, rezitiere ich den göttlichen Namen
al-Haqq (=der Wahre, einer der hundert Namen Gottes in der islamischen Tradition). Dieser Name ist auch ein Mantra. Ich spreche den Namen über eine bestimmte Phase laut aus, dann leise und schliesslich nur noch still, in Gedanken. Ich kann dieses Prozedere einige Male wiederholen.

Eine weitere Möglichkeit, mich mit der Kraft der Wahrheit und der Gerechtigkeit, der Klarheit und Transparenz zu verbinden, besteht darin, dass ich den Erzengel Michael anrufe, um mich seiner Kraft zu öffnen.

Mit diesen Vorgehensweisen, die ich seit langem praktiziere habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht.

Wenn der Wahrheitsraum gut im Menschen verankert ist, fühlt er sich autonom und er kann sich darauf verlassen, dass er in sich Orientierung findet. Es entfaltet sich, bezogen auf seinen Lebensweg, eine wohltuende Unabhängigkeit . Er kann darauf vertrauen, dass Entscheide und Einsichten, die auf diese Weise, also durch vertieftes Lauschen gewonnen wurden, sich heilsam und hilfreich auf seine Entwicklung auswirken werden.

Nochmals: Diesen inneren Raum der Wahrheit aufzubauen erfordert Geduld und die Überzeugung, dass das Wahrheits-Bewusstsein ein substantieller Teil unserer Seele ist.

 

Liebe, was dich angreift

Das Böse – der Schmerz – und der liebende Blick: wie stehen diese drei zueinander?

Das Böse
Nicht alle meine Zeitgenossen glauben an die Existenz des Bösen. Ich selbst zweifle nicht daran, dass es existiert. Ich erlebe es als eine finstere, verschlingende, saugende, das Leben erstickende Macht, welche bestrebt ist, uns zu emotionslosen, bloss funktionierenden, seelenlosen «Maschinenmenschen» abzumindern.
Unser Zivilisation und Kultur verstehe ich als Ausdruck unserer inneren Bewusstseins-Verfassung. So nehmen wir von aussen wahr, was in uns (unserer Kollektiv-Seele) ist.

Der Schmerz
Wenn wir die äussere Finsternis nicht nur mit einem darüber hinweg huschenden Blick wahrnehmen, sondern sie auch mit dem Herzen ansehen, uns also von den Grausamkeiten und Gewalttaten, die um uns wirksam sind, berühren lassen – und das seelische Herz ist ein Organ, das äusserst berührbar ist – so spüren wir Schmerz.
Die tödliche Spirale, in der wir uns kollektiv befinden, erlebe ich als schmerzhaft.
Nun, dieser Begriff «tödliche Spirale» wird wohl Opposition hervorrufen. Natürlich gibt es das Gute, liebende Menschen, die ein einfühlsames Herz haben und für den Frieden einstehen und es sind nicht Wenige und von ihnen wird in diesem Artikel die Rede sein. Im grossen Strom, also im Mainstream, dominieren jedoch die Kräfte der Hybris, der strukturellen Gewalt, der rohen Macht und der Kontrolle und sie sind tödlich, weil sie die Abtrennung des Menschen von seiner Seele voran treiben, was eben letztlich todbringend ist.
Die Ausrottung indigener und wehrloser Völker, sehr vieler Tier- und Pflanzenarten erzeugt Schmerz. Ebenso die Ausgrenzung des Schwachen und der Erfolglosen. Der Schmerz liegt im Äther und sucht sich Menschen, die empfänglich dafür sind, Schmerz anzunehmen und auszudrücken. Gesegnet sind sie.
Das Annehmen der Schmerzen ist Voraussetzung und der Beginn für jeden Heilungsprozess.

Der liebende Blick
Der allumfassende, alles einbeziehende, liebende Blick kann nur aus einem grossen Herzen eines Menschen kommen, der mit beiden Füssen auf dem Boden steht.
Das, was uns entgegenkommt in der Welt, in der wir leben, ist nicht nur das Gute (dieses zu lieben ist nicht so schwer), sondern auch das, was uns angreift, die dunkle Seite der Menschheit, damit auch die eigene Bösartigkeit.
Zu lieben, was uns angreift, also auch das Feindliche, erinnert natürlich an die Feindesliebe.
Sie ist der Gipfel der Liebe. Wie unfassbar schwer sie uns üblicherweise erscheint! Doch nur durch sie, ist es möglich, das Abgespaltene wieder zu integrieren. Die Liebe schafft eine Brücke zum anderen, auch zum völlig entgegengesetzten Dasein, welches wir als fremd und schrecklich erleben.

Also lieben, was uns angreift und uns vielleicht sogar vernichtet?
Wie ich oben erwähnte, ist dem Bösen eine verschlingende Kraft eigen. Es ist schwer, dieser Macht standzuhalten.
Nun stehen vor uns zwei Anforderungen, die uns möglicherweise überfordern: Erstens, das, was uns angreift, liebend anzuschauen und zweitens die Kraft aufzubringen fest auf dem Boden zu stehen, wenn wir in den Schlund gewalttätiger, saugender Mächte blicken. Es gibt ja auch in uns den Sog, uns in das Böse, und damit auch in unsere eigenen Egostrukturen hineinfallen zu lassen, da sie (nebst Angst und Unbehagen) Übersichtlichkeit, das Alt-Bekannte und äusseren Erfolg versprechen.

Wir müssen also lernen, uns abzugrenzen vom Feindlichen, in der eigenen Wahrheit stehen zu bleiben und es gleichzeitig zu lieben.
Ich finde das schwierig, beinahe eine Zumutung. In der spirituellen Schulung haben wir es stets mit dem Paradox zu tun – in zahlreichen Variationen. Das Paradox ist ein Tor zur Wahrheit.

Lieben heisst doch verschmelzen, in intime Verbindung zu gelangen, Grenzen zu überwinden und doch nicht, sich abzugrenzen und stand zu halten. Oder?

Jesus war in der Lage, die finsteren Reiche verzeihend und segnende zu durchwandern und dort sogar Lichtsamen einzupflanzen. Menschen aber, welche das Buddha-Bewusstsein und das Christusselbst nicht völlig verwirklicht haben, sind dazu nicht in der Lage.

Aber ihnen ist es gegeben -und das ist sehr viel- im Bewusstsein der Liebe verwurzelt zu bleiben, dem Sog der gewalttätigen Mächte zu widerstehen und sich gleichzeitig dem göttlichen liebenden Blick, deren Instrument sie sind, hinzugeben. Der liebende Blick wird, wenn sich das Herz ganz öffnet, zu einem Gnade und Leben spendenden Schauen.

Und das ist die gute Nachricht, dass der Mensch, der sich hingibt nicht überfordert ist, da ihm die Liebe gegeben ist, wie auch der Boden des Vertrauens, der ihn hält.
Wer und was in Liebe angeschaut ist -und ich spreche nun von den finsteren Mächten- atmet auf. Wer in Liebe ausreichend betrachtet worden ist, fängt an, sich wieder im heilenden Licht zu bewegen. Die im Dunkeln treten nun wieder in die Sichtbarkeit, fangen wieder an, sich zu spüren.

Unser Beitrag ist es, das, was uns gegeben wird, anzunehmen. Das, was vorbehaltlos angenommen wird, verwirklicht sich sogleich!
Wenn Menschen also ohne Vorbehalt, ohne Widerstand und ohne Verzerrung durch das Ego, die Güte, die Hilfe und Kraft, die ihnen geschenkt wird -und dem Menschen wird dauernd gegeben, wenn er empfänglich ist- annehmen, kann sich das Empfangene unverzüglich verwirklichen, entfalten und das göttliche Licht kann uneingeschränkt heilend einwirken.

Unser Beitrag kann ausserdem darin bestehen, bereit zu sein, Lichtträger/Lichtträgerin zu sein in einem grossen Kreis von Menschen und Wesen, die sich ebenfalls in Freude für diesen Dienst bereitstellen.

Gesegnet sind die, welche bereit sind, Schmerzen vertrauensvoll anzunehmen.

PS.  Natürlich gibt es viele Menschen, die lieber sozial-politisch aktiv werden wollen. Diese Art des Engagement ist zu achten und zu schätzen. Sie stellt ein Ergänzung dar zur spirituellen Arbeit.

 

 

Der Mensch – ein gebärendes Wesen

«Denn die Zeit wird aus Melodie geboren und Melodie aus Gnade.»   Martin Buber

«Es ist gut, wenn uns die verrinnende Zeit nicht als etwas erscheint, was uns verbraucht, sondern als etwas, das vollendet.»
Antoine de Saint-Exupéry

 Mit einer gewissen Scheu möchte ich mich einem mir sehr bedeutungsvollem Thema tastend annähern: dem Menschen als ein gebärendes Wesen. Ich möchte mich dieser menschlichen Wirklichkeit, die in uns angelegt ist, nähern, in dem ich sie ahnend umkreise.

Die Einbettung des inneren Kindes
In der ersten Lebenshälfte ist es äusserst hilfreich, wenn wir Menschen das innere Kind – ich meine das Kind, das wir einmal waren und das stets wirksam Teil unseres Lebens ist – aktiv und bewusst annehmend integrieren. Wir integrieren es, indem wir es lieben, mit ihm reden und ihm Lebens-Raum geben. Das innere Kind kann dann als integriert angesehen werden, wenn es in seinen Stärken und Schwächen, in seiner Bedürftigkeit und in seinen Begabungen, also als Ganzes, akzeptiert worden ist.

Manchmal vervollständigt sich der Prozess der Integration des inneren Kindes erst in der zweiten Lebenshälfte. Auch das ist gut. «Die Zeit als etwas betrachten, das uns vollendet» (Siehe Zitat oben.) Während wir uns mit dem inneren Kinde befassen, entwickelt wir unsere Mütterlichkeit und Väterlichkeit, unsere Fürsorglichkeit zu uns selbst, die schliesslich auch nach aussen abstrahlt und uns zu mitfühlenden Menschen macht.

Nun ist der Boden bestellt für die zweite Geburt: unsere göttliche Natur.

Die Erweckung des hohen Selbst
Folgende Worte sind – so glaube ich – zu uns gesprochen, oder sie werden einmal so oder anders, aber im Sinne ähnlich, zu uns gesprochen werden:

«Deine Liebe führt dich zu dir selber.
Wenn du mich erblickst, fühlst, so führt dich dies zu dir selbst, in dein Inneres, in dein wahres Selbst, das dich erblickte, erschaute und gebar.
Das wahre Selbst hat dich geboren.
Du bist im Prozess der Geburt und des Werdens, Ausdruck dessen, was ICH in dir bin.
Du bist die Ursache, der Grund meiner Liebe
und die Licht-Projektion deiner selbst.
Du bildest dich im Liebes-Licht, das ich in dir bin.

Was wandelt bin ICH. ICH BIN die Liebe. Ich verkörpere (inkarniere) mich in dir und durch dich.»

Nun ereignet sich das Bewusstsein für unsere Gottes-Kindschaft. Unsere geistdurchwirkte Seele wird sich nun selber bewusst. Wir können sie Bewusstseins-Seele nennen. Die Geburt ist Ereignis. Die Geburt ist Gnade.
Dieser Prozess beginnt meistens damit, dass wir spüren, dass wir weit mehr sind, als unsere biografischen Prägungen und mehr sind als die Einflüsse der jetzt wirkenden Kultur, in der wir leben. Der Moment des Erwachens ist dann gegeben, wenn wir uns zutiefst berührt oder ergriffen fühlen vom Leben schlechthin. Es ist ein grosser Glücksmoment, der kaum beschreibbar ist, weil er mehr ist als alle uns bekannten Formen und Strukturen.

Der Geburtsraum – der Raum des Herzens
Aus Liebe quillt Geburtsraum. Der Kosmos des Herzens ist auch ein Raum der Geburt, ein Raum höchster Lebendigkeit. Der mächtige Selbst-Impuls hat im Herzens-Kosmos seinen Raum des Wachstums und der Entfaltung gefunden. Das Männliche (der Impuls) und der Geburts- und Wachstumsraum, das Weibliche: sie sind nun in fruchtbarer Vereinigung.
Lebendige Potentialität; Geist und Materie in liebender Umarmung, im Liebesspiel: Dies ist der Raum der Geburt im Herzen. Hier ist unendliche Zuneigung, das allen und allem gilt: All-Geliebt-Sein. Hier ist tanzendes Strömen, berührtes Bewegt-Sein, gehalten in der Ruhe, im Ursprung des Quell-Grundes.

Wenn wir Menschen es uns erlauben in die Stille des Seins abzutauchen, wird uns ein Bewusstseinsbereich erreichen, den ich als fötale Stille bezeichnen möchte. Dieser Bereich tritt vielleicht als eine Art von Dämmerlicht in Er-Scheinung.
Wir fühlen uns vielleicht umgeben von Licht-Wasser oder geistigem Fruchtwasser, obwohl diese Begriffe nur Hilfen der Annäherung zu diesem geheimnisvollen Prozess sind, in dem unser höheres, göttliches Selbst ins Bewusstsein tritt. Allmählich.
Die Geburtssphäre kann aber auch so fein sein, dass sie sich wie ein Nichts anfühlt. Viele verlassen dann die Meditation, weil sie denken, dass da nichts mehr weiter geschehe. Aber genau dieser Punkt des «Verschwindens» ist derselbe Punkt der Neuwerdung .

Der Prozess des Erwachens und des Erwachsenwerdens, also des Reifens, dessen was schon immer da war, erfüllt sich bis zu einem uns möglichen Grad – bis hin zu unserem Sterben. In diesem langen Reife-Prozess werden wir zu Liebenden und zu bewussten Menschen, die sich als Ausdruck des All-Einen erkennen. Wahrscheinlich benötigen wir viele Inkarnationen auf dem Weg der Menschwerdung bis sich unsere Lichtgestalt (unser Christus-Selbst), die wir in Wirklichkeit sind, ganz in die Entfaltung kommt. Wichtig scheint mir der Weg, das Unterwegssein und die Beharrlichkeit des Weitergehens.

Das schöpferische Selbst.
Wenn der Mensch seinen Lichtkörper zu verwirklichen beginnt, entwickelt sich auch sein schöpferisches Selbst. Dies ist daran erkennbar, dass die Ausatmung des Menschen vermehrt Leben zu erzeugen beginnt. Sie wird hauchartig, gleichzeitig substantiell. Heilender Liebes-Atem oder: Geburts-Atem. Alles in tiefer Stille. Es ist denkbar, dass in grosser Herzens-Intimität nicht nur Leben, sondern auch Lebe-Wesen geboren werden.

Eine neue Menschheit – eine neue Erde
Der Ort der Geburt unseres wahren, göttlichen Selbst ist unser Herz.
Der Ort der Geburt unseres wahren Menschheits-Körpers ist der Kosmos des Herzens.
Ebenso findet die Regeneration des Erden-Körpers im Kosmos des Herzens statt.

Ich glaube nicht, dass in der heutigen Übergansphase mit Reformen (so gut und nötig sie auch sind) allein die Menschheitskrise überwunden werden kann. Auch nicht durch Revolutionen.

Ich glaube, dass wir Menschen guttun, um das grosse Ereignis einer Neu-Geburt zu bitten.

Was wir tun können ist, uns dafür vorzubereiten, indem wir uns reinigen, uns für unsere Wesenhaftigkeit interessieren, bereit sie wahrzunehmen – in Dankbarkeit.
Was wir tun können ist, unser Herz zu öffnen dem Unbekannten, nicht Definierbaren, dem, was uns übersteigt. Vertrauen wir dem, was uns ins Leben ruft, in unsere eigene Geburt führt, also in ein Geschehen oder Ereignis, das wir weder kontrollieren, noch herstellen können,
… uns also öffnen mit und trotz allen Ängsten und Unzulänglichkeiten, um uns dem zu übergeben, was uns zu uns selbst hin wandelt – vertrauensvoll, hingebungsvoll,

vielleicht wird dann die Melodie der Gnade erklingen.

Umrunden – Umkreisen

Als ich in Nord-Deutschland an einem Kongress war, hörte ich von einem wunderbaren ur-alten Baum, ganz in der Nähe des Seminar-Hauses, einem Kraftort von besonderer Schönheit. Und so kam es, dass sich eine Gruppe von Leuten bildete, die mit einem Geomanten, auch einem Seminarteilnehmer, zu diesem Baum wanderten. Die äussersten Äste des Riesen-Baumes, der alleine in einem Feld war, berührten den Boden. Die Krone bildete eine Natur-Kathedrale und unsere Gruppe spürte schon beim Näherkommen die Kraft, die von diesem etwa 500 Jahre alten Baum ausging. Der Geomant forderte uns auf, nicht in die «Kathedrale» einzutreten, ohne vorher den Baum dreimal umkreist zu haben. Es sei nicht angezeigt, einen Kraftort direkt, verlangend und zugreifend zu betreten. Zuerst müsste der Ort begrüsst und respektiert werden und zwar dadurch, dass man ihn umrunde, bevor man ihn betrete.

Der heilige Berg Kailash im Grenzgebiet, Tibet, China, Indien darf nicht bestiegen werden. Er wird betend umrundet, förderlich für die innere spirituelle Entwicklung des Pilgers.

Im Vorbeigehen eröffnet sich der Gehalt eines Ortes oder eines Kraft-Objektes eher, als wenn wir direkt auf diesen zugehen.

Als Mose das Volk Israel durch die Wüste führte, verweilte es längere Zeit am Fuss des Berges Sinai, mitten in der Wüste. Gott rief Mose auf den Gipfel, um ihm Weisungen für die Israeliten zu überbringen. Gott sagte zu Mose:

«Zieh aber eine Grenze rings um das Volk und sprich: Hütet euch, auf den Berg hinaufzusteigen oder auch nur seinen Saum zu berühren.»           Exodus 19 , 12

Da es dem Volk verboten war, den Berg zu betreten, zeichnete Mose eine Grenze um den Berg, eine Schranke, eine Art Schwelle. Der heilige Berg war somit geschützt.

Später im Kapitel steht:

«Der Berg Sinai aber war ganz in Rauch gehüllt, weil der Herr im Feuer auf ihn herabgestiegen war. Und sein Rauch stieg auf wie der Rauch des Schmelzofens, und der ganze Berg erzitterte heftig.»

Wer die Schwelle zum Heiligen, zur Mitte, dem Zentrum, übertreten darf, wird, wenn die Zeit für ihn reif ist, eingeladen. Der Wächter, der Hüter der Schwelle, eine Engels-Gestalt, ist anwesend, wenn die Schwelle sich zeigt. Vorher hat sich der Mensch zu gedulden, hat sich vorzubereiten auf den Moment der Einkehr in den heiligen Raum, der eine Mitte bildet, wie die Sonne als Zentrum des Planetensystems. Unvorbereitet würde der Mensch weder die Hitze am Berg, noch das Beben und Zittern des Berges (des Heiligtums) überstehen.

Heilig sind auch der Zellkern und Atomkern, wie alle Bausteine des Lebens. Ganz besonders heilig ist der Wesenskern des Menschen. Auch er soll umrundet werden, aus allen Perspektiven erkannt werden, als das eine göttliche Zentrum.

Mevlana Rumi, der grosse Mystiker und Liebende, begann sich zu drehen, als er fühlte, wie sein Herz sich mit Liebe füllte. Er drehte sich, in Verzückung geraten, mitten auf der Strasse um sein eigenes Herz.

In meinem letzten Blog-Beitrage erwähnte ich, dass der Mensch ein tanzendes Wesen sei, ein um den Kern kreisendes Wesen. Alle sakralen Kreistänze der indigenen Völker zeugen davon.

Am Ende der Tage, und wenn wir gerufen sind, werden wir mit dem Kern verschmelzen. Bis dahin können wir ihn lobend umrunden.

Die zentrale Frage des Menschen heisst: Wer bin ich?
Diese Frage wird uns kaum zur endgültigen und abschliessenden Antwort führen, aber sie bringt uns auf den Weg zum Licht des Erkennens und sie öffnet die Tore zu den mächtigen Erkenntnis-Räumen grossen spirituellen Wissens (Weisheit). Die Frage öffnet uns den Weg zu unserem Herzen und zum Herzen des Universums. Die Frage bringt uns auf den Weg.

Die Frage bringt uns zum Tanzen, öffnet unser Ohr hin zum Herzen.

Da das Herz von Mose offenbar geöffnet war, wurde er von Gott auf den Gipfel des Berges gerufen. Der Gipfel ist da, wo die Seele ins Geistlicht hineinragt. Das Bild des Berges, das von einer weissen Wolk eingehüllt ist, ist dafür Sinnbild.

Abstrakt ausgedrückt: Die Vielheit der geschaffenen Welt, im Erkennen des Ursprungs, des Einen, beginnt zu tanzen und zu singen, wenn «der Duft», der aus dem Zentrum kommt, wahrgenommen worden ist.

Der Respekt und das Gefühl für die Bausteine des Lebens, für die physischen, seelischen und geistigen Zentren der Organismen fehlt heute. Die Aneignung der Kerne und der Eingriffe in sie (z.B. Gen-Manipulationen) gilt heute als üblich. Die dominanten gesellschaftlichen Prozesse und Strukturen, sind oft zerstörerisch, weil die innere Orientierung sehr schwach geworden ist und das Gefühl für das Heilige weitgehend verloren gegangen ist. Die lenkenden Kräfte haben sich vom geistigen Geschehen entfremdet. Das Gefühl für den Kern einer Sache und für den geistigen Mittelpunkt von Lebewesen -dies gilt in besonderem Masse auch für die Erde- hat sich auf gefährlicher Weise verflacht. Ohne dieses Gefühl für den schöpferischen und heiligen Mittelpunkt von Wesen und Zusammenhängen ist der Mensch orientierungslos; er richtet sich dann nur noch auf seine eigenen ego-zentrischen Bedürfnisse aus.

Es sind wohl Lektionen in Stille nötig, um das Gefühl für das, was essentiell ist, wieder aufzubauen.

Nach etwas dreissig Jahren der Reifung seines inneren göttlichen Kerns, trat Jesus in die Öffentlichkeit im Bewusstsein, sowohl seiner Anziehungskraft, wie auch im Bewusstsein seiner Ausstrahlungskraft, wodurch er einen Umkreis schuf: die zwölf Jünger fanden sich sogleich ein. Zwölf das Ganze, wie die 12 Monate ein rundes Jahr bilden, ein Vollkommenes. Christus ist der heilige Kern des mystischen Leibes, der sich um ihn bildete, wie früher, so auch heute.

Das Innerste eines lebendigen Kerns ist unsichtbar, rein geistig, unbegreiflich.

Der Meister spricht mit seinem Schüler:

«Bring dort vom Baum eine Feige.
Hier ist sie, Meister.
Öffne sie.
Meister, es ist geschehen.
Was siehst du darin?
Winzig, kleine Kerne, Meister.
Öffne einen.
Meister, es ist geschehen.
Was siehst du nun?
Meister, ich kann überhaupt nichts sehen.
Dieser allerfeinste Stoff, mein Sohn, den du nicht siehst,
ist das Selbst des ganzen Universums.
Dies ist das Wirkliche
Dies ist das Selbst
Und du bist ES.»

Interview mit dem Autor – ein Trauer-Gesang

„Der Mensch ist heilig und seine Würde ist unantastbar.“  (kcm)

Der erste Teil des Gesprächs besteht aus den Antworten auf die Fragen einer Freundin, der zweite Teil aus den Erörterungen auf eine Frage, die der Autor, also ich, sich selbst gestellt hat.
Beim Durchlesen merkte ich, dass es sich um eine Art von Trauer-Gesang handelt.

 Was ist aus deiner Sicht das grösste Problem, dass wir momentan auf unserem Planeten haben?

Ich glaube, dass das grösste Problem, das wir auf unserem Planeten haben, ist, dass wir Menschen uns in den letzten Jahrzehnten bedrohlich stark von unserer Seele abgelöst und abgetrennt haben.
Ohne Seele verhungern wir… und weil wir verhungern, fressen wir uns selber auf und die Erde auf der wir leben, weil wir unterernährt sind.
Befänden wir uns in unserer Seele, wäre unsere körperliche Existenz umgeben und durchströmt von unserer seelischen Wirklichkeit, dann wären wir vollständig genährt und könnten ohne Einschränkungen bescheidener und ruhig leben.

Ja. – Dazu kann ich nicht mehr sagen.

Wie siehst du aus deiner Sicht den Weg, wie es uns möglich sein könnte, uns mit unserer Seele wieder zu verbinden, also die Trennung zu überwinden?

Ich verspüre nun Trauer, weil wir Menschen im Allgemeinen so weit weg von unserer Seele sind, weil wir uns so stark von ihr abgetrennt und abgespalten haben.
Es gibt einen langen Weg zurück, der sehr langsam ist und einen anderen Weg, der sehr schnell und höchst intensiv ist und auch mit Schmerzen verbunden ist. Der zweite, schnelle Weg drängt sich auf, weil die Dringlichkeit so gross ist. Um zu verstehen, wie dringlich er ist und warum wir Menschen uns so weit vom eigenen Zentrum entfernt haben, bräuchte es eine Erschütterung unserer eigenen Fehl-Meinungen, die wir uns angewöhnt haben. Der Veränderungsschritt, der nötig ist, ist enorm, so dass ich mir gar nicht vorstellen kann, wie dieses Ereignis geschehen könnte.
Wir können nur hoffen, dass wir Mensch bereit sein werden, uns für die Ganzheit und die Befreiung zu öffnen, und wir bereit sein werden, uns in diesem Öffnungs-Prozess zu helfen und uns zu ermutigen, zugänglich zu werden für das Leben und unsere Seele.

*

Wie zeigt sich die Abtrennung des Menschen von seiner Seele im gesellschaftlichen Alltag?

Wenn wir Menschen nicht in Verbindung mit unserer Seele sind, sind wir den zerstörerischen Impulsen, die in und um uns wirken, ausgeliefert. Sie können dann ungehindert auf uns «einschlagen». Wir sind dann jeder Indoktrination, allen brutalen Impulsen, der Gewalttätigkeit schlechthin, ausgesetzt. Es ist sehr schwer in einer weitgehend seelenlosen Verfassung, sich gegen negative Impulse zu wehren, und bei vollem Bewusstsein zu handeln, noch ist es möglich, empathisch zu sein.

Was wir gesellschaftlich erleben sind Eingriffe des Menschen gegen sich selbst, gegen das Leben schlechthin, die immer weiter gehen und wo das Gefühl «jetzt ist es genug» und «jetzt ist es zu viel» nicht mehr vorhanden ist. Was bleibt ist ein rationales Zweckdenken, ein «Machen», wann immer es geht – eine Art von Trauer-unfähigem Dasein. Die Unfähigkeit zu trauern * und mitzufühlen ist das Resultat einer seelenlosen Gesellschaft. In ihr zeigen sich akute Mangelerscheinungen. Es fehlt an ausreichender Zärtlichkeit, an erfüllter und geerdeter Sexualität und an einem liebvollen Miteinander.
In einer solchen Gesellschaft unterjochen wir das Leben unter unserem brutalisierten Eigenwillen. Die zwischenmenschliche Distanz vergrössert sich. Lebendige Nähe wird ersetzt durch digitale, oberflächliche Kontakte. Natürliche Erkenntnis- und Heilungsprozesse werden ersetzt durch pharmazeutische und nano-technische Eingriffe bis in die Kleinst- Bausteine des Lebens. Die Menschheit beginnt sich selbst zu überwachen und zu verwalten.
Es wird unheimlich auf dieser Welt zu leben, weil das Herz gefangen ist.
Ich beobachte Selbstmord-Impulse, selbst-destruktive Prozesse aller Art, Prozesse der Entfremdung und Entmenschlichung, Tendenzen zur Bildung von Autokratien und Diktaturen. Der Reichtum verlagert sich zunehmend schnell von unten nach oben. Wohlfahrt und soziale Verantwortung wird privatisiert, in Enklaven verlegt und funktionalisiert. Starre Regeln statt Mitgefühl regieren. Eine diabolische Welt baut sich auf, wenn wir unsere Seelen vernachlässigen, sowohl in unserer individuelle Seele, wie auch in der Seele der Welt.

Also müssten wir lernen zurückzufinden zu unserer Innenwelt, sollten wieder lernen zu trauern, damit wir fähig werden zu erschrecken über die selbst-destruktiven Mächte in uns, die sich breit machen, wenn ein Vakuum vorhanden ist, ein Vakuum, wo einst Seele war.

Corona ist vor allem eine soziale und moralische Krise, eine kulturelle und wirtschaftliche Krise der Menschheit, die sich um ein Virus rankt, das sich weder fassen, noch isolieren lässt. Möglicherweise die erste Welle von mehreren gewaltigen Erschütterungen**.

Da, wo Begegnungen Kern des Lebens waren, sind es nun digitale, eher kalte Kontakte, die das wahre Miteinander niemals ersetzen werden.

Wir leben in einer Zeit des Hungerns und des Durst-Habens, welche sich ausbreitet.

Und so wie wir Menschen die Seele grob vernachlässigen, vernachlässigen wir auch die Natürlichkeit und die Natur, das Leben von Pflanzen und Tieren.

Es ist eine Art von Vernachlässigung im Gange, die uns verdorren lässt, wenn wir den Weg zurück nicht bald antreten.

Wir werden den Weg bald antreten, wenn wir solidarisch sind und auf die LIEBE horchen, die sich in uns zusammengeduckt hat in den letzten Jahrzehnten. Zusammengedruckt wie ein vergessenes Kind. Sie möge sich aufrichten. Das erfordert Stärke. Das ist der einzige Weg, der zurück zum wahren Menschsein führt, zurück zum Beseeltsein und zum Erkennen der Heiligkeit allen Lebens.

LIEBE versetzt das Entworfene und Bereitgestellte
ins Leben.
Liebe versetzt das schon Vor-Geformte,
das Gebackene,
also die Vision des freien Menschen
ins Leben,
versetzt das Schlafende
in Bewegung.

 

*Alexander und Margarete Mitscherlich: Die Unfähigkeit zu trauern. – Dieses Buch, vor über 50 Jahren geschrieben, beschäftigt sich mit der traumatischen, nicht beweinten Nachkriegszeit in Deutschland. Es ist auch heute aktuell.

** Die Erschütterungen können sowohl positiver wie auch negativer Art sein. Sowohl Schmerz wie auch Freude enthalten eine transformative Kraft.

Zum Beitrags-Bild: Diese Blume ist Bild und Symbol für das erwachende Herz.

 

 

 

Das betrachtende Selbst

Anders als die egozentrische Sicht, welche auf das, was stört, fixiert ist, ist der betrachtende, schauende Blick des hohen Selbst weit, all-umspannend, einbeziehend und weit, in Ausdehnung begriffen und wohlwollend.

Das Ego bindet, fixiert, macht abhängig, nimmt in Besitz. Es fragmentiert, atomisiert, pulverisiert, trennt, während die Sicht aus dem Selbst, organisch und natürlich das was ist, zur Entfaltung und ins volle Leben bringt. Das wahre Selbst ist konsistent und so auch sein Blick, der das Eine im Vielen erkennt, ein Blick voller Güte, der alles akzeptiert, respektiert, alles sanft und sehr liebevoll betrachtet. Wir können auch sagen: mit dem Herzen betrachtetes Leben.

Dieses Schauen entbindet das gefesselte Leben aus der Umklammerung des besitzergreifenden Egos.

Das Ego will das, was es stört, entfernen, abtrennen, aburteilen, verbannen oder vernichten.
Zerstören, was stört heisst die Kürzest-Formel dieses ausschliessenden Systems.

Es gibt Eltern, dies als ein Beispiel, die betrachten ihr Kind (vielleicht deshalb, weil es nicht so angepasst ist) als Störenfried, solange bis es wirklich gestört erscheint und ein falsches Selbst aufgebaut hat, in dem sein angebliches Gestört-sein eingebaut ist und zur Selbst-Verachtung führt. Diese Störung trägt meist einen Namen oder eine stigmatisierende Botschaft, zum Beispiel: «Du bist zu langsam!». Der betreffende «Störenfried» setzt sich in Folge unter Druck schneller zu werden, wird dadurch fehlerhaft und, weil er seine Fehler ausbügeln will, was Zeit braucht, noch langsamer, was wiederum auf Ablehnung stösst. So baut sich ein inneres Drama auf.
Das ist ein zentrales Merkmal des Ego: es erfindet Dramen, bläht diese auf, um vom Wesentlichen abzulenken.
Das Drama -wir können auch von einem Muster sprechen- bindet sehr viel Aufmerksamkeit und damit Energie an sich, wodurch sich die daraus entstehenden Konflikte verschärfen. Die Eltern, um zum Beispiel zurückzublenden, haben den Gewinn, der darin besteht, dass ihr Sohn oder ihre Tochter Träger*in ihrer eigenen, nicht eingestandenen Schwäche geworden ist, Symptom-Träger-in des eigenen Schattenanteiles.

So etwa arbeitet das Ego. Wir alle kennen das – bei uns und bei anderen.

Das Ego fixiert, kapselt ein, bringt in Vereinzelung und damit in Einsamkeit und erzeugt somit eine Art von falscher Identität: Ich bin so, du bist so. Zu Beispiel: Ich bin zuverlässig, du bist chaotisch. Mit dieser Art von Klein-Identitäten zimmern wir unser Lebens-Skript, unser Dreh-Buch des Lebens und daraus ist unser Blick und unser Urteil über andere gespeist. Unserem Drehbuch gemäss urteilen wir und binden andere Menschen an uns.

Wenn wir Andere von unseren Urteilen und Vorstellung entbinden, vergeben wir. Somit lassen wir die anderen Menschen frei, lassen sie ihren eigenen Weg gehen und wir geben ihnen den freien, offenen Raum, um sich ihrem Wesen gemäss zu entfalten. Zur selben Zeit befreien wir uns selbst von den Vorstellungen, die uns behindern, uns selbst zu verwirklichen.

Indem wir verzeihen wechseln wir die Ebene unseres Bewusstseins: Vom fixierenden, urteilenden Sehen wechseln wir zum wohlwollenden Betrachten. Wir lösen uns von unseren Erwartungen, die einengen und ihre Wurzel in der Angst haben. Es ist das betrachtende, göttliche Selbst, welches uns und andere auf den Grund unseres Seins führt.

Die Befreiung geschieht durch die Öffnung des Herzens und die Akzeptation der verschiedenen individuellen Ausdrucksweisen der Menschen, der Wesenheiten, was LIEBE bedeutet.

Durch das wohlwollende Betrachten entbinden wir, befreien Leben zu sich selbst hin. So betrachtet regeneriert sich bedrücktes, gebundenes Leben, findet zu seiner Ursprünglichkeit, zur Frische und Reinheit des Seins.

Dieses Betrachten können wir auch Kontemplation nennen.
Das Betrachten aus der Weite des Herzens befreit und heilt.

Freud und andere Psychologen lehrten, dass neurotisches, zwanghaftes Verhalten, das zu ständigen Wiederholungen neigt, durch Erkenntnis und Einsichten in die Entstehungsgeschichten der Symptomatik zur Gesundung und Lebendigkeit verhilft. Ich bin überzeugt, dass sie recht hatten. Allerdings ist dieser Weg allein mühsam und langwierig, während der Weg des Wechsels der Weise des Sehens vom egozentrischen Blick zum wohlwollenden kontemplativen Betrachten eher geeignet ist, die fixierten Energien frei zu setzen und dem Entfaltungsprozess des Menschen zuzuführen.

Das wohlwollende Betrachten hellt die Grund-Stimmung des Betrachters und des Betrachteten merklich auf.

Durch den Wechsel der Art des Schauens wird nicht nur der Betrachter in einen heilenden Strom geleitet, sondern auch der Betrachtete. Die gebundene Energie, die durch Urteile und Stereotype gefangen wurde, wird durch den geweiteten Blick des kontemplativen Betrachters befreit und steht nun wieder der Entfaltung der menschlichen Seelen-Kräfte und der Verwirklichung des Individuums zur Verfügung.

Der tiefenpsychologische Heilansatz und der von mir geschilderte spirituelle, kontemplative Ansatz lassen sich gut miteinander verbinden.

In Meditation kann es geschehen, dass der Meditierende, das alles akzeptierende und liebende Auge Gottes auf sich ruhen fühlt, wodurch er in tiefe Entspannung versinkt und sich völlig aufgehoben und geborgen fühlt. Es ist derselbe Blick, den er auch nach aussen richten kann, denn was er erfahren hat, will sich, wie alle tiefen Erlebnisse, mit-teilen.