DIE SEELE – Teil 2

Im zweiten Teil dieses Essays gehe ich vorerst (bevor ich auf die Reise zum Mittelpunkt der Seele zu sprechen komme) auf einige begriffliche Klärungen ein, wie «Seele» verstanden werden kann. Noch einmal zitiere ich den grossen hinduistischen Meister Aurobindo:

«Ebenso haben wir in uns eine doppelte psychische Wesenheit:
die Begehren-Seele im Vordergrund, die sich in unseren vitalen Sehnsüchten, unseren Gefühlen, in der ästhetischen Begabung und im mentalen Suchen nach Macht, Wissen und Glück auswirkt, und
eine subliminale psychische Wesenheit, eine reine Macht von Licht, LIEBE, Freude und verfeinerter Essenz des Wesen, die unsere wahre Seele hinter der äusseren Form psychischen Daseins ist, die wir oft mit diesem Namen ehren. Erst wenn ein Widerschein dieser umfassenderen, reineren psychischen Wesenheit an der Aussenseite hervortritt, sagen wir von einem Menschen, er hat eine Seele.»*

Das Subliminale ist ein umfassenderes Bewusstsein als das vordergründige Dasein. Die Seele ist eine wissende Substanz.

In der jüdischen Tradition wird die subliminale Wesenheit Neschamah oder Seelenodem (der Hauch des Lebens) genannt, in der Anthroposophie wird von der Bewusstseins-Seele gesprochen. „Das, was in der Seele als Ewiges aufleuchtet, sei hier Bewusstseinsseele genannt.“ (R. Steiner).

Die individuelle, menschliche Seele ist innig verbunden mit der Seele der Erde und diese wiederum mit der Seele des Universums (Anima mundi), die Ur-Seele, wird auch Purusha oder Atman genannt.: die Welt-Seele

Merkwürdigerweise interessiert sich die westliche Psychologie fast ausschliesslich für die Begehren-Seele (oder Empfindungsseele) und befasst sich nur ausnahmsweise mit der inneren Wesenheit des Menschen, weshalb sich viele Menschen in Therapien auf ihrem spirituellen Weg nicht abgeholt fühlen. Allerdings nehmen jene Therapeuten, die sich für die spirituelle Seite des Menschen interessieren zu.
Noch oft werden tiefe spirituelle Erfahrungen pathologisiert – wie schrecklich!

Die materielle Sichtweise beschränkt sich auch im Hinblick auf die Erde auf die physisch Sicht des Planeten und erlaubt sich nicht nach der Seele der Erde (Anima mundi) zu fragen, wie sie ebenso der Meinung verfallen ist, das Universum sei vorwiegend ein kaltes, schwarzes Gebilde mit schwarzen Löchern, durchzogen von steinigen und gasförmigen kugligen Gebilden. Doch mystisch und seelisch gesehen waltet im Universum des Unendlichen Seligkeit, wirkt höchste kosmische Intelligenz. Die universelle schöpferische Kraft symbolisiert sich im goldenen Fötus. Das äussere, physische Universum ist der Körper Gottes, der seine Glorie und Wesenheit umhüllt und doch physisch ausdrückt.

In diesem Essay beziehe ich mich primär auf die innere Seele, also auf die subliminale psychische Wesenheit des Menschen.

 Die Reise zum Mittelpunkt der Seele

Der folgende «Reisebericht» ist eine Skizze. Ich spreche von einigen Stationen und Phasen auf dem Weg zum Mittelpunkt unserer Seele. Auf dieser Reise gibt es unendlich viele Reise-Varianten, so viele, wie es Menschen gibt. Ich versuche hier Phasen aufzuzeigen, die ich als häufig und wahrscheinlich erlebe.

Die Reise beginnt mit der Erkenntnis, dass wir mehr sind als unser Charakter, weit mehr als die hier auf Erden angelernten Gedanken- und Gefühlsmuster, viel mehr sind, als unsere Identifikationen (z.B. mit unserem Geschlecht, dem Beruf, unserem IQ, unseren emotionalen Auffälligkeiten, etc.). Wir spüren immer deutlicher, dass hinter dem angelernten Bereich eine weitere, umfassende Wirklichkeit anwesend ist. Dies erfahren wir meistens, wenn wir uns in Stille nach innen wenden.
Öffnet sich das Herz weiter kann es zur umwälzenden Erfahrung der Erweckung kommen. Die bisherigen Prägungen werden nun relativiert und mit dem Einfluss weiterer Wirklichkeits-Ebenen dehnt sich das menschliche Bewusstsein aus.

Die bisherigen Trennungslinien werden durchlässig (licht-durchlässig) und das bisher Abgespaltene wird neu als bekannt und vertraut erlebt und es verbindet sich wieder mit dem Kern der Person. «Ich bin auch, was mir entgegenkommt; ich bin nicht nur das Geschaffene, sondern auch der schöpferische, kreative Mensch. Ich bin nicht nur der Körper, sondern auch die Kraft, die ihn erschaffen hat.» So etwa kann der Prozess zu Wort kommen.

Parallel zum beschriebenen Prozess rückt die Arbeit am Schatten ins Blickfeld. Indem sich die Grenzen aufzulösen beginnen, fällt mehr Licht in das Innenleben des Menschen, wodurch sich das, was bisher verdrängt wurde, zum Vorschein kommt und damit greifbar und allmählich verstehbar. Die angehäuften Ängste, Verletzungen und die damit verbundenen Schmerzen zeigen ihre Umrisse, intensivieren sich. Die Angst vor einem endlosen Abgrund tut sich auf und wir spüren, dass nicht nur persönliche Ängste in uns stecken, sondern auch kollektive.
Da ist nun Geduld und Vertrauen gefragt: das Vertrauen nämlich, dass jenseits dieser finsteren Abgründe eine Macht wirkt, die uns liebt, die will, dass wir hier und im Leben sind.

In einer folgenden Phase erkennen wir, dass sich die Dunkelheit auflockert. Schimmer von Licht sind bemerkbar, erst schwach, dann stärker werdend.

Plötzlich treten Einbrüche von starkem Licht auf, manchmal an eine Flut erinnernd. Es ist sehr lebendiges Licht, das zu uns spricht, uns in unserer individuellen Wirklichkeit wahrnimmt, Licht, das uns meint, erkennt und wir sind fassungslos, freudig überrascht: wie kann das nur sein! Bis wir realisieren, dass wir geliebt sind. Bedingungslos mit all unseren Fehlern und Schwächen. Geliebt, angestrahlt, aufgehoben in unendlicher Zärtlichkeit.

Unterdessen sind wir umgestiegen, vom Verstand in das «Fahrzeug» der feinsten Sinne, also der Fein-Sinnigkeit und der Übersinnlichkeit. Hier sind wir zugänglich für die Wahrnehmung der bedingungslosen LIEBE, die uns durch alles, was wir sind, heilend berührt.
Je mehr wir uns verfeinern, desto besser kann sich uns die wahre Kraft, das hohe Bewusstsein und die umfassende Liebe offenbaren.

Nun nimmt unser inneres, hauchfeines Wesen Gestalt an. Diese ist durchlichtet und sehr fein. Wir fühlen uns zart, filigran. Manchmal meinen wir nichts zu sein, feiner als Hauch. Wenn wir dann ausharren, erleben wir diese Feinheit, die bis ins Nichts reicht als eine Realität, eine Wirklichkeit: der Hauch des Lebens, der Seelen-Odem. Es ist die Realität unseres innersten Seelen-Raumes und seine Wirklichkeit, das heisst seine Ausstrahlung. Dieser innerste Seelen-Raum ist individuell und universal/kosmisch.

Auf dem Weg zum Ursprungslicht, unserem Seelen-Zentrum, reinigt uns unsere Seele. Narzisstische Höhenflügel und Fehl-Identifikationen halten dem Licht der Wahrheit nicht stand. Sie trocknen allmählich aus, wahre Demut breitet sich aus. In der mystisch-christlichen Tradition spricht man auch von geistiger oder geistlicher Armut. Die Sufis sprechen von Fana, der Vernichtung des falschen Selbst.
Wir erfahren, dass alles, was an uns wesentlich, essentiell ist, Geschenk ist. Gegebenes.

Anstelle des mentalen Überbaues (unser Grössen-Selbst) breitet sich in unserem Bewusstsein Realität aus, die primäre Wirklichkeit dessen, was wir wahrhaftig sind. Es ist unspektakulär und wunderbar. Wo nichts mehr zu sein scheint, geht die Sonne des Bewusstseins und der ewigen Liebe auf.
Nun sind wir ganz nahe an unserem Wesenskern. Dieser ist der göttliche Funke oder die göttliche Flamme, die niemals erlischt. In sie werden wir einst eingehen.

Im Umkreis des Wesenskern tut sich der Himmel auf, wirkt die Aura Gottes. Da ist reines Strahlen. Wenn wir sterben fallen wir in den Kernbereich (den Wesens-Kern) unserer Seele, der heilig ist. Das Innerste unserer Seele ist vollständig durchgeistigt. Dort ist der Ewige/die Ewige, der Gebärer/die Gebärerin, der Liebende, die Liebende, die uns in LIEBE empfängt.

*Sri Aurobindo: Das göttliche Leben, Band 1, S.252

Der dritte und letzte Teil des Essays über DIE SEELE erscheint voraussichtlich in eine Woche.

Übergangs-Wesen

Es ist anzunehmen, dass viele Seelen, die zu dieser Zeit ins Leben und ins Menschsein gerufen worden sind, die Aufgabe und den Auftrag erhalten haben, die Welt im derzeitigen Übergang, in dem wir uns befinden, zu begleiten und zu unterstützen und zwar durch ihre eigene Wandlungs-Bereitschaft, wie auch durch Taten, welche den schmerzvollen Übergang in eine neue Menschheitsepoche lindern und gleichzeitig ermöglichen helfen.

Es sind Übergangs-Wesen, die helfen ein neues Fundament zu erschaffen, auf dem sich leben und lieben lässt. Es sind Wesen, die helfen ein Zeitalter des Teilens, der Anteilnahme, des Mitgefühls und der Solidarität vorzubereiten und/oder einzuleiten.

Diese Menschen spüren ganz klar, dass das jetzige, eingeschränkte und reduzierte Bewusstsein, das auf einem «negativen Materialismus» beruht, untauglich ist, den Erfordernissen der Zeit gerecht zu werden.
Menschen mit einer ganzheitlichen, integralen Sichtweise leben einen positiven Materialismus. Sie erkennen die Materie als beseelt und durchgeistigt und begegnen ihr mit Respekt. Sie wissen um die Heiligkeit der Erde.

Die Übergangswesen, sind Begleiter*innen, von denen gefordert ist, Spannungen auszuhalten und zu halten in Hoffnung. Sie stehen zwischen dem Alten, das sich verabschiedet und dem Neuen, das in Geburtswehen liegt. Sie empfinden und bejahen den nötigen «Spannungs-Schmerz», der sich im Prozess des Übergangs ausdrückt.

Viele Menschen – sicher auch Leser*innen dieses Blogs – spüren diese Zeit des Übergangs als eine Erschütterung und als eine Aufforderung handelnd Verantwortung zu übernehmen und mehr noch: sich selbst dem Wandlungsgeschehen zur Verfügung zu stellen, denn wer wandeln will, wird gewandelt, wer das Neue ersehnt, wird erneuert.

Kosmische Wesenheiten, benötigen offene und empfangsbereite Menschen um ihre Energien einfliessen lassen zu können: empfangende Übergangs-Wesen, die um die Wichtigkeit ihrer Gebete und Meditationen wissen und denen es bewusst ist, wie nötige es ist, diese Verbindungen zwischen sich und hohen geistigen Wesenheiten (wie dem kosmischen Christus) offen zu halten und auszuweiten. In Verbindung mit dem geistigen Licht ist Fülle, ohne es beziehen wir die Energie, die wir benötigen mittels Ausbeutung der Erde bis zu ihrer Erschöpfung. Es braucht nicht nur hingebungsvolle Empfänger, sondern auch Tätige, die Mauern durchstossen und die verkrustete Gesellschaft durch ihr Herzensfeuer erwärmen. Ein eindrückliches Beispiel für tatkräftige Erneuerungs-Bewegungen stellen die Jugendlichen dar, die sich für die Verbesserung des Klimas einsetzen. Ihre Frische bringt heilsamen Wind in die so kühlen und verfestigten von der Ratio übersteuerten gesellschaftlichen Strukturen.

Die herrschende materialistische Weltanschauung, wie sie etwa in den Wissenschaften Ausdruck findet, verleugnet im Allgemeinen die Existenz von Psyche und Geist und schneidet sich damit ab vom geistigen Strom, sucht das Leben innerhalb ihres Bezugsrahmens und wendet sich der künstlichen Intelligenz zu. Dadurch wird der Einstrom von Liebe und lebendigem Leben vermindert. Damit wird auch ausgegrenzt, was uns Menschen heilen kann. Deshalb ist es existentiell höchst bedeutsam, dass die helfenden Seelen des Übergangs nicht nachlassen darin, sich offen zu halten und im Vertrauen zu stehen. Unbeirrt. Indem sie das tun, erinnern sie sich ihres inneren Licht-Wesens, das sie sind und ihr Lichtkörper entwickelt sich.
Deshalb ist es heute so wichtig, dass wir die bewährten Mittel der Bewusstseinsentwicklung, nämlich Meditation, Gebet und Mantra-Singen, Visionssuche, Vertiefung unserer Beziehung zu Natur und Erde anwenden, um uns zu stärken und zurück zu verbinden mit der Quelle, aus der wir stammen.

In meinem Blog-Beitrag über Nahtod-Erfahrungen versuchte ich aufzuzeichnen, wie fundamental unsere Erfahrung mit lebendigem Licht ist.

Die Übergang-Wesen ahnen, wie wichtig es ist, sich ihrer Gemeinschaft bewusst zu sein als die Vereinigung derer, die beide Arme ausbreiten, um eine Brücke zu bilden, einen Steg über den Abgrund. Sie wissen wohl auch mehr und mehr, dass wir Menschen bedürftig sind und auf Hilfe angewiesen sind. Sie sind bereit diese zugesagt Hilfe mit ihrem Herzen zu empfangen.

Ich glaube, dass die Zeit nun da ist (Kairos), uns klar darüber zu sein, wie wir in der Welt stehen, wonach wir uns ausrichten wollen und wie wir uns einbringen wollen als Menschen dieses Planeten. Vermutlich, und das sagen mir auch Freunde, werden unsere Grund-Einstellungen in den nächsten Monaten und Jahren darüber entscheiden, ob die Lebensqualität in Richtung grundlegender Erneuerungen wieder ansteigen wird, oder ob die destruktiven Kräfte (noch mehr) überhand nehmen werden.

Beitrags-Bild: Christus-Kreuz (Ausschnitt) von Karlheinz Oswald, im Dom St. Martin, Mainz.

 

Sanftes Fliessen

Wenn ich mir die Tatsachen, wie die folgenden vor Augen halte, zieht sich in mir alles zusammen; ich fühle mich aufgewühlt und angespannt:

0.9 Prozent der Bevölkerung besitzen 43,9 Prozent des weltweiten Vermögens; 56,6 Prozent der Bevölkerung besitzen 1,8 % des weltweiten Vermögens.
Rüstung: 1,8 Billionen betrugen die Rüstungskosten im vergangenen Jahr, davon 649 Milliarden von den USA alleine.

Und dieser Problemkreis ist ja nur einer der Schrecklichsten. Die anderen sind: die Ausbeutung von Natur und Erde mit allen Folgen, wie dem Klimawandel und die extrem einseitige materielle Ausrichtung des menschlichen Bewusstseins mit allen zerstörerischen Folgen (Konsum, Verkehr, Gesundheit).

Wenn ich von solchen Missständen höre und die ersten Ohnmachtsgefühle abklingen, so möchte ich mehr helfen, aufrütteln, schreien und fange an, mich anzuspannen.

Ich habe gelernt: «Wenn du etwas erreichen willst, so musst Du dich anstrengen, zusammennehmen!»
Wenn ich unaufmerksam bin, falle ich in dieses alte Denk -und Verhaltensmuster zurück und dann bemerke ich, wie sich Spannungen in mir aufbauen, wie die Energie in meinen Kopf steigt und meine Atmung kurz und flach wird. Ich habe auch gelernt, dass ich nur mit dem Kopf die wesentlichen Dinge erreiche. Also: Panik/Angst – Anstrengung/ Anspannung – Kopfarbeit.
In dieser Reihenfolge baut sich das alte Muster auf.

Ich möchte etwas tun, helfen, unterstützen und dabei spanne ich mich an und verhindere damit (mindestens teilweise), dass ich mich mit dem Kraftstrom der universellen Liebe und Heilkraft verbinden kann. Damit diese Kräfte mich frei durchfliessen können und somit wirksam werden können, ist es nötig, dass ich entspannt und frei atme und in Verbindung bin mit dem Wesenskern in mir, also mit der Licht-Liebes-Flamme, die mir das Leben gibt, mit anderen Worten im Kontakt mit meinem Seelenzentrum bleibe.

Ich bin dabei zu lernen, mich bei Angst zu öffnen und nicht mehr, wie früher, mich zusammenzuziehen.
Ich bin dabei zu lernen Anstrengung durch Vertrauen zu ersetzen, das Schwert in die Scheide zu stecken.

Das bedeutet eine Wendung um 180 Grad. Jesus sprach von Umkehr.

Ich glaube, dass wir Menschen aufgrund unser Angst-Spannung mehrheitlich abgeschnitten vom Lebensstrom sind, abgeschnitten von allem, was wir als mikrokosmische Wesen auch sind, nämlich Erde, Sonne und Universum, Geist und Seele, und somit nicht in der Lage sind umzukehren, den Bewusstseinswandel zu vollziehen, der so dringend nötig ist.

Durchlässig sein, in zartem, sanftem Fliessen sein: Dies ist die Weise, wie sich Mensch und Erde erholen werden können. Auch unsere notwendigen Taten, unser Einsatz für eine harmonischere und gesündere Welt werden von jenem Geist sanft durchflossen sein, welchen es braucht, um uns in der Tiefe zu transformieren. Und wenn sich in dieses Fliessen auch Zorn einmischt, so schadet dies nicht, sofern dieser mit Engagement und Mitgefühle und legiert ist.
In der Haltung des sanften und hingebenden Dienens bewirkt der Mensch weit mehr, als in der angespannten Haltung des Machers. Dies erfordert eine bio-psychische Umkehr, ein Umlernen, welches Körper und Seele umfasst, insbesondere eine freiere Art der Atmung, vor allem ein gebendes, fliessendes und liebevolles Ausatmen.

 

Abwesenheit – Anwesenheit

Abwesenheit von Leben zeigt sich in substantiellen Mängeln, in einer kühlen, statischen Atmosphäre, in Bewegungs-Armut (dabei meine ich vor allem die innere Unbeweglichkeit), in einem Mangel von Wärme, Intimität und Zärtlichkeit.

Der Mensch wird zum Abwesenden, zum Unsichtbaren, Tauben, wenn er seine Seele, die ihm Wohnung sein kann, verlässt, wenn er sich also selbst verlässt, meidet, genauso wie öffentliche Plätze rasch abkühlen, wenn sie nicht mehr von Menschen, Tieren und Pflanzen beseelt werden.

Ich erinnere mich, wie es früher in kleinen und mittleren Unternehmungen, in sozialen Einrichtungen, in Läden und Restaurant oft eine sogenannt gute Seele gab. Treue Mitarbeiter*innen, über Jahre verwachsen mit dem Betrieb, in dem sie arbeiteten, oft Vermittler*innen mit mütterlichen Zügen, welche Wärme und Anteilnahme verbreiteten, bei denen man sich notfalls auch ausweinen konnte oder mit denen man mit einem Glas Sekt anstossen konnte bei freudigen Ereignissen. Sie waren erreichbar für die Chefs, wie auch für die Lehrlinge und die kleinen Angestellten. Auch die Putzfrauen und Ausläufer fühlten sich von ihnen geschätzt. Sie wurde respektiert. – Dann kam die Zeit des Neo-Liberalismus. Es hiess, die Unternehmungen müssten schlank werden. Man sprach von Effizienz-Steigerung und von Optimieren. In diesem Trend wurden die guten Seelen eliminiert und, falls sie in Pension gingen wurden ihre Plätze gestrichen. Die freien Wärme-Räume schlossen sich. Wo früher eine gute Seele die Fäden in der Hand hatte – liebevoll! – sind es heute Roboter, die Weisungen erteilen oder es sind kalte Leer-Räume entstanden, wo früher Wärme-Zentren waren.

Die Anonymisierung in der materiellen Gesellschaft nimmt aber auch heute ihren raschen Lauf. Viele der restlichen, organisch gewachsenen Menschennetzwerke zerfallen, deren emotionaler Mittelpunkt diese «guten Seelen» bildeten. Geblieben sind winzige Teil-Funktionen, deren Zusammenhalt nicht durch Menschen gewährleistet sind, sondern durch Roboter. Bezweckt werden reibungslose Abläufe und die Mehrung der Rendite. Man spricht auch von Rationalisierung oder vom Weg-Rationalisieren von nicht effizienten Dienstleistungen oder umständlichen Abwicklungen von Geschäften. Damit können auch Menschen gemeint sein; es können auch gute Seelen sein, deren soziale zwischenmenschliche Aufgabe und Funktion keine Rolle mehr zu spielen scheinen. – Viele von ihnen haben sich in den letzten Jahren in Enklaven oder auf Inseln zurückgezogen und bauen dort im Stillen ihre Oasen, oder sie fühlen sich verlassen und nicht mehr gebraucht in ihren kleinen engen Wohnungen.

Mit der Schilderung des Rückzuges der guten Seelen wollte ich auf das übergreifende Phänomen hinweisen: der Entseelung der Gesellschaft und der Auflösung des menschlichen Zusammenhaltes. Die Welt braucht ein globales Netzwerk, hilfsbereiter, wärmender «Seelen», damit das Herz der Erden-Menschheit weiterhin seine überlebensnotwendigen Impulse aussenden kann. Ich glaube, dass zu dieser Zeit der globale Herzschlag schwach ist, wodurch das Leben auf Erden gefährdet ist und die Verbindung zur Quelle nicht genügend stark ist, damit sich das Leben auf Erden erholen kann.

Um wahre lebendige Wesen zu sein und zu bleiben, also Anwesende zu sein, die mit dem Herzen hören, ist es wohl nötig innere Stärke zu entwickeln, um nicht in den Sog der Abwesenheit zu geraten, in die Unsichtbarkeit abzurutschen oder in der Unbeweglichkeit des Toten zu landen. Das Schlimmste ist Stagnation und  Verbitterung.
Sollten wir den Weg der Liebe (des Herzens) wählen, werden wir zu Pilger*innen. Als solche brauchen wir für unsere Wanderung dreierlei: Den Licht-Mantel, die Laterne und den Wander-Stab.

Der Lichtmantel: Die Umkleidung mit dem Lichtmantel schützt uns. Sie ist die Umhüllung mit dem Geist, dem göttlichen Atem (Prana), der uns umkreist und uns in Verbindung mit unserem Ursprung hält. Dieses Kleid wird uns geschenkt, wenn wir es wagen, uns regelmässig in Stille beschenken zu lassen, zum Beispiel in Form von Meditationen.

Die Laterne: Um auch in einer rauhen und dunklen Welt lebendig zu bleiben, ist es nötig, dass wir eine stets brennende Laterne fest in der Linken halten. Sie stellt das innere Licht dar und die Wärme des Lebens. Sie ist die lebendige Liebesflamme in uns. Die Lampe brennt durch unsere Erinnerung an sie, wenn möglich bei jedem Atemzug. Sie ist es, die bewirkt, dass wir Lichtstrahlen in diese Welt bringen können, ohne uns im Dunkeln zu verirren und verwirren zu lassen.

Der Stab: Er symbolisierte die menschliche Vertikale. Er erinnert uns, dass wir als Menschen, den Übergang und die Verbindung bilden zwischen Erde und Himmel, zwischen Tier und Engel. Er erinnert uns daran, aufrecht und würdig zu gehen, im Bewusstsein unserer Verantwortung.

Es ist hilfreich, uns jeden Morgen symbolisch und imaginativ auf diese Weise einzukleiden, um bewusst in den Tag zu gehen. Wir können diese Handlung durch kleine Gesten verlebendigen.

Ob wir es auf diese oder andere Weise tun spielt nicht so eine Rolle, wichtig ist, dass wir möglichst jeden Tag bewusst beginnen, denn die Kräfte der Verdrängung, der Spaltung und der Abnützung sind in unserer Welt – ich habe sie als rauh bezeichnet – gross.

Ich fühle, dass es gut ist, wenn ich weiss, worauf ich mich ausrichte, denn ich bin nicht gefeit davon, mich von dieser Welt vereinnahmen zu lassen. Denn ich bin ja auch ein Kind dieser Erden-Welt und sie fasziniert mich, obwohl ich weiss, dass sie in Schieflage geraten ist durch den ausufernden Materialismus und den Hyper-Individualismus, der uns einsam macht.

Ich vermute, dass die nächsten Erdenjahre uns durch unsere selbst geschaffenen Widersprüche, Einseitigkeiten und Ungerechtigkeiten durchschütteln werden. Ich will deshalb auf innere Stärke setzen und mit der inneren Flamme in Beziehung bleiben.

Neben meinem Bett steht der Stab, die Laterne und das Kleid liegt über der Stuhllehne und ich nehme die drei zu mir, wenn ich aufstehe.

 

Nahtod-Erfahrungen: Willkommen im Licht

Seit Wochen höre ich mir bei YouTube Berichte über Nahtod-Erfahrungen an. Dabei habe ich festgestellt, dass alle Schilderungen in der Begegnung mit einem sehr hohen göttlichen Ursprungs-Licht gipfeln, welches zutiefst berührt.
Nahtod-Erlebnisse stellen sich im Übergang von Sterben, Tod und nachtodlichem Leben ein, aber manchmal auch während des Schlafes oder im Dämmerzustand zwischen Traum und Wachwerden oder in einem Schwächezustand.

Der spirituell Reisende wird plötzlich aus seinem diesseitigen Lebensgefühl herausgehoben oder herausgezogen und nähert sich einer intensiven Licht-Quelle an. Er befindet sich in einem Licht- oder Geist-Körper, während er sich dem grossen Licht annähert, dem er sich hingezogen fühlt und in dem er sich vollkommen willkommen fühlt.

Er/sie fühlt: Ich bin vollkommen willkommen,
Ich bin angenommen,
vollkommen und bedingungslos geliebt,
zu Hause angekommen, ganz zugehörig.

Er/sie fühlt: Das Licht ist lebendig,
es ist wesenhaft (wie ein Wesen das ganz an mir interessiert ist).
ich werde in meiner Individualität, in meinen So-Sein völlig erkannt.
Dieses Licht ist anteilnehmend,
es berührt mich zutiefst,
es spricht mich an.

Viele Reisende fühlen durch die Licht-Berührung Glückseligkeit und Schönheit. Sie sind in einem leuchtenden, erleuchteten Bewusstseins-Zustand. Sie sehen das Licht in weiss oder/und golden. Es ist endlos. Alles ist in Ausweitung.

Es kommt in allen Fällen, die mir bekannt sind zu einer Tiefen-Begegnung mit dem lebendigen Licht, welches wandelt, erhellt, klärt, tröstet, erleichtert und vor allem mit LIEBE erfüllt. Nach der Begegnung fühlt sich der Reisende durchtränkt mit ewigem Leben. Seine Angst vor dem Tod hat sich aufgelöst. An dessen Stelle ist Vertrauen und die Freude auf das Leben nach dem Tode getreten.
Diese Erfahrungen, die Menschen in Nahtod-Ereignissen oft machen, fühlen sich bei den Betroffenen als wirklicher an, als alles andere, was sie sonst in ihrem Erden-Leben erfahren haben. Sie möchten in einer ersten Phase in der Licht-Sphäre bleiben, bevor sie dann, meist durch ein Lichtwesen motiviert werden, ihre Lebensaufgabe zu Ende zu führen, beziehungsweise mit einer neuen Aufgabe ins Leben zurückzukehren. Alle richten sich nach der Licht- Erfahrung auf die LIEBE aus.
Ich erlebe die gehörten Zeugnisse fas immer als völlig authentisch und glaubwürdig.

Ich habe in diesem kurzen Text lediglich meine Beobachtungen und die wiederkehrenden Merkmale der Nahtod-Erfahrungen aufgezeichnet, ohne persönlichen Kommentar.

Die hohen Übereinstimmungen bezüglich der Begegnungen mit dem grossen Licht im Erleben der vielen Reisenden finde ich merk-würdig und bedeutungsvoll.

Ich glaube, dass es viele Parallelen zwischen Nahtod-Erfahrungen und Erfahrungen in Kontemplation gibt. Ich bin überzeugt, dass es viele Wege und Möglichkeiten gibt, dem göttlichen Licht zu begegnen. Dieses Licht bildet den innersten Licht-Funken im Menschen.

Zum Schluss noch ein persönlicher Gedanke: Die Sehnsucht nach dem Licht wird in den Nahtod-Erfahrungen stets als ein Sog, als ein Ziehen oder als Auftrieb erlebt.
Ich vermute, dass dies generell gilt: Die Menschheit als Ganzes wird erhoben, heraufgezogen in die höhere Geisteswelt, in die LIEBE Gottes. Diesem natürlichen Auftrieb steht eine dunkle herunterziehende (ahrimanische) Macht entgegen, welche herab- und- zusammendrückt, reduziert. Sie wird als Schwere erlebt. Deswegen fällt es den Menschen schwer, sich dem natürlichen Auftrieb hinzugeben. Dieser würde die Menschheit in eine höhere Bewusstseinsstufe erheben und dies wird wohl auch einmal geschehen, wenn der menschliche Widerstand, der aus der Angst kommt, nachlassen wird.

 

 

 

 

Eine Kultur der Zärtlichkeit Teil 2

Im ersten Teil dieses zweiteiligen Blog-Beitrages äusserte ich mich primär zu den psychologischen und erdnahen Aspekten der Zärtlichkeit. Im zweiten Teil betone ich die spirituelle Seite dieser Wachstumskraft und stelle einen Bezug zu Weihnachten her.

Im Kommentar zum letzten gleichnamigen Artikel machte mich Christoph Albrecht, SJ, auf eine Text-Passage von Kurt Marti* aufmerksam, die mich aufhorchen liess und zu einem fast hörbaren «Ja, so ist es» stiess.

Hier das Zitat:

„Die vollkommene Aufmerksamkeit
Worauf weisen die Begriffe Allgegenwart und Allwissenheit Gottes hin? Vielleicht auf jene universelle, vollkommene Aufmerksamkeit, wie sie altrussische Ikonen als „das nichtschlafende Auge Gottes“ dargestellt haben. Diese universelle, zugleich engagierte Aufmerksamkeit ist weder als Auge des Weltgesetzes noch als das eines „Kosmopolizisten“ (Jan Milič Lochmann), vielmehr als vollendete Zärtlichkeit zu denken: Zärtlichkeit als intensivste Form der Aufmerksamkeit.“

Das leuchtet mir ein; es entspricht meiner inneren Erfahrung: Die Zärtlichkeit als intensivste Form der Aufmerksamkeit.
Ich erfahre Zärtlichkeit auch als eine Schicht der all-gegenwärtigen, universellen Barmherzigkeit.
In der Sphäre der Zärtlichkeit wirkt Trost und Heilung.

Wenn wir uns – zum Beispiel in einer Meditation/Kontemplation – betrachten lassen, so nehmen wir wahr, dass das göttliche Lichtauge, das ev. an eine Sonne erinnert, uns schaut und erschaut, vollkommen zärtlich, liebevoll und tröstlich. So wird es auch in vielen Berichten von Nahtod-Erfahrungen gesagt (die sich manchmal tiefen mediativen-kontemplativen Erfahrungen sehr ähnlich sind), dass eine Lichtwesenheit mit der betreffenden Person in einen Herzens-Dialog eintritt, indem sich die Betroffene oder der Betroffene völlig aufgehoben und geliebt fühlt. Es ist zärtliches Licht, das auch an das Lächeln von Buddha erinnert.
Die Begegnung mit Licht-Wesen verdichtet sich manchmal zu der Frage hin: Bin ich es selbst, der mir begegnet, also mein inneres Licht-Wesen, das in mir angelegt ist?

Dieses zärtliche Licht, so will ich es nun nennen, ist vollendete Aufmerksamkeit, vollendete Präsenz und Zugewandtheit. Es ist erfahrbar, dass es ein Zuhörendes und Anteilnehmendes in allem gibt, was ist.

Sie ist, wie im ersten Artikel schon gesagt, der Boden auf dem wir stehen und die Atmosphäre in der wir wachsen und gedeihen und uns beheimatet fühlen.

Es ist bemerkenswert, dass in kirchlichen und theologischen Kreisen eher selten von Zärtlichkeit gesprochen wird und ich frage mich, warum das so ist. Ist es vielleicht die patriarchalische Prägung dieser Kreise?

Weit öfter findet im Bereich der Mystik die Erfahrung von Zärtlichkeit Ausdruck, so etwa bei Johannes vom Kreuz. Ich zitiere hier zwei Strophen seines wunderbaren Gedichtes aus die Lebendige Liebesflamme **:

„O Flamme, von Liebe lebendig,
die du zärtlich verwundest
meine Seele in tiefster Mitte!
Da du nicht mehr quälend bist,
komm schon ans End‘, wenn’s dir gefällt;
zerreiss den Schleier zur süssen Begegnung!

Wie sanft und liebkosend
erwachst du in meinem Schoss,
wo du allein insgeheim wohnest!
Und in deinem köstlichen Hauch
von Gutem und Herrlichkeit voll,
wie zartkosend machst du mich verliebt!“

Dies ist eine Beschreibung der mystischen Weihnachten.

Zärtlichkeit ist sowohl ein Bewusstseins-Zustand, wie auch ein Gefühl und ein wundervoller Ausfluss bedingungsloser LIEBE.
Die Erfahrung von reiner Zärtlichkeit ist Grund-legend. Sie hat nichts zu tun mit falscher, sentimentaler Süsse, kitschiger Peinlichkeit oder einer hübschen Fassade.

Sie ist Ausdruck einer umfassenden Intimität, die durch Empathie und Nähe entsteht, in einem non-dualen Dialog, der die Einheit allen Lebens atmet.

*

Zärtlichkeit ist erstens eine fundamentale Kraft, die uns Menschen erdet, sowohl in unserm Körper, wie auch auf Mutter Erde. Sie ist die Kraft, die uns hier wachsen lässt, mütterliches Fluidum;

und zweitens: sie ist ebenso die Kraft, die uns mit der geistigen Welt verbindet, die uns zu Anteilnehmenden und Zugehörigen werden lässt,

und drittens ist Zärtlichkeit die Kraft, die eine Brücke bildet zwischen der Erden-Welt und der Geist-Welt, aus der wir kommen und wohin wir gehen.
Sie verbindet Himmel und Erde, die physische Welt mit der geistigen Welt.

Die Kraft der Zärtlichkeit wirkt all-gegenwärtig im Universum, wie auch auf Erden. Hier aber ist sie bedeckt von einer verwundeten und zum Teil abgestorbenen Oberfläche. Die darunter liegende Zärtlichkeit und die damit verbundene Heilkraft können wir bewusst einatmend befreien und sie ausatmend einer werdenden Kultur zärtlichen Erdenlebens zukommen lassen.
Dies ist wohl die wahre Weise, Weihnachten zu feiern.

 

*Kurt Marti, Zärtlichkeit und Schmerz, Darmstadt 81. Vergriffen.
**Johannes vom Kreuz:  Die lebendige Liebesflamme, Herder TB 5049

 

 

Die Kluft

Wenn ich nach aussen schaue, in die Welt, wie sie sich mir präsentiert, fallen mir kalte Schauer über den Rücken. Da sehe ich den Menschen, wie er sich selber reduziert auf einen Körper mit Hirn, welches denkt und sich optimieren möchte – und schon dieses Wort optimieren fügt mehr Kälte hinzu.
Menschen hinter ihren Geräten – es sind mehrheitlich Männer – zwischen Resignation und Sucht. Glitschige Oberfläche soweit das Auge reicht. Die Öffentlichkeit: Schaufenster des Kapitalismus. Ebenso die Massenmedien.

Mich friert. Jetzt vor Weihnachten noch mehr.
Ich lese, dass wir uns in einer Phase massiver militärischer Aufrüstung befinden. Seit langem und niemand scheint darüber aufgebracht zu sein – ausser Gorbatschow, der einst die Aufrüstung durchbrach und Abrüstungsverträge einleitete.

Greta Thunberg wird verunglimpft als Marionette. Was Fake ist und was nicht, ist unklar. Die Digitalisierung ist selbsttätig geworden. Wer hält die Zügel? Die Algorithmen.
Wer sind die Verschwörer und wer schreibt die Verschwörungstheorien?

Und der Mensch? Wo ist er geblieben. Verschleppt in eine Steinwüste? Der Mensch, von dem nur noch der Körper und ein unzulängliches Hirn geblieben ist, der nano-technisch und medikamentös in einem scheinbaren Gleichgewicht gehalten wird.
Der Mensch, reduziert auf Körper und rationales Denken, resigniert, auf mehr Technik wartend.

Trauer.

Ich erfahre und erlebe den MENSCHEN, strahlend im Licht, unfassbar geliebt, beschenkt von strömendem Licht, von LIEBE, in welcher er zu sich findet, aufsteht und sich erkennt in seinem endlosen Reichtum. In unfassbarer Fülle. Der Mensch, der sich in der Erde erkennt und in den himmlischen Lichtwelten, die ihn in zärtliche Lichtwellen einhüllen und beschützen und seinen Lichtkörper hervortreten lassen. Der Mensch in seinem Mitgefühl, welches ihm gegeben worden ist als Anteilhabender und als solcher verbunden mit allem was bedürftig ist und nach Leben strebt. Der Mensch in Beziehung mit allem, was lebt.

Die Kluft, von tiefer, schwerer Trauer erfüllt.

Wenn der Mensch auch die Erde ist, auf der er lebt, dann muss er sich eingestehen, dass er die Erde, auf der er lebt, verbraucht, also isst – eine Form von Kannibalismus.
Er verbraucht sich. Er ist zum Verbraucher geworden. Also beziehungslos.
Ein Selbst-Ausbeuter. Er hat seinen Körper weggegeben, überstellt an pharmazeutische und digitale Einrichtungen. Er läuft mit der Uhr, dem Pulsmesser, dem Mini-EKG-Gerät, dem Chip.
Er ist seinem Körper entfremdet. Er ist entkörpert. Bleibt da noch Eros? Weshalb dieser Hass auf den Körper, versteckt hinter Körperkult?
PS: Ist das alles übertrieben? Ja, zweifellos, doch in der Tendenz vermutlich ziemlich zutreffend.

Die Kluft aus Angst, Trauer und Einsamkeit, das Weinen von Kindern.
Die Kluft, zwischen dem Menschen, wie er gemeint ist und   dem Menschen, wie ihn Mächte (die auch in uns wirksam sind) reduzieren wollen zu einem steuerbaren Verbraucher, tut weh. Doch diese Kluft auszuhalten ist notwendig.

«Ich gebe euch alles, was ihr braucht. Es reicht, wenn ihr die Türe öffnet. Es wird euch alles zufliessen, was ihr braucht, sofern ihr es zulässt. Es ist euch alles gegeben, hingegeben, da ihr geliebt seid. Grenzenlos. So werdet dann, was ihr seid.»
In Stille empfängt der Hörende diese Botschaft, – und andere schmettern diese Botschaft an die Wand.

Die Kluft. An der dunkelsten Stelle der Schlucht in erdrückender Einsamkeit hat jemand ein Feuer entfacht.
Ein wärmendes Feuer entfacht.

Das Beitragsbild, ein Aquarell von Werner Binder zeigt, wie das Feuer allmählich den Abgrund, die Kluft, in einen Kelch verwandelt.

Kriterien für die eigene spirituelle Entwicklung

Folgende Sätze, als subjektive Aussagen, bzw. Merkpunkte formuliert, sollen dir (und mir) Aufschluss geben über die Schritte auf deinem spirituellen Weg. Kannst du einige oder gar mehrere von ihnen bejahen, so kannst du davon ausgehen, dass du dich in einem Prozess der Transformation, des Wandels befindest, auf dem Weg zu dir selbst, dem wahren Wesen, das du bist. Ich habe diese Kriterien so notiert, wie sie in mir aufgeschienen sind und ohne die Erwartung sie logisch zu ordnen. Ausserdem erhebe ich nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.
Wenn Du Dir Zeit nehmen magst, lasse jeden Satz einzeln eine Weile auf Dich wirken.

  • Vermehrt empfinde ich, dass nicht ich, also mein kleines Ich, mich lenkt, sondern dass es ein grösseres, ein Umfassenderes gibt, das aus einer höheren Ordnung wirkt, welches mich lenkt und leitet. Nennen wir es das höhere Selbst oder das ICH.
  • Ich akzeptiere die Unsicherheiten, die auftreten, wenn ich mich der Führung durch das höhere Selbst anvertraue, wage sogar später die Erleichterung zu geniessen, die auftritt, wenn ich nicht mehr glaube, alles selbst richtig einordnen und machen zu müssen.
  • Ich ersetze übertriebene Anstrengung durch Vertrauen und Hingabe und egozentrische, angst-besetzte Gedanken durch bewusstes Atmen.
  • Vermehrt treten Phase in meinem Leben auf, wo ich nicht von Gedanken und Gefühlen getrieben bin, sondern in Stille bin, und/oder mich von einem Mantel (Kleid) aus Zärtlichkeit und Licht umhüllt und geborgen fühle. Nach wie vor, lasse ich Gedanken und Gefühle zu, schätze sie, ohne mich an sie anzusaugen oder mich an sie zu binden. Ich lasse sie kommen und gehen.
  • Dem Leben gegenüber verhalte ich mich biegsam, weich, mitschwingend, sträube mich also nicht gegen seine Äusserungsweisen.
  • Stärke und Nachgiebigkeit wachsen gleichzeitig heran und ergänzen sich.
  • Ich ärgere mich immer weniger über eigene Schwächen und Mängel, fange sogar an, sie zu mögen. Derselbe Prozess zeigt sich anderen Menschen gegenüber.
  • Die innere Stimme, mit der ich mit mir rede, wird zunehmen zärtlicher und milder.
  • Ich gebe mich vermehrt den Wesens-Strömen aus Licht, Liebe und Weisheit hin.
    Ich stelle fest, dass ich nicht mehr so oft über andere und mich urteile und einfach kommentarlos hinnehme und annehme was geschieht, was nicht heisst, dass ich es mir verbiete, eigene, kreative, ev. auch kritische Gedanken anzustellen.
  • Es gelingt mir besser zu unterscheiden, ob ich mich durch kollektive Schwärme unerlöster, abgenützter Gedanken und Gefühle bestimmen lasse, oder ob ich mich höheren Inspirationen aus der geistigen, schöpferischen Welt hingebe.
  • Es ist mir wichtig aus der Intelligenz des Herzens zu denken und zu handeln, indem ich auf mein Herz höre und nicht auf die Meinungen, die mich umschwirren.
  • Ich erkenne die Ausweitung, Ausdehnung meines seelischen Innen-Raumes. Es ist mir klar, dass Angst einengt, während Liebe und Vertrauen mein Bewusstsein erweitern.
  • Oft überkommen mich Liebesgefühle ohne äusseren Grund. Es ist ein Verliebtsein ins Leben und ich weiss, dass die Liebe, die ich fühle, Grund und Ursache meines Lebens ist.
  • Meine Angst vor Sterben und Tod nimmt ab.

Lebensmut

Die LIEBE weitet sich aus,
unendlich …

Ich glaube es kaum,
wie innig, wie stark, wie unsagbar gross sie ist.
Ich schwebe weg, bin über den Bergen
und die Sonne wird gross und grösser
und Lichtstrahlen, bündelweise,
wie orchestriert
fallen wie ein Blumenmeer über mich, –

Und dann: ein Aussetzer. Stillstand –
und etwas später bemerke ich,
dass sich alles zusammengezogen hat,
wie ein Kind mit Blähungen,
ein Mensch, der zu viel gegessen hat,
ein Kranker, bevor er sich übergibt.

Alles hat sich zusammengezogen.
So wirkt die Angst oder die Strenge:

«So jetzt genug! Was glaubst du denn,
wer du bist, dass du dich so aufblähst.
Noch kein Baum ist je in den Himmel gewachsen!
Wage nicht,
über die bemessene menschliche Kraft hinauszugehen.»

Alles hat sich zusammengezogen:
Es ist die Angst vor der Weite, die Angst vor dem Leben;
die Angst vor dem Glück.
Es kann auch Schuld oder Scham sein
oder es sind Minderwertigkeitsgefühle,
oder unbewusste Selbstbestrafungsbedürfnisse.

Ist denn jemand da, der für mich atmet,
wenn mein Atem stockt?

Millionenfach, milliardenfach geschieht dies täglich.
Es ist abgewürgte, erdrosselte LIEBE,
abgewehrt, abgeschüttelt,
von uns, die ihre unendliche Kraft ablehnen, mindern,

wir Mangelwesen!

Also:
Lasst uns in der Kraft bleiben.
Lassen wir es zu
(wir Ängstlichen),
dass uns die Mutter trägt
und uns all ihre Wärme gibt,
ihre Milch, ihr Lebenswasser.

Das ist der wahre Mut: uns der LIEBE, die uns über die Grenze führt,
anzuvertrauen, sie zu halten in Dankbarkeit,

zu wagen, die Wärme zu ertragen, die sich manchmal zur Hitze steigert,
die Feuchtigkeit der unzähligen Küsse anzunehmen,
die Früchte, die vielen, zu essen,
mit den Tautropfen zu spielen,
uns von der LIEBE völlig erweichen zu lassen,
bis wir schmelzen und uns auflösen,
wissend, dass wir wieder zusammengesetzt werden
und uns erheben, uns der Sonne entgegenstrecken,
weinend und lachend – leidenschaftlich.

Es bedeutet Mut, die Freude gross und mächtig werden zu lassen,
weit und unendlich.

Es ist die Kraft des Ja zum Leben, zu uns, zur Welt, zu IHM
Möge sie wachsen, Tag für Tag
Nacht für Nacht, durch alles Leid,
durch unser kleines wimmerndes Ich hindurch.

Zum Schluss Khalil Gibran:

«Meister ,Meister, aller Sänger,
deine Tränen waren Maischauer
und dein Lachen wie die gischtweissen Wellen
des Meeres,
deine Worte waren das Flüstern
vom Feuer entfachter Lippen.
Du lachtest für ihren innersten Nerv,
der noch nicht zum Lachen bereit war,
du weintest für ihre Augen,
die noch trocken waren.»

(aus Jesus Menschensohn)

Beitragsbild: Ausschnitt eines Bildes von W. Turner

Die Schöpferkraft des Menschen

Dies ist ein utopischer Text. Die Utopie ist ein Ort, den es noch nicht gibt, durch die Kraft der Vision aber ins Leben gerufen werden kann.

«Die Frucht des integralen Bewusstseins ist das schöpferische Selbst.
Im Prozess der Liebe und der Heilung, der uns zu wahren, mitfühlenden, verwirklichten Menschen heranbildet, wird uns die Gabe des bewussten Gebärens verliehen.
Dadurch werden wir zu Mit-Schöpferinnen und Mit-Schöpfern des Lebens – Gebende und Hingebende.»*

Das heutige Menschheits-Bewusstsein kann als rational oder als mental bezeichnet werden.
Der analytische Verstand ist eines seiner zentralen Merkmale. Ein anderes die patriarchale langlebige und dominante Kultur.
Im mentalen, rationalen Bewusstsein behandeln wir folgende Bereich als zweit- oder dritt-rangig:

  • Unsere weibliche Seite, die Emotionen, die emotionale Intelligenz
  • Unsere kindliche Seite. Das Spiel, das Spielen
  • Die Muse, die Leichtigkeit des Seins.
  • Der künstlerische Ausdruck: Tanz, Musik, bildende Künste, Kunsthandwerk
  • Die Kultur der Zärtlichkeit und der liebevollen Zusammenarbeit.
  • Unser psychologisches und spirituelles Wachstum
  • Die Natur und die Natürlichkeit
  • Geerdete Sexualität
  • Die Verbundenheit mit allem und das Erleben der grossen Zusammengehörigkeit

Diese Liste ist unvollständig. Sie beschränkt sich auf ein paar wesentliche Aspekte. Insbesondere auf den letzteren (Verbundenheit).
Wenn der Mensch sich allmählich wieder versöhnt mit seinen wenig beachteten oder abgelehnten Aspekten seiner selbst, sie also reintegriert, wird er zu einem Instrument der göttlichen Schöpfungskraft: Die Frucht des integralen Bewusstseins ist das schöpferische Selbst.

Abgespaltene Aspekte unserer Wesenheit können aber nicht mit dem mentalen Bewusstsein integriert werden, welches das Trennungsgeschehen verursacht hat. Das Überschreiten der rationalen Bewusstseinsebene ist nötig, damit wir heilen und uns vervollständigen.

Im mentalen, rationalen Bewusstsein ist die Schöpferkraft begrenzt, reduziert, bruchstückhaft, durch die Zerteilung geschwächt, nicht mehr in vollem Sinne Leben erzeugend und Leben bewahrend. Projekte sind da zergliedert, fragmentiert in viele Aspekte. Ethik kommt oft am Schluss, die ganzheitliche, lebensdienliche Sichtweise geht teilweise oder ganz verloren.

Innerhalb der mentalen Macht ist der Mensch unbeugsam, will mit Hilfe seiner und der künstlichen Intelligenz seine Endlichkeit überwinden, will seinen Turm endlich bis in den Himmel bauen. Dies ist die kleine, isolierte Schöpferkraft, im Gefängnis des Ego-Turmes.

Unsere Schöpfer*innen Kraft ist verwundet. Durch unser hektisches Tun schwächen wir uns, schaffen mehr Probleme als wir lösen. Wir haben uns sowohl von unseren Erden-Wurzeln wie von unseren Lichtwurzeln abgetrennt, sind nach unten und nach oben abgeschnitten, getrennt, also nicht mehr verbunden mit den Kräften der Erde und der geistigen Welt, der Welten im Licht.

Die Möglichkeit Neues zu gebären geht aus der Hingabe an die Kraft des Ursprungs hervor. – Aus dem vom Ganzen abgespaltenen Eigen-Wille verliert sich das grosse Schauen, zerfällt die Wärme des Schöpfungsstromes aus Weisheit und Liebe, fängt an sich zu fragmentieren in Gedanken- und Gefühlssplitter.

Es ist immer dieselbe Wahrheit, die spirituelle Wahrheitssucher erfahren: Auf dem Weg durch das Tor der Machtlosigkeit, überschreiten wir die Grenzen unserer kleinen Identitäten, erfahren die eigene Nichtigkeit und Leere, bis wir zur Quelle geführt werden –jenes Weg-Stück, das wir nicht mehr aus eigener Kraft gehen können– aus der das schöpferische Licht quillt, in dem sich die Wunden schliessen.

Auf dem Weg zur Schöpferkraft haben wir das Tor der Machtlosigkeit zu durchschreiten, wodurch wir Demut und Würde wieder erlangen und in Verbindung kommen mit unserer wahren Kraft, die niemals auf Kompensation beruht, sondern im Bewusstsein der universellen Zusammengehörigkeit und der unendlichen LIEBE wurzelt. Nun kann das, wovon wir uns abgeschieden haben, zurückfliessen.

Damit werden wir zu co-kreativen Menschen, zu Gebärer-innen von Leben und ich denke nun nicht an das Zeugen und Austragen physischer Kinder (das wird bleiben), sondern an schöpferische Tätigkeiten im feinstofflichen Bereich, aber auch an eine Ausweitung unserer Fähigkeiten im geistigen Heilen. Wir werden vielleicht die Chance und Gabe empfangen, die Wunden, die wir uns und der Erde zugefügt haben, zu heilen.

Utopia, der Ort der Gewandelten, wird von Zärtlichkeit durchweht und durchlichtet sein. Unsere Herzen werden sich warm anfühlen und unsere Schritte werden fest und leicht sein.

 

*Zitat aus meinem Buch: Die Kraft der Wandlung und der Menschwerdung.
unter ISBN 978-3-033-02297-3  im Buchhandel oder bei mir, Werner Binder,
werner.b@sebil.ch Fr. 20.–