10 Der Begegnungsraum weitet sich – Christus-Wirklichkeit als Begegnung.
Gott schafft Himmel und Erde und den Menschen, weil er erkannt werden möchte. So wie die Mutter sich freut, wenn ihr kleines Kind sie zum ersten Mal anlächelt, so freut sich Gott, wenn wir ihn wahrnehmen, ihn als den Geber allen Lebens erkennen. Wenn der Mensch dankbar zurücklächelt entsteht ein Kreis, eine wechselseitige Beziehung.
Der non-duale Begegnungs- und Beziehungsraum zwischen Gott und Mensch, weitet sich, dehnt sich aus, sobald er entstanden ist. Es ist ein heiliger, festlicher, lichttrunkener Raum voller Seligkeit und Liebe. Der Raum der Liebenden.
Jetzt erst kann die Entfaltung des Menschen und der Schöpfung ungebremst ihren Fortgang nehmen. Im Raum der Liebenden. Die Evolution atmet auf, was gewartet hat, kann sich jetzt erfüllen.
Jedes Lebewesen wartet darauf, von einem einfühlenden Du erkannt zu werden. Im heiligen Begegnungsraum findet das Erkennen statt wie in jeder wahrhaftigen, innigen Liebesbeziehung, wo jede-r in seiner Eigenart, genau so, wie er/sie ist, erkannt und geschätzt wird.
Der Christusraum, oder der Kosmische Christus, ist jetzt erfüllt von wunderbarsten Schwingungen der Liebe und der Anteilnahme. Der Aufstieg der Menschheit hat begonnen. Der Mensch verwirklicht es nun, Mikrokosmos im Kosmos zu sein. Die kosmische Dimension des Menschen verlebendigt sich, wenn er Gott geschaut hat. Der Träger des göttlichen Lichtes, Christus, hat den Gottes-Samen in den Menschen eingebracht. Dieser geht nun auf: Der Mensch beginnt seine Göttlichkeit zu erleben wie auch seine All-Verbundenheit. Das göttliche Licht wird nun in den Erscheinungen gesehen – das Sein im Erscheinen, die Stille in der Bewegung, in der Geschichte des Menschen. Die vermeintliche Trennung zwischen Geist und Materie beginnt sich nun aufzuheben. Alles wird erkannt als durchwirkt und durchdrungen vom Geistlicht und von der unbeschränkten Liebe.
Der Christusraum ist erfüllt von Zärtlichkeit, Intimität und feiner Bewegtheit. Es ist deshalb zutreffend, Christus auch als den Zärtlichen, den Tänzer und den Bewegten (und Bewegenden) zu verstehen, der uns aus unserer Starre löst und zart bewegt.
11 Christus-Zellen
Im Raum der Begegnung bilden sich manchmal eine Art von heilenden „Licht-Zellen“. Ich nenne sie auch Christuszellen oder Christus-Energie-Felder. Sie entstehen in Momenten sehr dichten Austausches von Liebesgefühlen, begleitet von wesenhaftem Erkennen. Es sind gesegnete Augenblicke.
Diese Christuszellen – Teile des mystischen Christus-Leibes – bewirken Heilung und Erneuerung und neue Begegnungen; sie können aber auch physische Erscheinungen hervorbringen. Sie entfalten dann ihre Wirkung, wenn eine innere Notwendigkeit besteht. Vielleicht erst in ferner Zukunft – eben dann, wenn die Zeit und die gegebene Situation, Kairos, gekommen sind.
12 Die Vier
Es gibt die Eins: Das ist Vater-Mutter, der Schöpfer, die Schöpferin. Es gibt die Zwei: den Empfänger, das Geschöpf: Sohn/Tochter. Es gibt die Drei: Der Begegnungs- der Beziehungsraum zwischen Vater und Sohn, zwischen Mutter und Tochter. Hier ist die Liebe. Hier wirkt Dankbarkeit. Hier wirkt der Heilige und heilende Geist
Es gibt die Vier: Es ist das die drei Ebenen Umfassende. Das dynamische Beziehungsgeschehen (der Liebende, die Geliebten und die dazwischen wirkende Liebe) ist in der grossen Stille aufgehoben. Drei in Einheit.
Jesus, als Menschen- und Gottessohn wirkt vor allem in und durch die Begegnung und Verbindung. Er verkörpert Nähe und Intimität zwischen Vater/Mutter und Sohn/Tochter und damit auch zwischen Geist und der materiellen Welt.
Der zweite Teil der Evolution besteht in der Entfaltung und Ausgestaltung dieses Liebes-Raumes: der göttliche Bereich, das Reich Gottes. Es erscheint und es entfaltet sich in der Liebesbeziehung.
Der zweite Teil der Evolution geschieht in einem weit bewussteren Raum, als der erste Teil.
13 Christus als Jesus – Gottes Wirklichkeit als personales Erscheinen.
Das göttliche Wesen trat als Jesus in unsere Erden-Sphäre ein und durchdrang diese, insbesondere den Menschen, mit dem wahren Licht. Er war und ist das Licht der Welt.
Christus legte Lichtsamen in unser Wesen, die darauf warten, wachgerufen zu werden. Sein Scheinen und Erscheinen erhellte den physischen und feinstofflichen (ätherischen) Erdenleib. Seit seinem Erscheinen vibriert die Erde stärker, höher, feiner. Sein Verzeihen ist in das Erden-Bewusstsein eingegangen als Basis allen Heilens – insbesondere im Mysterium von Golgatha, als die Erde ihre Lichtschwingung intensivierte (Vergleiche Rudolf Steiner: Christologie) Die Lichtsamen wollen durch den Menschen geweckt werden, das Keimen gepflegt sein.
Das Christentum ist primär keine Religion, sondern ein Ereignis und eine Wirklichkeit im Jetzt.
Die Herkunft von Jesus geschah in direkter Inkarnation aus der Gegenwart, erschaffen aus dem Ur-Licht Gottes. Deshalb wird gesagt, dass er aus dem Schoss der Ewigkeit stammt, also der Jungfrau, der reinen Gottesmutter. Sie empfing das Kind der Gottesgegenwart ohne den Umweg über die lange Wanderschaft durch die Reinkarnation (Wiedergeburten).
Jesus stellt den Prototyp des Menschen und des Menschlichen dar. Sein Lebensweg umfasst die Stufen, Schritte und Archetypen jeder wahren menschlichen Entwicklung: die Linien des Werdens, des Vergehens (Geburt, Sterben und Tod), die Urerfahrung der Einheit, Zweiheit und der Vielheit, das Wechselspiel des Geistigen und Körperlich-Materiellen, der Ruhe und des Bewegten, von Nichts und Fülle. Jesus lebte als Gottes- und Menschensohn Bescheidenheit, Hilfsbereitschaft, Gerechtigkeitssinn, Güte und Friede, Gemeinschaftsgeist, Würde, Vertrauen und Hingabe, eben als Modell, als Prototyp wahrer, verwirklichter Menschlichkeit, Gottes-Ebenbildlichkeit.
Der Schlüssel diese Göttlichkeit/Menschlichkeit zu erlangen, besteht nicht primär darin, das Schwache, Böse, Unvollkommene zu bekämpfen und zu vermeiden, sondern sich im Strom der Liebe, welche unser Fundament und unsere Herkunft ist, zu wandeln und zu befreien. Hingabe also und die bedingungslose Liebe stellen den Weg des Menschen dar, mehr als Askese und Härte gegen sich selbst und andere. Sich der Menschwerdung hingeben, ist eine wunderbare, wohltuende Erfahrung. Diese Hingabe, uns mehrheitlich fremd, will eingeübt sein. Das Gefühl der Hingabe will in uns aufkommen. Es ist nötig, uns diesem Gefühl anzuvertrauen.
Jesus Christus drückte also vor allem bedingungslose Liebe aus, die seither, seit seinem Leben als Jesus, uns stärker als zuvor als Wandlungs- und Transformationskraft zur Verfügung steht. Er überwand das konventionelle Handeln, das gesetzes-konforme und moralische Denken und Handeln zugunsten des Lebens aus der Liebe und Barmherzigkeit. Das Herz-Zentrum wurde durch ihn zum Mittelpunkt, zur Leit-Instanz des berührten Menschen.
Die Zeit seines Lehrens und Heilens als Menschheits-Lehrer war ein einziger Liebesdienst, ein Leben voller Hingabe im Wahrheitsbewusstsein. Nicht nur seine Gleichnisse, Lehren und Heilungen versetzten die Menschen in einen Prozess der Wandlung, sondern auch sein Leben insgesamt. Alle Situationen, die er schuf, jeder seiner Atemzüge war ein Dienst an der Entwicklung Einzelner und an der gesamten Menschheitsentwicklung. Jesus verkündete das kommende Reich Gottes. Dieses geht aus der Liebe hervor. Es fliesst aus dem Innern, der Seele, und es entsteht im aussen, wenn wir barmherzig und gerecht handeln und das Abgetrennte, Benachteiligte wieder integrieren.
So wie wir das Abgespaltene, Ausgegrenzte, Verachtete wieder in unserem Innern zu integrieren haben, und unsere Projektionen zurückzunehmen haben, so sollen wir auch gesellschaftlich handeln. Jene Elemente und Menschen, die wir ausgeschieden und an den Rand gedrängt haben, sollen wir wieder als zu uns gehörende Bereiche erkennen. Sie sollen sozial und in unserer Seele wieder Heimat finden. Es geht also um die Re-Integration des Abgelehnten. Dies setzt die Überwindung unserer Egozentrik voraus, erfordert Schattenarbeit und Bescheidenheit.
Bei zunehmender Integration von verletzten und benachteiligten Bereichen verstärkt sich die Balance zwischen verschiedenen Lebensbereichen und allmählich entstehen Harmonie und Friede.
Die göttliche Sphäre (das Reich Gottes) entsteht von innen, wenn Menschen ihr Herz öffnen und den Frieden und die Seligkeit demütig empfangen.
Der grosse Friede in Gott will sich auf materieller Ebene nachbilden. Wenn Menschen nun Hand dafür bieten, kommen die himmlische und irdene Eben in Übereinstimmung und Harmonie, Friede und Freude verstärken sich: das Reich Gottes kommt. Wie im Himmel, so auf Erden, wie oben, so auch unten, wie innen, so auch aussen.
Jesus verkündete uns die frohe Botschaft. Freude, die wir empfinden, wenn wir uns eins mit der Göttlichkeit wissen und in Freiheit und Gnade empfangen, die uns stets gegeben wird, wenn wir also das Lebenswasser, das uns gereicht wird, in Fülle annehmen.
Die wahre Freude erwacht dann, wenn wir uns auch mit dem Leiden, der Trauer und der Ohnmacht, als Teil des Lebens versöhnt haben. Jesus nahm in seinem Leben die Machtlosigkeit vollständig an. Der Tod am Kreuz war die schreckliche Konsequenz seines mutigen Lebens, in dem er den Umkehrpunkt vom Misstrauen ins Vertrauen angelegt hatte und vollständig zur tiefgehenden Wahrheit des Lebens gestanden hatte. Durch ihn wurde die Todeserfahrung geheiligt, das Geheimnis der Auferstehung in das menschliche Leben gelegt. Dies alles war ihm möglich, weil er in der Freude des Lebens und in vollständigem Vertrauen und in absoluter Hingabe lebte.
Christus-Wirklichkeit – alle Teile im Überblick
- Teil 1 – Die Liebesgeschichte
- Teil 2 – Einströmende Aspekte der Christus-Wirklichkeit
- Teil 3 – Die Kraft der Christus-Wirklichkeit
- Teil 4 – Die Kraft der Menschwerdung
- Teil 5 – Der Begegnungsraum weitet sich
- Teil 6 – Christus die Quelle
- Teil 7 – Die Offenbarung des Christus-Wesens
