Das Seelen-Lied – heilende Felder – wärmende Räume

Es spricht in mir:

Es ist wichtig, dass du das Lied,
das in dir gesungen wird, fühlst.
Es ist das individuelle Lied deiner Seele.
Es ist dein Seelen-Lied,
deine ursprüngliche Vibration
(1).

Lass deine Seele singen.
Es ist ein Lichtgesang. –
Licht und Klang
in inniger, einmaliger Verbindung.
Dadurch webst du dein Lebensfeld, dein Lebens-Umfeld
(2).

Wenn Seelenlieder im Geist der Gemeinschaft sich verbinden,
also einen Chor bilden,
entsteht ein heilendes Feld der LIEBE,
entstehen Wärme-Räume
(3),
also wärmende Räume,
welche aus der ursprünglichen Stille erweckt werden,
Seins-Räume
(vergl. Blog vom 17.8.19) Einzelner,
die in der gemeinsamen Gruppen-Vision
verbunden, vernetzt und gehalten sind
(4).
Sie bilden Energie-Felder göttlichen Ursprungs,
welche Leben regenerieren, wiederherstellen und schützen.

Im OM oder AMEN vertiefen sich die heilenden Felder der Liebe.
Sie weben sich und breiten sich aus im heilenden Geist.

Das ICH BIN (5) ist der Ursprung, die Quelle.
Daraus entströmt das LIED,
die Segnung aus Klang und Licht – das OM und das AMEN.

Das ist eine Skizze zum göttlichen Bauplan,
gemäss derer Institutionen und Gemeinschaften,
die dem Schutz, der Heilung, der Wiederherstellung und der Festigung
des Lebens dienen, aufgebaut werden können. (5)

 

Erläuterungen:

  1. Jedes Lebewesen ist die Verkörperung einer göttlichen Vibration, einer Nuance in der grossen kosmischen Symphonie des Lebens. Wenn zum Beispiel die Wale ausstürben, würde eine wichtige, vielleicht die die Ozeane miterhaltende Vibration aussterben, was ein Ereignis grösster Traurigkeit, ein unermesslicher Verlust darstellen würde. Täglich sterben viele Tier- und Pflanzenarten aus. Was für ein Verlust an Vielfalt und Reichtum (das ist der wahre Reichtum!) und wir Menschen tragen dafür die Haupt-Verantwortung.
    Die Vibration, die aus der Liebe strömt, hält die Sonne in ihrer Bahn.
    Wenn wir unser Lied singen, helfen wir uns und dem Leben auf Erden. Es ist segensreich, die eigene Vibration, das eigene Lied kennenzulernen. Dafür haben wir während der ganzen Lebensspanne die Gelegenheit dazu.
  2. Das Lebensumfeld ist das Feld unserer Persönlichkeit, vom höheren Selbst gelenkt. Ist der Mensch gegenwärtig und verbunden, so sind die einzelnen Elemente im Feld gut miteinander verwoben und das ganze Feld ist im Licht und in Harmonie. Nimmt die Präsenz ab, verdunkelt sich das Lebensumfeld, wird es störungsanfällig und die Kraft der Weisheit ermattet. Bewusster Atem hilft, die Flamme unseres Lebensfeldes lebendig zu halten.
  3. Wärme-Räume – ein Begriff, der meines Wissens Rudolf Steiner prägte – entstehen dann, wenn Menschen den Ort, an dem sie in kontemplativer Versenkung sind, einbeziehen und in ihn ausstrahlen, also ihren inneren Seins-Raum in den Ort ihrer Mediation ausdehnen. So entstehen Räume der Wärme, der Stille und der Kraft. Das können Kapellen sein, Plätze, Baumgruppen, Uferzonen, Stuben, Treffpunkte, Kulturräume, Krankenzimmer, etc. Jeder Mensch hat die Freiheit für einen bestimmten Ort Verantwortung zu übernehmen, ihn auf diese besagte Weise zu pflegen, zu «tränken», ihn seelisch-geistig aufzubauen, damit er auch für andere Menschen zu einem Ort der Sammlung werden kann. Es kann auch ein einzelner Baum sein, den du aus deinem Herzen über längere Zeit umströmst und umhüllst, so dass er zu einer Art von Wächter- und Schutz-Baum für seine Umgebung wird.
  4. Auch Energiefelder, die aus Liebesbeziehungen entstehen, haben diese wärmende und zentrierende Kraft, die heilend auf ihre Umgebung wirkt. Die gemeinsame Vision fügt die Visionen ihrer Mitglieder harmonisch zusammen. Es treffen sich also Menschen, um eine Gemeinschaft zu bilden, die eine übergreifende Vision miteinander teilen. Je stärker und bindender diese ist, und je hingebungsvoller die einzelnen Mitglieder sich seelisch-geistig in ihrer je eigenen Vision einbringen, desto eher kann sich ein starkes Energiefeld bilden, welches ausstrahlt und anziehend für die Mitwelt ist.
    Auf diese Weise könnten/sollten vor allem soziale Institutionen aufgebaut werden: Spitäler, Altersheime, Jugendheim, Sterbe-Hospize, Geburtshäuser, Kirchen, etc. Therapeutisch-spirituelle Gemeinschaften, wo sich jede und jeder (von der Putzfrau bis hin zum Direktor) mitverantwortlich fühlt für den Aufbau und die Stärkung eines gemeinsamen heilenden und entwicklungsfördernden Energiefeldes, würden die Basis für die praktisch-konkrete Arbeit bilden.
  5. ICH BIN ist ein kraftvoller Name für Gott, er verdichtet die Wirklichkeit. Ihm kann nichts beigefügt werden, weil er die Essenz des Lebens, des Seins ausdrückt und zur Quelle führt und diese ins Licht des Bewusstseins hebt. Was aus dem ICH BIN lebt, ist behütet, geschützt und gesegnet.
  6. Bauen wir die Welt auf dieser Grundlage auf, wird sie aufblühen können. In Frieden. «Doch im gegenwärtigen Moment muss die Menschheit dringend die nährende Energie des Selbst wieder ins Leben zurückatmen, bewusst die Seele der Welt mit dem Licht der eigenen Seele entzünden.» L. Vaughan-Lee

Durchlitten, erlöst – Das Mysterium von Golgatha

Gedanken zu Karfreitag und Ostern
Ich zitiere in diesem Text ein paar Mal Rudolf Steiner, da er meiner Ansicht nach in einer umfassenden Weise die Bedeutung von Karfreitag und Ostern (das Mysterium von Golgatha) erfasst hat.
Das Wirken von Christus ist als gegenwärtig aufzufassen. Hinter dem Versuch, das Christus-Geschehen als etwas Vergangenes zu betrachten, verbirgt sich die bewusste oder unbewusste Absicht, die Christus-Kraft abzuschwächen und/oder zu verdrängen.

«Christus kann man sich nicht hoch genug vorstellen», sagte mir ein Pfarrer. Und ich glaube, er hatte recht.

«Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene vor aller Schöpfung. Denn in ihm wurde alles geschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare und das Unsichtbare, ob Throne oder Herrschaften, ob Mächte oder Gewalten; alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen. Und er ist vor allem, und alles hat in ihm seinen Bestand.»   Kol. 1, 15-17.

Dieser Absatz unterstreicht die Aussage jenes Priesters.

Vor ca. 2000 Jahren wurde der Christus als Jesus inkarniert – nach langen Zeiten der Vorbereitung in himmlischen Sphären wie auch auf Erden – durch die Propheten.

In Jesus kam konzentriertes, völlig reines, geistiges Licht auf die Erde, welches sie umwälzte.

Mit jedem Atemzug kommen wir mit der Christus-Wirklichkeit in Berührung, denn Christus, der Christus-Geist, sein Licht, ging bei seinem Tod auf Golgatha in die Erde und in den Menschheitsleib ein. Die Sonne verschmolz mit der Erde, der Logos drang in sie ein, die verzeihende Christus-Liebe durchtränkte und durchstrahlte die Aura der Erde und ihren Ätherleib.
Mit anderen Worten: Erde-Mensch wurden vergöttlicht.

Ist das zu viel? – sind diese Aussagen noch auszuhalten? Als Tatsachen hinzunehmen?

„Das Mysterium von Golgatha, das sich mit dem Kreuzestod, der Grablegung, der Höllenfahrt und der Auferstehung des Christus vollzog, ist das zentrale Ereignis der ganzen Erd- und Menschheitsentwicklung. Mit ihm fand die eigentliche Geburt des menschlichen Ichs statt.“
So Rudolf Steiner.

Seither können wir Christus als den Begleiter und Impulsgeber der menschlichen Evolution – der Menschwerdung- erkennen, sowohl in individueller wie auch in kollektiver Hinsicht.

CHRISTUS IST DER MENSCH schlechthin. Der Erstgeborene, die unmittelbare Erscheinung aus Gott. DER UNMITTELBAR GESCHAFFENE, direkt aus Gott Geborene.

„Aber damit eine übersinnliche Wesenheit wie der Christus durch den Tod gehen konnte, musste er erst auf die Erde herabsteigen. Und das ist es, was von so unermesslicher Wichtigkeit in dem Mysterium von Golgatha ist, dass eine Wesenheit, die in ihrem eigenen Reiche in der Sphäre ihres Willens niemals den Tod hätte erfahren können, hat hinuntersteigen müssen auf die Erde, um eine Erfahrung durchzumachen, die dem Menschen eigen ist, nämlich um den Tod zu erfahren. Es vereinigte sich ein Wesen, einzig in seiner Art, welches bis dahin nur kosmisch war, durch das Mysterium von Golgatha, durch den Tod des Christus, mit der Erdenevolution. Seitdem lebt es auf eine solche Weise auf Erden, ist so an die Erde gebunden, dass es in den Seelen der Menschen auf Erden lebt und mit ihnen das Leben auf Erden erfährt. Daher war die ganze Zeit vor dem Mysterium von Golgatha nur eine Zeit der Vorbereitung in der Evolution der Erde. Das Mysterium von Golgatha gab der Erde ihren Sinn. Als das Mysterium von Golgatha stattfand, wurde der irdische Körper des Jesus von Nazareth den Elementen der Erde übergeben, und von der Zeit an war der Christus verbunden mit der geistigen Sphäre der Erde und lebt darin.“ (Rudolf Steiner)

Christus ist in uns und wartet darauf erweckt, geboren zu werden. Er ist unsere innere Realität. Er ist unser Bewusstsein, unser wahres Sein, das, was wir in Wirklichkeit sind. Steiner sagte: es ist das ICH (heute würde man sagen: das höhere Selbst). Dieses manifestierte sich auf der Erde, als Jesus auf Golgatha starb und gleichzeitig den Tod überwand.

Seit Golgatha hat sich das Christusbewusstsein also mit dem Erdenleib und dem Menschenleib verschmolzen. Der Ätherleib und der physische Erdenleib sind seither von der Christus-Wirklichkeit durchströmt, vom Licht der Liebe erweckt und belebt. Die Lichtsamen sind in allem, die Lichtfunken sind gesetzt. Das eine Licht ist in der Vielfalt der Lichter gegenwärtig. Diese Lichtsamen wollen vom bewussten Menschen geweckt werden. Wir Menschen sind als Bewusstseinsträger gedacht. Es liegt an uns, ob wir bereit sind, diese Bewusstsein-Lichter, Ausdruck der göttlichen Wahrheit und Liebe, zu erkennen und in uns anzuzünden, damit die Welt, in der wir leben, ins Leuchten findet.

Bewusstes Leiden
Dieses darf niemals verwechselt werden mit selbstquälerischem Leiden oder arrogantem Mitleid, wo der Mitleidende sich über den Leidenden stellt.
Jeder Mensch, der etwas tief durchlitten hat, versteht andere Menschen, die dasselbe oder ähnliches durchlitten haben, besser als zuvor. Ähnlich ist es, wenn jemand sich durch tiefes, solidarisches Mitgefühl mit leidenden Menschen verbunden hat: er versteht sie danach, wie auch sich selbst, weit besser als zuvor.
Wer sich derart verstanden fühlt, durch echt Mitleidende, atmet auf, entspannt sich. Das tiefe Gefühl verstanden und gehört worden zu sein, bildet die Grundlage seiner Heilung.
Tiefes, vorbehaltloses Leiden und Mit-Leiden führt zum Verstehen und Verstehen, das auf Einfühlung beruht, führt zur Heilung.
Aus diesem Grund erkannte Jesus, dass es seine Aufgabe war, durch alle Schichten und Bereiche des menschlichen Daseins hindurch zu wandern: mitfühlend, mitleidend, solidarisch und stets verankert im Licht der göttlichen, hingebenden Liebe. Er hatte sich vom Leiden berühren lassen, nahm es in sich auf, wandelte es im Herzen in erlösendes Licht um und säte es segnend als Lichtsamen in die durchwanderten Bereiche des menschlichen Daseins aus. Es war ihm aufgetragen durch das innerste Wahrheitsbewusstsein alle Bereiche, auch die der Finsternis, der abgrundtiefen Grausamkeit, der Krankheit und Gier, der Unbewusstheit, liebend und mitleidend zu durchwandern, um die dort gebundenen Wesenheiten aus der Gefangenschaft zu erlösen und zu befreien.
Man kann sich fragen, warum ein Mensch in der Lage sein sollte, durch sein Mitgefühl, das Fundament für die Erlösung der gesamten Menschheit zu legen. Wohl deshalb, weil Jesus Christus eins war mit Gott, den er Vater nannte, wie er auch eins war mit der ganzen Schöpfung – ganz anders als ein Mensch der sich von allem getrennt und unterschieden fühlt.
Gott hat sich in seiner Schöpfung (dem Universum) veräussert, manifestiert; das Veräusserte ist der Sohn, die Tochter: Christus.

Dieser Weg des Vertrauens und der Erlösung ist auch der Weg der Befreiung und der Heilung, wie er in jeder ganzheitlichen Therapie gelebt sein will.

Im Falle von Jesus Christus, war es der Menschheitskörper und das Menschheitsbewusstsein, welches der Therapie bedurfte und bedarf.

Nun liegt es am Menschen, die Samen zum Keimen zu bringen, das gegebene Licht im Seelenraum und in der Welt zum Leuchten zu bringen.

Die mystische Kirche
Mit jedem Atemzug kommen wir mit der Christus-Wirklichkeit in Berührung, denn diese hat sich erdenweit verkörpert, inkarniert.
Diese Berührung (wo der göttliche Geist unsere Seele berührt) bringt uns in den gegenwärtigen Moment, in die Anwesenheit. Wir werden unserem egozentrischen Ich enthoben und tauchen in unser wahres Wesen ein.
Ostern verweist auch auf Weihnachten: An Weihnachten feiern wird die Geburt des göttlichen Lichts auf Erden; an Ostern die Geburt und Auferstehung des inneren Christus.

Das Ereignis, das Erscheinen von Jesus in der Welt, will sich nun verinnerlichen. Es ist Zeit, dass das Heils-Geschehen in der Welt zum inneren wird. Dadurch werden wir vom Betrachter zum Betroffenen, von der Beobachterin zur Anteilhabenden, zur Erfahrenden, Erlebenden. Jenes Licht am Horizont wird zur lodernden inneren Flamme der Freude und der Begeisterung.
Im sich entwickelnden Christus-Bewusstsein entsteht ein Wachstums- und Reiferaum im Seeleninnern: Hier reifen die Früchte des Lebens.

Das ist der Weg der Mystik. Das ist der Weg. ICH BIN DER WEG.

In diese Richtung wird sich wohl der neue, beginnende Zyklus des christlichen Glaubens hinbewegen.

Beitrags-Bild: Zeichnung von Werner Binder: Das Erstrahlen der Erde

Es gibt etwas Hinhörendes…

Es gibt etwas Hinhörendes und Anteilnehmendes in allem, was ist,
es ist eine warme, mütterliche Präsenz, die uns in unserer Bedürftigkeit wahrnimmt,
uns liebend ans Herz nimmt,
uns zart einhüllt und tröstet, wenn wir Trost benötigen.

Diese anteilnehmende, uns zuhörende Kraft vibriert in jedem Schöpfungselement,
wirkt in jedem Ausgenblick,
erfüllt das ganze Universum.

Wir sind nicht nur gesehen, sondern auch gehört und erhört.

Wie gerne ich das wiederhole,
wie liebe ich es, diesen Refrain zu singen.

Ja, es gibt diese zauberhaften, zarten Momente,
wo wir erkennen, dass diese sanfte Wirklichkeit einfach da ist.

Umarmendes Dasein, umhüllende Liebe.

Jede menschliche Umarmung weist darauf hin,
ja, in jeder zwischenmenschlichen Umarmung, die von Herzen kommt,
entpuppt sich die universelle,
berührt uns der Liebende – die Liebende,
zart und kraftvoll zugleich
und dann wissen wir,

dass jemand (etwas) uns tatsächlich zuhört,
jede Nervenfaser von uns erspürt, in jedem Atemzug,

in jedem Atemzug mitschwingt, mitfühlt.

Es ist eine warme, uns zuhörende Präsenz,
ohne jegliche Fremdheit,
eine anteilnehmende Gegenwart, die uns besser kennt,
als wir uns selbst kennen.,
reines Vertrauen,
das schon da ist, immer schon da war, und darauf wartet,
uns zu empfangen.

Es gibt etwas Zuhörendes und Anteilnehmendes in allem was ist.

Meditative Praxis – ein Vorschlag:
Wenn Du in Meditation bist und sich in Dir Stille aufbaut, dann gibt Dich ihr hin,
überlass Dich ihr und erinnere den Satz: «Es gibt etwas Hinhörendes und Anteilnehmendes in allem was ist». Nun kann es geschehen, dass Du Zugehörigkeit und ein Gefühl von Aufgehoben-sein erlebst, in dem Du Dich sehr tief lösen und entspannen kannst. Du fühlst Dich vielleicht in ein warmes Licht eingebettet. Überlasse Dich also jener liebenden Kraft (die göttliche Mutter), die Dir zuhört, die an Dir/uns Anteil nimmt – und letztlich wesentlicher Teil ist von Dir.

 

Widerstand und Hingabe

Spiritualität ist berührtes Leben.
Spiritueller Mut ist die vertrauensvolle Aufgabe des Widerstands gegen das, was uns heilt.

Wir alle sehnen uns nach Nähe, Vertrauen, Intimität und Zugehörigkeit und gleichzeitig fürchten wir uns davor – wenn auch in unterschiedlichem Ausmass.
Wir alle wünschen uns glücklich zu sein und tun gleichzeitig so viel, uns unglücklich zu machen.
Wir alle sehnen uns nach Licht und lassen uns gleichzeigt vom flachen Nebelgrau der Gewohnheiten einlullen.

Zur Einstimmung eine kurze persönliche Geschichte
Vor vielen Jahren sah ich mit dem inneren Auge während einer Meditation ein grosses Licht vor mir, welches mich an eine geistige Sonne erinnerte. Dann sah ich, wie die Sonne zur Hälfte von einem schwarzen Schatten abgedeckt war. Nach einiger Zeit erkannte ich, dass ich selbst dieser schwarze Schatten war: «Ich stehe mir vor dem Licht, ich stehe mir im Weg», war meine Einsicht. Diese Erkenntnis machte mich sehr traurig. Ich gab mich der Trauer hin. Dadurch verschwand die Schwärze; nun wurde ich vollständig vom Licht angestrahlt. Es war wunderbar, berührend.

Der psychologische Widerstand
Nähe macht uns verletzlich. Wenn ein Mensch Distanz hält, macht es ihm nicht so viel aus, wenn er angegriffen oder hart kritisiert wird. Er kann dann auch nicht so leicht manipuliert werden, weil er sich nicht im anderen Menschen verliert. Wenn er sich bindet, tut es sehr weh, wenn er verlassen wird. Viele Leute verlassen ihre Nächsten vorsorglich, um sich den Schmerz zu ersparen, verlassen zu werden. Sie nehmen ihren möglichen Verlust präventiv vorweg. Bei nur halber Nähe, kann ein Mensch nicht so leicht missbraucht und hintergangen werden. Immer geht es um die Abwehr und die Vermeidung von Schmerz und Verlustangst. Wer Nähe vermeidet, verhindert damit auch die Erfahrung von tiefem Vertrauen, Freude und Intimität (Vergleiche den letzten Blog-Beitrag), die er wahrscheinlich zutiefst ersehnt. Die Angst in naher Beziehung missbraucht oder verurteilt zu werden, übertragen Menschen oft auch auf Gott. Die Gottessbilder (zum Beispiel das Bild vom gestrengen und strafenden Vater) erschweren oder verhindern die unmittelbare Gotteserfahrungen.

Oft, sehr oft sogar, glauben Menschen, dass sie es nicht wert seien, Zuwendung in Fülle zu erhalten.

Der gesellschaftliche Widerstand
Es gibt ein gesellschaftlicher Mechanismus, der uns Menschen vom Bedürfnis entreisst, uns von innen leiten zu lassen; es ist eine Kraft, die uns nach aussen schleudert, vergleichbar mit einer Zentrifuge. Beispiel: Neue wichtige Geräte kommen auf den Markt, die uns zu Aussenseiter werden lassen, wenn wir sie nicht bedienen können. Sie verlangen Aufmerksamkeit und viel Zeit. Eine riesige Zerstreuungsindustrie verleitet uns ständig dazu, uns im Aussen abzulenken, zu entspannen und zu vergnügen. Die ungebremste Mobilität verstärkt unsere wachsende Unruhe, die nach Erholung ruft, die überall, nicht ganz billig, zu finden ist. Diese Mechanismen bewirken, dass wir unablässig beschäftigt sind mit Dingen, die uns nicht elementar betreffen. Sie nähren das egozentrische Ich.
Die gleiche Gesellschaft, die uns stresst, bietet auch Wohlfühl-Angebote an – beide Zweige dienen dem Geschäft und halten den Menschen im Aussen gefangen.
Der aussengelenkte Mensch, der nicht mehr in der Lage ist, sich in sich selbst zu verankern, zu erden und zu erkennen, ist leicht zu führen und zu manipulieren. Es sind wahrscheinlich sowohl bewusste, wie auch unbewusste Mächte, die es dem Menschen schwer machen, von innen her, aus dem Herzen, zu leben.

Es ist ohne weiteres zu beobachten, dass innere und äussere Kräfte und Gewohnheiten existieren, die uns daran hindern, das zu beachten und anzustreben, was wir essentiell sind. Wir sehnen uns nach der Erfahrung im Leben aufgehoben zu sein, uns zugehörig zu fühlen und Freude zu erleben. Es sind die Ängste, die ich oben erwähnte, die uns zurückhalten, das zu wollen und zu tun, was uns gut tut.

Es mangelt uns wohl an Mut, den Widerstand gegen das, was uns heilt, aufzugeben. Es beginnt schon damit, dass wir es nicht wagen, den Widerstand gegen das Leben, gegen all das, was uns widerfährt an Lebens-Ereignissen und Situationen, aufzulösen. Indem wir in den Widerstand gehen, gegen das, was uns widerfährt, verwickeln wir uns in einen dauernden Kampf. So wird das Leben zu einer grossen Anstrengung. Es mangelt wohl am Glauben daran, dass dem Leben Weisheit innewohnt und dass es uns gut und wohlwollend gesonnen ist.

Hingabe
Die Hingabe ist wohl das Gegenteil von Kontrolle und Vorsicht. Hingabe bedeutet, sich vertrauensvoll, rückhaltlos und vollständig zu verschenken – es ist ein ganzheitlicher Akt der Liebe, die Annahme des Todes inbegriffen.

Jesus war wohl der Prototyp des Menschen, der sich selbst substantiell in die Welt hineingegeben (sich der Welt hingegeben) hat. Er war vollständig transparent für das ihn durchscheinende göttliche Licht. Er lebte in bedingungsloser Liebe. Seine Hingabe erlöst(e).

Gott selbst ist für mich der Inbegriff von liebender Hingabe.

Wenn dem so ist, dann muss Liebe und Hingabe als die wahre Wesens-Natur des Menschen angesehen werden. Wir sind demnach offene, strahlende, fliessende und gebende Wesen. Also Liebende. Wir untergraben unser Wesen, das wir sind, wenn wir versuchen das Leben primär durch Kontrolle und egozentrischem Eigen-Wille im Griff zu haben.

Das Welt-System fusst auf der Haben-Macht, auf Abgrenzung, Taktik und Strategie. Da gilt der Slogan: «Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser».

Hingabe kann wohl erst dann tief im Herzen verstanden werden, wenn wir erleben, dass wir bedingungslos geliebt sind und dass daraus unser Leben fliesst.
Wir Menschen, so fühle ich es, sind verkörperte Hingabe; wir sind inkarnierte Liebe. Erst wenn wir diese Tatsache annehmen können, bis in die Zellen hinein, wenn wir zugelassen haben, dass uns diese Erfahrung erschüttert und transformiert, werden wir verstehen was Hingabe ist. Daraus formt sich der Mut, den Widerstand weg zu legen wie ein Kleidungsstück, das wir schon zu lange getragen haben.

Ich möchte hier den Satz wiederholen, dass Hingabe erlöst und hinzusetzen, dass Hingabe auch transformiert.

 

 

ATEM – 1. Teil

Die Arbeit mit Atem halte ich für eine grundlegende und bedeutende spirituelle Praxis, die immer und überall und bei jeder Gelegenheit anwendbar ist. Dennoch, meine ich, ist sie unterschätzt, ausser in den mystischen Traditionen aller Glaubensrichtungen, wo der Atem als heilig gilt.

Wir sind atmende Wesen. Von grosser Wichtigkeit bei der Atem-Praxis ist auch der Aspekt der Transformation und Wandlung. Insofern könnte dieser Text auch als Teil 4 der Artikel-Serie zum Thema Wandel angesehen werde. Da das Thema aber so wichtig ist und so viele Anwendungsbereiche hat, soll es einen eigenständigen Raum einnehmen.- Übungs-Empfehlungen sind kursiv aufgeführt.

Der zweite Teil des Artikels wird in einer Woche folgen.

Vor vielen Jahren erlebte ich in einer Atem-Sitzung meiner Körper-Psychotherapie-Ausbildung auf einmal, wie sich das Einatmen verwandelte: Es war nun nicht mehr einfach Luft, die in mich eintrat, sondern Nahrung, Seelen-Nahrung, die in mich einfloss beim Einatmen, Substanz des Lebens. Sie erinnerte mich an die Muttermilch in den ersten Lebensmonaten meines Lebens. Dieses Mal aber war es weniger physische Nahrung, als vielmehr Lebens-Substanz. «Mit jedem Atemzug empfange ich Leben», so wurde es mir damals bewusst. Die «Luft» trat nicht einfach nur durch die Nase in mich ein, sondern durch alle Poren meines Körpers.

In einer späteren Lebensphase erlebte ich beim Ausatmen Schwere und Beengung, die von mir abfiel, wie auch eine befreiende Ausweitung und Ausdehnung meiner Seele. Mein Atem bekam die Qualität von Licht. Licht-Atem.

Als ich mich, nochmals in einer späteren Lebensphase, mit dem Herzensgebet und damit mit der «Christus-Atmung» beschäftigte, erfuhr ich die transformative Wirklichkeit des Atems.
Ich erkannte, wie sich mein Atem von der Ego-Angst-Steuerung ablöste und zur kosmischen Atmung wurde, gehalten und gelenkt von der Herzenskraft, der universellen Liebe und Barmherzigkeit. Obwohl diese Erfahrungen jeweils zeitlich begrenzt waren, veränderten sie mein Leben massgeblich. Atem, Licht und Liebe verschmolzen zu einer einzigen Bewegung des Lebendigen. Es war eine Erfahrung, die mir offenbarte, wie sich Leben aus der Quelle anfühlt: unaussprechlich schön und frei, Glück, unbegrenzt.

Ich empfehle meinen Leserinnen und Lesern für eine bestimmte Zeit, z.B. 10 Minuten, beim Atmen diesen mit Licht und Liebe zu verschmelzen. Denke: Licht-Liebes-Atem. Günstig ist es, nach einiger Zeit, diese Weise zu atmen, zu wiederholen, ja, immer wieder in kleineren oder grösseren Abständen zu wiederholen.

Atem nährt, verbindet und transformiert. Er kann dich von der Ego- zur Wesensatmung führen.

Der Atem ist eine Art rhythmisches System, welches die drei grossen Bereiche des menschlichen Lebens umfasst: Körper, Seele und Geist.

Der atmende Körper
Beim Laufen und Bergsteigen etwa, oder beim Tanzen, spüren wir wie unser Körper aufgeladen wird mit Sauerstoff, mit Vital-Energie, wie auch mit Lebensenergie (Ki). Wir spüren unsere Kraft. Wir fühlen uns energisch, erregt und zupackend, in vollem Körperbewusstsein.

Die atmende Seele
Im Kontakt mit unserer Seelen-Atmung können wir leicht verschiedene Punkte, Organe, Orte, Pole und Menschen miteinander in Verbindung setzen. Fühlen wir zum Beispiel unsere verletzte Hand können wir den Atem zu ihr leiten, ihr so Aufmerksamkeit und Energie zukommen lassen. Ebenso ist es möglich einem Menschen Atemkraft zuzuführen, wenn wir liebevoll an ihn denken. Die Energie folgt der Aufmerksamkeit! Wir können den Atem zu Orten lenken, die wir visualisieren.
Beim Ein -und Ausatmen verbinden wir Innen- und Aussenwelt und wir können leicht fühlen, dass wir die Luft mit anderen Lebewesen teilen. Die Luft als das verbindende Element – im Atem erfahrbar. Während wir bei flachem Atem unsere Gefühle drosseln, verstärken wir unsere Emotionen und bringen sie zum Fliessen bei vollem und bewusstem Atem. Voller und bewusster Atem verlebendigt, dynamisiert und öffnet Blockaden, leitet Heilung ein.

Geist-Atem
Der geistige Atem ist das Innerste, Subtilste unserer Atmung: Odem, Hauch. Er ist zartestes Strömen. Im ersten Atemzug unseres Lebens kommen wir auf diese Welt. Geist-Atmung ist Schöpfungs-Atem. Er gibt uns das Leben. Er hilft uns, in Beziehung zu Gott zu kommen, zu unserem Ursprung. Wir erfahren ihn oft auch als geistiges Licht, welches mit physischem Licht nicht zu verwechseln ist. Das geistige Licht berührt uns zärtlich! In der äussersten Verfeinerung von uns (manchmal erleben wir diese äusserste Feinheit wie ein Nichts), spüren wir den Geist-Atem als machtvoll-zart und beglückend. In ihm sind wir aufgehoben. Deshalb sprechen wir auch vom heiligen Atem; er ist zugleich universell und persönlich. Atem-Bewusstsein ist da ein treffender Begriff. Im geistigen Atmen sind wir dauernd in Verbindung mit der Kraft und Liebe, die uns hervorgebracht hat und auch jetzt hervorbringt. Im Atem der Dankbarkeit können wir nichts anderes, als präsent sein.

Die Gleichzeitigkeit von bewusstem Atmen und dem Empfinden strömender Dankbarkeit bringt uns ohne weitere Bemühungen ins Hier und Jetzt. Es ist ein Versuch wert.

***

Ich möchte hier die Unterscheidung zwischen dem persönlichen kleinen Atem und der grossen Wesens-Atmung treffen.

Der kleine Atem ist eine Art von Drehen um sich selbst. Der Drehpunkt ist die Illusion, dass wir vom Ganzen getrennte, also isolierte Existenzen sind. In diesem Drehen ist viel Angst enthalten, die wir aus- und wieder einatmen.

Der Wesens-Atem, den ich als gross bezeichne, ist eher spiralförmig. Sein Mittel- und Drehpunkt ist das Herz als Verkörperung der bedingungslosen Liebe. Von ihm geht der Lenkungs-Impuls und das erweiterte und kosmische Bewusstsein aus.

Die Wirkung des bewussten Atmens auf die geistige Verfassung des Menschen kann rasch und überraschend eintreten, wenn wir bereit sind beharrlich unseren Atem ins Bewusstsein zu heben. Es verbindet uns mit dem Innersten, das wir sind, lässt uns unsere Wesenheit erleben. Er beseelt uns.
Der Atem erweckt, wenn wir uns bewusst sind, die Seele.

Es wird gesagt: Wenn Gott ausatmet, kommen wir, ja das ganze Universum, ins Leben (zur Welt), atmet Er ein, so kehren wir zu Ihm zurück. Wenn wir Menschen einatmen, kommen wir zur Welt, wenn wir ausatmen, kehren wir – insbesondere, wenn wir Sterben – zum Schöpfer/zur Schöpferin zurück.

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Im nachfolgenden Text-Teil werde ich auf das Herzensgebet (eine christliche Tradition) eingehen und auf das «Tonglen» (eine buddhistische Tradition). Beide Methoden stellen grossartige Entwicklungswege der Wesens-Werdung des Menschen dar. Beide Methoden betonen die Entfaltung des Mitgefühls.

Titel-Bild: «Atemzug», eine Zeichnung von Werner Binder

 

WANDEL – 3. Teil

Im ersten Teil des Zyklus WANDEL äusserte ich meine Ansicht, dass die Menschheit an der Schwelle zu einer höheren, trans-rationalen Phase ihrer Geschichte steht. Ich erläuterte meine Überzeugung, dass es Menschen brauche, die bereit sind, sich dem Wandlungsgeschehen hinzugeben. Dadurch entstehe das Fundament für eine globale Bewusstseinserweiterung. (3. Nov. 18)
Im zweiten Teil (24. Nov. 18) beschrieb ich aus meiner Sicht die vier Säulen die bei diesem kommenden Wandel in besonderer Weise zu beachten seien: Das Eingeständnis der menschlichen Ohnmacht und Bedürftigkeit, die Umkehr und Neu-Ausrichtung, die Vertiefung von Liebesbeziehungen (Gemeinschaften) und der Aufbau einer lebensdienlichen Welt-Ordnung.

Bei den folgenden Ausführungen gehe ich auf den subtilen Wandlungs-Raum ein. Ihn könnten wir auch als die fünfte Säule deuten, die in der Mitte steht und auf die Quint-Essenz hinweist.


Der Raum der Heilung, des Wandels und der Auferstehung
In diesem dritten Teil des Zyklus zum Thema WANDEL möchte ich eine gute Nachricht übermitteln: Bei dem nötigen Wandel hin auf eine reifere Menschheitsstufe bekommen wir Menschen Hilfe. Alleine wären wir kaum in der Lage diesen grossen Sprung zu tun: zu tief war unser Fall.

Wir stehen auf den Schultern jener Ahnen, die weise waren und die geliebt haben.
Und: Die grossen Menschheitslehrer wie Christus und Buddha, aber auch viele andere erleuchtete Lehrer haben uns einen Raum der Heilung, des Wandels und der Auferstehung hinterlassen. Eine geistige Erbschaft, ein wunderbares Geschenk.

Dieser gesegnete Raum ist gleichzeitig auch ein subtiler Körper. Er ist universell, immer und von überall her «zu betreten».

Alle unsere Kirchen, Tempel und Moschen sind Abbild dieses universellen «Körper-Raumes», der in uns auch mikrokosmisch besteht: der innere Tempel. Im Tempel-Inneren wirkt die Kraft der Heilung, der Wandlung und der Auferstehung.

OM.

Ich verspüre eine grosse Scheu über den subtilen Raum-Körper der Heilung, des Wandels und der Auferstehung zu sprechen. Ich frage mich: Ist es gut, wenn ich dieses doch eher unpersönliche Medium – das Internet – dazu verwende über etwas zu sprechen, dass für mich mehr als kostbar, nämlich heilig ist? Innere Erfahrungen sind ja das Intimste, das es gibt. Nachdem ich von dieser Scheu gesprochen habe, ist es mir möglich, weiter zu schreiben.

Stille, tiefe Stille bereitet uns vor, in der richtigen Verfassung den Heil-Raum zu betreten.

Die Pforte zu jenem Wandlungsraum werden wir dann passieren können, wenn wir uns ausreichend gereinigt haben und aus unserem Herzen Dankbarkeit strömt.

Die Erfahrung dieses Raumes ist überwältigend und mit Worten nur annähernd auszudrücken. Die Atmosphäre in ihm ist ohne jegliches Störungsfeld. Reines Sein.
Es atmet Liebe, Güte und Klarheit, weckt ein Wohlbefinden und vermittelt ein Wohlwollen, Seligkeit, die alles übersteigt, was wir im Alltag je wahrnehmen können.
Der Raum ist heilig. Es ist ein Wandlungs- und Heilungsraum, der allen, die guten Willens sind, offensteht. In ihm können wir genesen und uns zu dem hin wandeln, was wir im Innersten sind: zu Liebenden. Der nötige Wandel, der zu unserer Heilung führt, wird uns also geschenkt, uns als Individuen, uns als Menschheit.
In unserem eigenen Herzen werden wir neu geboren.

Zu Beginn erleben wir die Lichtkraft darin so übermächtig, dass wir nicht lange darin verweilen können. Der Seelen-Körper muss allmählich die Kraft aufbauen, damit wir uns mit der Zeit länger in diesem Transformations-Raum aufhalten können.
In diesem Raum werden wir gewandelt – nach und nach. Unser Beitrag soll Hingabe und Vertrauen sein. Dadurch kann und will die göttliche Kraft wirken.
Ohne unser Einverständnis wird uns nicht gegeben, mit unserem Einverständnis hingegen in Fülle. Das WESEN respektiert unsere Wahl-Freiheit, die wir geschenkt bekommen haben, vollkommen.

Es ist also nicht so, dass wir alleine aus eigener Kraft den so dringenden Bewusstseinswandel schaffen müssen. Wir bekommen alle Hilfe, die wir brauchen, um diesen Prozess behütet und umsorgt durchleben können.

Vertrauen
Um Hilfe annehmen zu können, ist Vertrauen nötig, denn wie sollten wir absolut sicher sein, dass es erstens diesen Raum gibt und zweitens, ob er wirklich unseren Prozess ermöglicht und unterstützt. Wäre diese Sicherheit garantiert, bräuchten wir ja kein Vertrauen. Ein bisschen Mut und Risikobereitschaft braucht es also schon.

Ich glaube, dass ich selbst ein grösseres Risiko darstelle, als diese belebende Kraft, die bei mir immer wieder anklopft und ich glaube auch, dass diese Gesellschaft, in der ich lebe, mich sehr viel eher verunsichert, als jene Substanz, die ich spüre, wenn ich die Augen schliesse und mich ihr überlasse.

Ich möchte meine Leserinnen und Leser also ermutigen mit einem Lächeln auf den Lippen Vertrauen zu riskieren. Das Leben zu riskieren. Jeder Sprung, auch der Sprung ins wahre Leben, braucht ein bestimmtes Quantum an Vertrauen und Mut.

Den Widerstand aufgeben
Es geht darum den Widerstand gegen das was uns heilt, gegen das, was uns rettet, aufzugeben.
Ich erkenne in allen Menschen, die mir bekannt sind, Widerstand gegen ihre Heilung (in unterschiedlicher Stärke, je nach Individuum) – dasselbe gilt für jede Gesellschaft. Ja, und dasselbe gilt für die Kirchen und alle äusseren Machtapparate der Gross-Religionen -nicht aber für ihren mystischen Kern!
Verrückt, so könnte man denken, Widerstand gegen das, was uns heilt, aufzubauen. Aber so ist es.
Es ist Widerstand, der aus der Angst kommt.
Spirituelle Arbeit bedeutet unter anderem das Aufgeben des Widerstandes.
Es ist befreiend, wenn Menschen erkennen, weswegen und aufgrund welcher Erfahrungen sie sich gegen ihre Heilung auflehnen. Es ist wichtig, dass jede und jeder sich darum bemüht, darauf seine Antwort zu finden. Ich nenne es Selbst-Befreiung, Teil der Wandlungsarbeit, Teil unserer Verantwortung für uns und den Planeten.

Männliche Lebenskraft

Mein Vater

Er war ein hoch sensibler Mann. Ich suchte hinter seiner eisernen Strenge und Verschlossenheit seine zärtliche und spirituelle Seele (siehe Titel-Foto), die spürbar, aber verborgen war.

Sein Studierzimmer in unserer Wohnung war sein Reich. Dort lebt er. Wenn ich etwas wollte von ihm, so hatte ich anzuklopfen. Das kam nicht selten vor. Bevor ich anklopfe spürte ich heftiges Herzklopfen. Würde ich die Wand seiner Strenge und Diszipliniertheit durchdringen können, würde ich ihm begegnen oder an seiner Strenge abprallen?

Wenn meine Mutter sich zum täglichen Einkauf bereit gemacht hatte, musste sie ihn – den Herrn des Hauses – um das nötige Einkaufs-Geld bitten. Sie streckte ihm die leere, hohle Hand entgegen. Zögerlich warf er ein paar Frankenstücke in die Hand. Niemals genug. Sie wartete solange bis es reichte, um einkaufen zu können. Sie nahm täglich dieses Demütigungs-Ritual auf sich, sie beugte sich, obwohl sie es war, die das Geld, das unserer Familie brauchte, erarbeitete. Sie war Filialleiterin eines Warenhauses. Mein Vater erarbeitete sich mit wenigen Artikeln, die er für Zeitungen schrieb eine Art von Taschengeld.
Auch ich beugt mich, bekam einen runden Rücken.

Mein Vater war so zwanghaft diszipliniert zu sich selbst, wie er zu allen anderen Menschen auch war.

Staub gab es in seinem Zimmer nie. Er staubte täglich alles ab. Hochglanz und Einsamkeit, auch Selbstverlorenheit waren hinter seiner Strenge spürbar.
Manchmal explodiert er; er neigte zu Jähzorn. Aber selten.

Der disziplinierte Mann hält sich und seine Lebenskraft an kurzer Leine

Viele Männer, so wie ich, lernten ihre Lebenskraft zu bändigen. Wir haben gelernt unsere Aggressionen, unsere Wildheit und unsere Lebenskraft in einen Käfig zu sperren oder an die Leine zu nehmen. An eine kurze Leine, denn wir misstrauen ihr. Wir denken zurück an die Kriege, die wir Männer, vor allem im letzten Jahrhundert geführt haben. Diszipliniert wie sie waren, liessen sich die Soldaten an die Front schicken. Millionen von Toten. Hunderttausende von vergewaltigen Frauen. Wir denken an die grossen Reiche des Nationalsozialismus; wir denken an die Zaren, an den Stalinismus, an Napoleon. – Meist unbewusst.
Nach all dem trauen wir unserer männlichen Lebenskraft nicht wirklich, wir Mars-Männer. Wir sind oft auch Frauen gegenüber zurückhaltend. Zurückhaltender als es diesen lieb ist. Wir sind gefährlich. Unsere Kräfte haben ein zerstörerisches Potential. Das sagen uns auch manche Frauen. Also halten wir uns an kurzer Leine.

An einem Männer-Seminar zum Thema «Der wilde Mann» geleitet vom Franziskaner Richard Rohr sah ich viele traurige Männer.

Viele Männer sind traurig darüber, dass sie nicht mehr wild, sondern gebändigt und diszipliniert sind und nicht wissen, wie sie ihre Kraft mit Zärtlichkeit verbinden können.

 

Inzwischen

Inzwischen sind die Jahre vergangen. Ich habe gelernt Kraft und Zärtlichkeit zu vereinen und habe schrittweise gelernt (und lerne immer noch) meiner Kraft zu vertrauen, sie «wildern» zu lassen, sie ihre Wege gehen zu lassen, zu streunen, intuitiv und instinktiv.

Ich lerne, dass meine Aggressionen mir helfen, mich zu verwirklichen.
Aggression kommt von aggredi = sich zubewegen, heran schreiten, sich nähern und nicht zerstören. Nur die unterdrückte, gestaute und verdrängte Aggression/Kraft verwandelt sich in Gewalt.

Das weiss ich inzwischen. Dennoch müssen viele Männer-Menschen wieder einen positiven Zugang finden zu ihrer Kraft, zu Mars.
Inzwischen haben viele Frauen einen gelösteren Umgang gefunden zu ihrer Kraft, als die Männer im Allgemeinen.

Wir Männer müssten noch tiefer in unseren weiblichen Seelen-Anteil vorstossen, um von dieser Tiefe aus wieder erneuert und belebt in unserem eigenen Geschlecht Einzug zu halten. Nun aber elastischer, erneuert im weiblichen Eros und in Verbundenheit mit Liebe.

Weniger Disziplin – mehr schöpferische Freiheit

Wie erwähnt müssten wir Männer wieder Vertrauen gewinnen in unser aggressives und kämpferisches Potential, nachdem es eine lebensbejahende Verbindung mit unserer zärtlichen und liebenden Seite in uns eingegangen ist. Dafür bräuchten wir wahrscheinlich die Hilfe von Frauen.

Von der Leine nehmen

Lassen wir also das wilde Tier in uns, unsere archaische und schöpferische Seite, ja auch die kämpferische Lebenskraft frei! Sie wird sich mit der Lebensfreude (ihrer Schwester) verbünden.

Wenn wir Gutes tun wollen für unsere leidende Welt, so benötigen wir Männer Vertrauen in unsere Kräfte.

 

SCHÖNHEIT ALS BEGEGNUNG UND TANZ

Es gibt verschiedene Aspekte der Schönheit: Hier möchte ich mich beschränken auf jenen dynamischen und spielerischen Aspekt der Schönheit, welcher aus einem Zusammenspiel zweier unterschiedlicher Kräfte, Qualitäten oder Wesen hervorgeht.

Kann es sein, dass uns Menschen das Gesetzt der Polaritäten gegeben wurde, um unsere Liebes- und Beziehungsfähigkeit zu entwickeln?

Es braucht ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und des Einsseins, damit der Impuls des Abstossens und Wegweisens (bis hin zum Krieg) überwunden werden kann und stattdessen die Kraft der Anziehung und der Liebe Begegnung wagt.

Ein Konzert, technisch brillant gespielt, fehlerlos, kann uns merkwürdigerweise kühl lassen, würde es aber nicht nur perfekt, sondern auch mit Leidenschaft gespielt werden, so würde es uns entzücken und wir würden ausrufen: Oh, wie schön, wie zauberhaft, wie Wunder-voll.

Dieses Zusammenkommen von Emotion/Begeisterung und klarer Form/Strenge eröffnet den Tanz der Schönheit, der uns oft zu Tränen rührt.

Charly Rivel, der grosse, unterdessen verstorbene spanische Clown, verknappte und verdichte seine clownesken Szenen im Alter immer mehr (auch ein Aspekt von Schönheit) bis hin zu wenigen, vollendeten Gesten und Tönen. Er vereinte die Weisheit des Alters mit kindlichem, sprühendem Witz und Würde mit Scheitern. Dieses Zusammenwirken dieser so unterschiedlichen Seiten verlieh ihm eine betörende und überwältigende Ausstrahlung und Schönheit. Ein kleiner Abstecher ins Internet zu Charlie Rivel lohnt sich auf jeden Fall.

In den wenigen, letzten Strichen grosser Kunstmaler, kurz vor ihrem Dahinscheiden, kann man ihr ganzes Leben extrem verdichtet ablesen; also in jenen irgendwie glitzernden, spröden und zarten Strichen Erschöpfung und kindlichen Übermut erkennen, und es lässt sich erahnen, wie Leiden und Glück ein Drittes, Übergeordnetes ausgebildet haben.

Es ist die einende und vereinigende Kraft der Liebe, die Schönheit schafft. Dem Herzen wird diese Kraft der Vereinigung und Integration zugesprochen, die zum Ausdruck und Erleben berührender Schönheit führt.

Hier, im Herzen treffen sich Energie und Form, Weibliches und Männliches, Himmlisches und Irdisches. Da beginnen diese Kräfte miteinander zu tanzen und ihr Tanz wird begleitet von Gesängen der Liebe. Die Schönheit, die sich in diesem Tanz offenbart spricht von der Liebe, aus welcher sie hervorgegangen ist.

«Der Zweck der Liebe ist Schönheit», sagen manche Sufi-Mystiker.

Der beseelte Körper des Menschen verleiht ihm Schönheit, weit mehr als jede äussere Verschönerung durch Kosmetik.

Doch auch jedes Äussere kann schön sein, wenn der Zauber der Liebe in ihm steckt, wie auch die Liebe des Kochs in jedem guten Gericht spürbar ist, auch wenn es nicht ins Bewusstsein der Essenden dringt.

Es ist die DRITTE KRAFT im Dazwischen die zum Tanze einlädt.
Diese Kraft hat auch viele andere Namen: Die Kraft der Mitte, die Herz-Mitte, der Heilige Geist, etc. In jeder Begegnung wirkt sie: sie belebt, weckt Kreativität, gibt ein Zusammengehörigkeitsgefühl, welches weiterträgt. Dies umso mehr, wenn zwei sich Liebende sich dieser Dritten Kraft in ihrer Mitte bewusst sind.

Die Drei verweist immer auf die Eins, das heisst auf die Einheit von allem was es gibt.

Aus diesem Liebestanz geht ein Licht, ein Kind oder ein Werk hervor.

Der Tanz der Liebe ist voller Wunder, wundervoll. Er ist voller lebendiger, berührender und bewegender Schönheit.
Wann immer wir spüren, dass aus einer Manifestation, einer Begegnung zum Beispiel, die Kraft durchschimmert, die zu dieser Manifestation geführt hat, wenn also ein Werk, ein Ding oder eine Situation durchlässig und transparent ist für die Kraft, die es geschaffen hat, erleben wir Schönheit, die uns berührt. Und die schaffende Vereinigungskraft, die uns so sehr berührt und alles schön macht, ist die Liebe.

 

Gebrochene Sexualität – erfüllte Sexualität

Die Kraft der Sexualität
Sexualität, die im Orgasmus gipfelt, ist ein sehr kraftvoller Ausdruck der Lebenskraft und der Lebensfreude, welche im Kosmos ebenso existiert wie in den einzelnen Lebewesen.
Vor dieser intensiven Kraft, die kaum zu bändigen und zu kontrollieren ist, hatten und haben wir Menschen offenbar Angst, gerade weil wir ihre Wildheit und ihre zärtliche und schmelzenden Kraft der Vereinigung nicht zu ertragen scheinen.

Geschwächte und gebrochene Sexualität
Deshalb schwächen und brechen wir ihre unmittelbare Kraft, die auch eine transformatorische ist, mit folgenden Mitteln:

  • Wir verteufeln sie, bezeichnen sie als Sünde;
  • Wir entwurzeln sie, entkörperlichen sie und nehmen ihr die Seele, reduzieren sie auf visuelle Anreize.
  • Wir halten sie an der Oberfläche fest, kommerzialisieren sie.

Nicht-befreite und zurückgehaltene Sexualität führt zu Auswüchsen, wie alles Verdrängte. Das Verdrängte will wiederkehren. Ein aktuelles Beispiel sind die zahlreichen pädophilen Übergriffe in der katholischen Kirche.
Da wir Menschen unsere Sexualität zu lange von uns abgespalten haben, kehrt sie verkümmert und entstellt wieder in unser Bewusstsein, eingezwängt in Scham- und Schuldgefühle. Sie zeigt sich als Suchtverhalten oder in Impulsen, die uns ängstigen, weil wir sie nicht als ich-synton (zu unserem Ich gehörend) erleben können. Lange unterdrückte sexuelle Impulse verwandeln sich oft in Gewalt.
Viele Menschen leiden unter einer unerfüllten Sexualität. Sie legen sie resigniert beiseite und glauben nicht mehr an friedvollen sexuellen Austausch. Sie kompensieren ihre Abwesenheit mit Essen und Trinken, durch Unterhaltungen aller Art, durch unruhiges Reisen oder durch arbeitssüchtiges und stressiges Arbeiten.

Teilen und Mehren der Lebenskraft – Wilhelm Reich
Ohne ein tiefes vertrauensvolles Miteinander von Frau und Mann und ohne freudvollen sexuellen Austausch der Geschlechter entgeht der Menschheit jene Energie, die sie unbedingt braucht, um sich selbst und die Erde vor dem Verfall zu retten.

Nebst der Fortpflanzung des Lebens brauchen wir ein reiches befriedigendes sexuelles Leben, um den Fluss der Lebensenergie aufrechtzuerhalten, zu teilen und zu mehren.

An eine Liste aller Arten von Missbrauch der Lebenskraft durch unterdrückten und gewalttätigen Sex mag ich gar nicht denken, geschweige denn eine solche zu erstellen. Sie würde kaum enden.

Wilhelm Reich, der Psychoanalytiker und Forscher, der ein Leben lang an die Wichtigkeit einer fliessenden und bejahten Lebenskraft und Sexualität erinnerte, wurde, wo immer er war in seinem Leben, abgelehnt und verspottet. Er schrieb in seinem Buch «Christusmord» folgendes:

„Das lebendige Leben wird von Christus repräsentiert. Er ist einfach ungeniert gesund – und allein. Weil er so ist, wie er ist, erinnert er alle anderen Menschen an ihre emotionelle Verkrüppelung. Er ist faszinierend, die Menschen saugen sich mit seinem brillanten Charisma voll, doch sie können nicht so sein wie er, obwohl jeder Mensch diesen Christus, das ungepanzerte, nur lebendige Leben in sich trägt. Die Erkenntnis, dass sie so sein könnten wie Christus und dass sie dieses lebendige Erleben niemals erfahren werden, dass es nicht zu „haben“ ist, diese Erkenntnis ist ein unerträglicher Schmerz. Die einzige Methode, sich Christus zu bemächtigen, ist seine Vernichtung. Und deshalb müssen sie ihn ermorden. Sie ermorden den Christus seither in allen Kindern, sie ermorden ihn in der natürlichen Umgebung und in sich selbst.“

Sexualität und Alter – Spiritualisierung der Sexualität
Viele Mensch unterdrücken ihre Sexualität oder mindern sie, wenn sie älter werden. Sie drosseln ihre Flamme und damit ihre Lebensenergie, wodurch sie krankheitsanfälliger werden. Und: ihre Lebensfreude vermindert sich.

Wir benötigen die Flamme der sexuellen Kraft solange wir leben, ob wir nun unsere Sexualität aktiv (physisch) ausleben oder nicht: sie sollte brennen. Dafür müssen wir ev. den Schmerz darüber aushalten lernen, sie mangels Gelegenheit oder Krankheit nicht immer ausleben zu können oder zu wollen.

Ich glaube, dass der Mensch eine gewisse Reife erlangen muss, um die kosmische Dimension (die ich besonders als Kraft und Schönheit erfahre) in die Sexualität integrieren zu können. Gerade der gereifte, ältere Mensch hat die Möglichkeit, sich dafür zu öffnen.

Die Sexualität will «spiritualisiert» werden, damit sie sich erlösen kann – damit die unsägliche Spaltung von Geist und Materie, von Spiritualität und Sexualität überwunden werden kann. Wäre dies nicht eine wunderbare Alters-Vision?

Zum Schluss Friedrich Nietsche:

Denn alle Lust will Ewigkeit -,
tiefe, tiefe Ewigkeit.